Antikriegs-Comic: Auf in den Heldentod

1943 im Südpazifik: 500 Soldaten der Kaiserlichen Japanischen Armee kämpfen gegen die Amerikaner. Die Stellungen sind kaum zu verteidigen. Im Dschungel ist es heiß, die Luftangriffe nehmen zu. Immer mehr Soldaten rafft es dahin, sie fallen im Gefecht. Die Übrigen sollen den Heldentod sterben. Auf in den Heldentod: Eine nahezu wahre Geschichte, größtenteils autobiografisch von Shigeru Mizuki.

Die Amerikaner kommen durch die Luft. ©Reprodukt

Ich stelle immer wieder fest: Manga, die ein paar Jahre auf dem Buckel haben, lese ich sehr gerne. Auch, weil sie mit den heutigen Geschichten aus Japan recht wenig gemeinsam haben. Es sind oft schwierige Themen, die behandelt werden. Krieg, Elend, Einsamkeit.

Vor ein paar Jahren hat mir Barfuß durch Hiroshima die Augen geöffnet. Die autobiografische Geschichte eines Überlebenden. Eines Kindes, das eben den Abwurf der Atombombe auf Hiroshima überlebt hat. Unglaublich  ergreifend, ohne pathetisch zu sein.

Dass ein Manga mehr ist und kann, als Liebesgeschichten mit kulleräugigen Protagonisten zu erzählen, war mir zwar schon seit dem Science-Fiction Manga Akira klar, den ich ein paar Jahre vorher gelesen hatte. Doch gerade die Kriegs- oder besser Antikriegs-Manga haben eine völlig andere Qualität.

Der Heldentod – ein japanischer Mythos

Auf in den Heldentod von Shigeru Mizuki widmet sich nun also wieder einem Kriegsthema. Noch dazu, einem japanischen Mythos – dem Heldentod. Auf Anweisung ihres Vorgesetzten soll eine Gruppe junger Soldaten eben jenen Heldentod sterben. Einen aussichtslosen Heldentod noch dazu. Zu Recht entscheidet sich ein Teil der Truppe, sich zurückzuziehen und ins Lager zurück zu kehren. 

Die Entschlossenheit ist nur vorgetäuscht. ©Reprodukt

Doch das macht die Sache nicht besser, im Gegenteil: Von Selbstzweifeln geplagt, entscheiden sich die einen zum Selbstmord, die anderen rennen in ihr Verderben, oder werden hingerichtet.

Soldaten werden karikiert

Wie sinnlos das alles gewesen ist, wird vor allem dann anschaulich, wenn man weiss, dass sich die 500 Mann im Südpazifik in den Tod stürzen sollten, während 100.000 Soldaten in Rabaul stationiert waren und entfernt vom Kriegsgeschehen die Zeit totschlugen. 

Der Comic erzählt seine Geschichte in einer optisch spannenden Weise. Landschaften und Kriegsschiffe etwa sind detailliert gezeichnet. Die Soldaten dagegen sind Karikaturen. Flache Gesichter, oft verzerrt. So gar nicht mangaesk, jedenfalls nicht so, wie wir es von heutigen Manga kennen. 

Angst ist ein großes Thema. ©Reprodukt

Das lässt die Story in Teilen surreal wirken. Unterstreicht aber vielleicht auch den Wahnsinn, den die Soldaten im Dschungel erleben mussten. Gefallene Kameraden, herrschsüchtige Vorgesetzte, Hunger und die Angst vor den Angriffen, Bomben und Bodentruppen der Amerikaner. 

Hilflosigkeit, Angst

Was besonders beeindruckt ist die Art und Weise, in der Mizuki die Hilflosigkeit des einfachen Soldaten zeigt. Er schildert Dialoge voller Naivität und Liebenswürdigkeit, zeichnet Angst und Ausgeliefertsein. Er schreckt auch nicht davor zurück, die Brutalität des Krieges auszudrücken, etwa indem er zerfetzte Körper andeutet oder Massen von gefallenen Soldaten zeichnet.

Die Soldaten wirken wie eine Karikatur. ©Reprodukt

Es sind aber nicht die teils drastischen Bilder, die vor allem im Kopf bleiben. Es ist die psychische Belastung der Soldaten, die den Leser besonders beschäftigt. Die Ungewissheit des nächsten Morgens, die Frage nach der Rückkehr in die Heimat, die Sorge vor der Willkür der Vorgesetzten. 

Der 1973 entstandene Manga ist größtenteils autobiografisch. 90 Prozent der Geschichte beruhen auf Tatsachen, so hat es Mizuki noch zu Lebzeiten gesagt. Obwohl er schon bald nach dem Krieg begann, als Zeichner zu arbeiten, hat er erst Jahrzehnte später das Erlebte in diesem Comic verarbeiten können. Und er hat damit einen Einblick geschaffen, den so manche Geschichtsbücher vermutlich nicht vermitteln können.

Aus heutiger Sicht ein Glücksfall.

5 von 5 Comic-Denkblasen

Angaben zum Buch: Auf in den Heldentod. Autor/Zeichner: Shigeru Mizuki. Aus dem Japanischen von Jens Ossa. Lettering von Michael Möller | Font: Kevin Huizenga. 384 Seiten, schwarzweiß, Klappenbroschur. Reprodukt. 20,-€

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