Judith Vanistendael: "Penelopes zwei Leben"

Odyssee einer Ärztin ohne Grenzen

06:46 Minuten
Bild aus dem Comic "Penelopes zwei Leben": Eine Person, vermutlich eine Ärztin, in grünem Op-Kittel und mit OP-Haube, an den Schutzhandschuhen klebt Blut. Sie schaut sorgenvoll.
In "Penelopes zwei Leben" erzählt Judith Vanistendael von einer Ärztin, die in einem Feldkrankenhaus in Aleppo um die Leben Verwundeter kämpft. © Reprodukt / Judith Vanistendael
Judith Vanistendael im Gespräch mit Gesa Ufer · 23.03.2021
Audio herunterladen
In ihrem neuen Comic erzählt die Zeichnerin Judith Vanistendael von einer belgischen Ärztin, die in einem syrischen Lazarett Menschen rettet. Der Krieg und das Leben in Brüssel: Diese beiden Welten lassen sich für Penelope immer schwerer verbinden.
Penelope ist Chirurgin, eine "Ärztin ohne Grenzen", die in einem Feldkrankenhaus in Aleppo Menschen rettet - oder sie sterben sieht. Zugleich ist Penelope aber auch Mutter, deren pubertierende Tochter die meiste Zeit ohne ihre Hilfe in Brüssel klarkommen muss.
In einem beeindruckenden und berührenden Comic-Band erzählt die belgische Zeichnerin Judith Vanistendael von einem Frauen-Leben, dessen zwei Welten sich immer weniger verbinden lassen. Während Penelopes Tochter an ihren Latein-Vokabeln verzweifelt, trägt die Mutter den Geist eines syrischen Mädchens mit sich herum, dessen Leben sie auf dem OP-Tisch in Aleppo verloren hat.
Sie selbst sei nicht in Syrien gewesen, berichtet Judith Vanistendael. Am Anfang habe sie noch gedacht, sie müsse für Recherchen dort hin: "Aber ich hatte zu viel Angst."
Für ihre Geschichte sprach Vanistendael dann länger mit einem Mediziner von "Ärzte ohne Grenzen", der bereits viel in Krisengebieten gearbeitet hatte. Zudem besuchte die Zeichnerin das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos und traf dort eine Ärztin, nach deren Vorbild Penelope gestaltet ist.

Eine Penelope als Antwort auf Homer

In der griechischen Mythologie ist Penelope die Frau des Odysseus. Vanistendael hat Homers Odyssee komplett gelesen und dann entschieden, ihre eigene Heldin nach Penelope zu benennen. Sie sei entsetzt über die Frauenunfreundlichkeit in Homers Geschichte gewesen, sagt sie. Dem habe sie etwas entgegensetzen wollen.
Judith Vanistendael hat schon einige großartige Comic-Bände zu gewichtigen Themen vorgelegt, zum Beispiel "Kafka für Afrikaner" über eine interkulturelle Beziehung oder "Als David seine Stimme verlor" über den Umgang mit Krebs und dem Sterben. Aktuell arbeitet sie in Paris an einem neuen Comic - über den Louvre.
(ahe)
Mehr zum Thema