Newsticker
Schlagzeilen, Meldungen und alles Wichtige
Die Nachrichten heute: Newsticker, Schlagzeilen und alles, was heute wichtig ist, im Überblick.
Zum Newsticker
  1. Home
  2. Regionales
  3. Hamburg
  4. FDP-Fraktion: Sieben Punkte gegen den Judenhass

Hamburg FDP-Fraktion

Sieben Punkte gegen den Judenhass

Ein Mann mit Kippa Ein Mann mit Kippa
Ein Mann mit Kippa
Quelle: dpa
Neben der CDU fordern auch die Liberalen in einem Bürgerschaftsantrag mehr Engagement gegen einen wachsenden Antisemitismus. An dieser Entwicklung sei nicht nur Rechtsextremismus schuld.

Vor genau zwei Wochen erschoss der Rechtsextreme Stephan B. aus antisemitischen und rassistischen Motiven zwei Menschen, verletzte zwei weitere schwer. Zum höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur hatte der schwer bewaffnete Mann am 9. Oktober versucht, die Synagoge seiner Heimatstadt Halle zu stürmen, in der sich 51 Gläubige versammelt hatten. Als ihm das misslang, suchte er sich andere Ziele. Der Anschlag hat eine tiefe Wunde in die Stadt geschlagen und Entsetzen weit über die Grenzen Deutschlands hinaus ausgelöst.

Der 27-Jährige hat ein Geständnis abgelegt, wartet in Untersuchungshaft auf seinen Prozess. Eine Sonderkommission des Bundeskriminalamtes (BKA) ermittelt, Stephan B. muss mit einer langen Freiheitsstrafe rechnen. Doch über die juristische Aufarbeitung hinaus ist eine Diskussion darüber entbrannt, ob dem Phänomen Antisemitismus in der Gesellschaft ausreichend entgegengetreten wird – auch in Hamburg.

„Wir müssen im Kampf gegen jede Form des Antisemitismus unseren Worten Taten folgen lassen“, sagte Anna von Treuenfels-Frowein, Vorsitzende der FDP-Bürgerschaftsfraktion, WELT. „Wenn Menschen in Deutschland Angst haben müssen, ihre Religion frei auszuüben, dann ist unsere freiheitliche Grundordnung in Gefahr.“ Die Liberalen haben das Thema auf die Agenda der heutigen Bürgerschaftssitzung gesetzt, an die erste Stelle, noch vor den zu erwartenden Schlagabtausch zum Universitätseklat um AfD-Mitgründer Bernd Lucke, dessen Antrittsvorlesung vor wenigen Tagen massiv gestört worden war.

Mit einem sieben Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog, den sie in einem Antrag in die heutige Bürgerschaftssitzung eingebracht hat, will die FDP-Fraktion antisemitischen Tendenzen entgegentreten und vorbeugen. „Wir fordern ein konsequentes Vorgehen gegen jeden Antisemitismus, egal ob er rechts-, links- oder religiös motiviert ist“, sagt Treuenfels-Frowein. Deshalb sei es von entscheidender Bedeutung, mehr über die ideologischen Hintergründe zu wissen. Nur so könne gezielte und effektive Präventionsarbeit überhaupt gelingen. Treuenfels-Frohwein: „Wir Freie Demokraten wollen, dass es einen lebendigen Austausch zwischen jungen Menschen aus Hamburg und Israel gibt, denn wenn Menschen aus unterschiedlichen Kulturen sich früh begegnen, hat der Hass später keine Chance. Für den Schutz der jüdischen Gemeinden ist es wichtig, dass sie finanzielle Unterstützung für die Sicherheitsmaßnahmen erhalten.“

Zuvor war bereits bekannt geworden, dass auch die Christdemokraten einen eigenen Antrag zur Bekämpfung von Antisemitismus in die Bürgerschaft eingebracht haben. Die Hamburger CDU etwa will alle Schüler zu einem Besuch in einer Nazi-Gedenkstätte verpflichten. „Wir wollen Erinnerungskultur und Demokratieerziehung in der Schule stärken“, sagte Fraktionschef André Trepoll. Außerdem forderte die CDU in einem Bürgerschaftsantrag die Überprüfung der Sicherheitsstandards für die jüdischen Gemeinden. Zudem solle bis Jahresende ein Beauftragter für das jüdische Leben und die Bekämpfung von Antisemitismus ernannt werden.

Übergriffe statistisch nicht erfasst

Nach wie vor sei der Rechtsextremismus hauptverantwortlich für den stärker werden Antisemitismus, sagte die Fraktionschefin der FDP. „Doch es gibt es auch linksextremen, religiös motivierten und latenten, häufig sekundären bürgerlichen Antisemitismus. Auch die Folgen ungesteuerter Migration und nicht gelungener Integration haben das Problem verschärft.“ Wie aus der Antwort auf eine Senatsanfrage der FDP hervorgehe, würden Übergriffe auf jüdische Mitbürger bislang statistisch nicht gesondert erfasst, heißt es in dem Antrag. „Dabei kommt es immer häufiger zu verbalen und körperlichen Angriffen auf Menschen wegen ihres Glaubens oder ihrer Herkunft.“

Vertreter der Liberalen Jüdischen Gemeinde und der Jüdischen Gemeinde berichteten von einer zunehmenden Bedrohung, jüdische Bürger würden deshalb vermeiden, eine Kippa zu tragen oder den Davidstern offen zu tragen oder sich grundsätzlich als Jude zu erkennen zu geben. „Diese Entwicklung ist beschämend für eine weltoffene Großstadt wie Hamburg“, sagte Anna von Treuenfels-Frohwein. „Wir stehen für ein freies, tolerantes und vielfältiges Hamburg, in dem jeder seine Religion frei ausüben kann.“

Auch die FDP spricht sich für einen Antisemitismusbeauftragten aus. Doch ihr Antrag gehe noch deutlich weiter als der der CDU, sagte ein Sprecher: Die Staatsanwaltschaft solle weiter spezialisiert werden, um antisemitische Straftaten besser aufklären zu können. Die statistische Erhebung von politisch motivierter Kriminalität solle erweitert werden, auch Motivationen sollten erfasst werden, um gezielt Präventionsmaßnahmen entwickeln zu können. Dafür solle sich der Senat im Rahmen einer Bundesratsinitiative einsetzen. Nicht zuletzt fordert sie ein gemeinsames Schutzkonzept von Bund und Ländern für Zentren jüdischen Lebens.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema