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Wasserstoff aus Müll – diese kluge Lösung wird vom Staat verhindert

Wirtschaftskorrespondent
Müll macht mobil: An der städtischen AWG Müllverbrennungsanlage wird über ein Elektrolyseur Wasserstoff gewonnen, der die schadstofffreie Busflotte der Wuppertaler Stadtwerke antreibt. Weiterer Text über ots und www.presseportal.de/nr/128710 / Die Verwendung dieses Bildes ist für redaktionelle Zwecke honorarfrei. Veröffentlichung bitte unter Quellenangabe: "obs/WSW Wuppertaler Stadtwerke GmbH/Andreas Fischer" Müll macht mobil: An der städtischen AWG Müllverbrennungsanlage wird über ein Elektrolyseur Wasserstoff gewonnen, der die schadstofffreie Busflotte der Wuppertaler Stadtwerke antreibt. Weiterer Text über ots und www.presseportal.de/nr/128710 / Die Verwendung dieses Bildes ist für redaktionelle Zwecke honorarfrei. Veröffentlichung bitte unter Quellenangabe: "obs/WSW Wuppertaler Stadtwerke GmbH/Andreas Fischer"
Wuppertal ist bereits Pionier. Brennstoffbusse fahren mit Wasserstoff aus der Müllverbrennungsanlage
Quelle: picture alliance/dpa/WSW Wuppert
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Deutschland will eine Wasserstoffwirtschaft aufbauen. Doch wenn es dann ernst wird, fehlt es mitunter an Pragmatismus. Diverse Kommunen wollen ihre Müllheizkraftwerke umrüsten, um per Elektrolyse Wasserstoff für den ÖPNV zu gewinnen. Doch ein Gesetz verhindert das.

Wuppertal ist schon mal vorgeprescht. Unter dem Motto „Müll macht mobil“ produziert die Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) der 350.000-Einwohner-Stadt in Nordrhein-Westfalen Wasserstoff für den Einsatz in Linienbussen. Der Strom für die zur Wasserstoffproduktion notwendige Elektrolyse stammt dabei aus dem kommunalen Müllheizkraftwerk. Dort steht auch die dazugehörige Wasserstofftankstelle, die in Zukunft auch andere städtische Fahrzeuge nutzen sollen, darunter Müllwagen.

Schon in Kürze komme das erste Sammelfahrzeug zum Einsatz, kündigt AWG-Geschäftsführer Conrad Tschersich an. „Wir senken damit massiv die Treibhausgasemissionen in Wuppertal und leisten einen Beitrag zum Aufbau der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland.“

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Entsprechend groß ist die Aufmerksamkeit auch in anderen Kommunen. „Wir haben regelmäßig Delegationen aus ganz Deutschland und sogar Europa hier, die sich unser Projekt anschauen wollen“, berichtet Tschersich im WELT-Gespräch. Aber kein Wunder: Die Notwendigkeit von CO2-Einsparungen ist schließlich ebenso per EU-Richtlinie und daraus folgend in nationalen Gesetzen vorgeschrieben wie der Zwang zu emissionsarmen Fahrzeugflotten.

Gleichzeitig gilt Wasserstoff als Wunderwaffe beim Thema Mobilität und Klimaschutz. Und alles zusammen lässt sich dann auch noch verbinden mit der Verwertung des Energiegehalts von Abfällen. „Wasserstoff kann damit dezentral produziert und gleichzeitig lokal genutzt werden“, beschreibt Tschersich. Müll falle schließlich überall an, und auch Verbrennungsanlagen gebe es bundesweit.

Die Krux mit den Kraftstoffquoten

Allein in Deutschland stehen quer durch die Republik rund 70 solcher Müllheizkraftwerke. Und zwei Drittel davon haben mittlerweile Pläne nach dem Vorbild von Wuppertal, meldet der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), darunter München und Stuttgart, Kaiserlautern und Bielefeld – und erneut Wuppertal. „Wir wollen die Kapazitäten der Elektrolyse in einer zweiten Ausbaustufe von derzeit einem auf dann 2,5 Megawatt erhöhen“, sagt AWG-Chef Tschersich. Denn die Stadt schaffe derzeit weitere zehn Brennstoffzellenbusse an.

Mit endgültigen Investitionsentscheidungen zögern Städte und Gemeinden bislang aber. Grund dafür ist der Entwurf für das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote“. Darin nämlich will die Bundesregierung Wasserstoff aus sogenannten biogenen Quellen nicht als ökologisch vorteilhaft anerkennen.

Das gilt dann auch für eben jenen Wasserstoff, der mit Strom aus Müllverbrennungsanlagen hergestellt wird, in denen laut Statistik jeweils hälftig fossile Abfälle wie Plastik und biogene Abfälle verbrannt werden, gleichzeitig aber auch für Biomüllvergärungsanlagen oder Biomasseheizkraftwerken für insbesondere Altholz.

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Damit aber kann dieser Wasserstoff nicht auf künftige Kraftstoffquoten angerechnet werden, heißt es vom VKU. Und kommunale Fuhrparks könnten im Zuge der Umsetzung der Clean Vehicles Directive den eigenen Wasserstoff nicht nutzen und „grün“ nennen. Also gehe jeder Anreiz zum Aufbau von Wasserstoffelektrolysen in Verbindung mit Müllverbrennungsanlagen für die Städte verloren.

„Schließlich muss grüner Wasserstoff trotzdem zusätzlich eingekauft werden“, erklärt VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp. „Das wird den Klimaschutz durch Wasserstoffwirtschaft wesentlich behindern und um Jahre verschieben.“

„Kein Anreiz, Elektrolyseanlagen aufzubauen“

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Die Bundesregierung indes verteidigt ihre Haltung. „Die Förderung von Wasserstoff muss so ausgestaltet sein, dass zum einen der Strom aus zusätzlichen, erneuerbaren Energiequellen stammt und zum anderen kein Anreiz geschaffen wird, die Abfallhierarchie zu missachten“, heißt es aus dem zuständigen Bundesumweltministerium (BMU).

Die Verwendung bestehender Stromkapazität führe letztlich nur zu einer Verlagerung von erneuerbarer Energie aus anderen Bereichen und dadurch zu einer Stromlücke, die gegebenenfalls durch fossile Energieträger gedeckt wird. „Ziel der Nationalen Wasserstoffstrategie ist es, den umwelt- und industriepolitisch vorteilhafteren Hochlauf von Elektrolysekapazitäten zu fördern“, sagt ein Ministeriumssprecher. Eine parallele Förderung biogenen Wasserstoffs könne dies aber ausbremsen. „Denn für Kraftstoffanbieter bestünde dann kein Anreiz, Elektrolyseanlagen aufzubauen, wenn sie stattdessen Wasserstoff aus Biogas einsetzen können.“

Der Bundesrat vertritt dagegen eine andere Position. Die Länderkammer plädiert dafür, Strom aus der „thermischen Behandlung biogener Rest- und Abfallstoffe“ gleichberechtigt zu den anderen erneuerbaren Energien zu behandeln, jedenfalls zu 50 Prozent und damit in Höhe des Anteils biogener Stoffe im zu verbrennenden Müll (Drucksache 19/28183).

Alleine in NRW könne damit Wasserstoff erzeugt werden, um mehrere Tausend Brennstoffzellennutzfahrzeuge wie Busse, LKW, Großkehrmaschinen oder Abfallsammelfahrzeuge zu betreiben. Die dafür geplanten Projekte der Kommunen seien wichtige Nuklei für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland und für die gewollte Emissionsreduktion im Verkehr, heißt es in der Stellungnahme des Bundesrates.

Eine Ablehnung dagegen sei ein politisches Signal, das zur Zurückstellung von Investitionsentscheidungen führt. Der VKU spricht in dem Zusammenhang von etlichen Millionen Euro und listet in einer Erklärung alleine zehn entscheidungsreife Projekte auf. „Unser Unverständnis ist groß“, kommentiert Verbandsvertreter Hasenkamp. „Wir legen ja keine Plantagen an und verbrennen dann die Pflanzen.“

Nun muss der Bundestag entscheiden, wie es weitergeht. Am Mittwochmorgen berät dazu der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit in öffentlicher Sitzung und gibt dann eine Empfehlung ans Parlament ab. Die FDP hat sich bereits positioniert und drängt auf eine technologieneutrale Umsetzung und damit die Anerkennung von Wasserstoff aus biogenen Stromquellen.

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So lohnt sich die Investition in Wasserstoff-Aktien

Deutschland will in der klimafreundlichen Wasserstoff-Technologie weltweit führend werden und will dafür die industrielle Produktion vorantreiben. Dazu Dietmar Deffner im Gespräch mit dem Investor und Buchautor Christian W. Röhl.

Quelle: WELT/ Dietmar Deffner

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