Diskussion über die „Kultur im Visier der...

Referentin Kira Ayyadi plädiert dafür, sich gegen den von der AfD proklamierten Kulturkampf zur Wehr zu setzen.

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WIESBADEN. (VB). Die Taktiken sind indirekt, die Codes verklausuliert, andererseits gibt es auch verbale Provokation – die Strategien der „neuen“ Rechten kennen viele Wege, in die Zivilgesellschaft einzudringen, um die Stimmung im Land zu ihren Gunsten zu drehen. Kira Ayyadi beobachtet für die Amadeu-Antonio-Stiftung Vorgehensweisen im rechten bis rechtsradikalen Lager, betreut den Stiftungs-Online-Dienst Belltower News und ist Referentin der Veranstaltung „Kultur im Visier der Rechtsradikalen“ im Theaterfoyer. Für den Veranstalter, die Initiative „Moment mal!“, muss der Titel unbedingt aber so weitergehen: „Die offene Gesellschaft wehrt sich“.

Sich zur Wehr setzen gegen den AfD-Kulturkampf

Es gelte, sich zur Wehr zu setzen gegen den von der AfD proklamierten Kulturkampf, der auf eine 180-Grad-Wende im öffentlichen, kulturellen Diskurs ziele. Wie wäre, sich dagegen zu wehren? Zunächst einmal, indem man über Strategien der neuen Rechten Bescheid wisse. In der Moderation von Martin Steinhagen referiert Kira Ayyadi und sprechen Margarethe Goldmann (Arbeitskreis Stadtkultur) und Hendrik Seipel-Rotter (Schlachthof) über ihre Erfahrungen.

AfD-Chefideologe Marc Jongen, so Kira Ayyadi, wolle eine „Entsiffung des Kulturbetriebs“ mithilfe entgrenzender Begrifflichkeit, Provokation mit anschließender Beschwichtigung, Öffentlichkeit um jeden Preis, Inszenierung als „Opfer des elitären Linksliberalismus“, Einforderung angeblicher „Neutralität“, Störung und Übergriffe auf Veranstaltungen („Kapern“), Unmengen von parlamentarischen Anfragen, juristischen Klagen, Einschüchterung bis zur Bedrohung. Bühnen mit „Regenbogen-Willkommens-Trallala“ sollen ausgetrocknet werden, Subventionen nur für die gelten, die sich „Volk und Nation“ verschreiben. In welchem Jahr sind wir?

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2019 wurde das Eindringen in eine Schlachthof-Veranstaltung seitens der AfD schon mal geprobt. Die Kulturstätte wurde anschließend in den Verdacht des linken Terrorismus gebracht. Schlachthof-Sprecher Hendrik Seipel-Rotter hatte sich dem Kaper-Versuch wie der Verunglimpfung widersetzt, dabei Solidarität seitens des Kulturkreises und des Kulturbeirats erfahren. Seine Devise: „Aufstehen und weiterarbeiten“. Genau das empfiehlt Kira Ayyadi: Unterstützende Solidarität und klare Haltung. Eine kulturpolitisch versierte Margarethe Goldmann nennt ein weiteres „festes Fundament: das Grundgesetz“, das mit der Freiheit der Kunst auch die der Kunstvermittlung schützt. Wenn die Rechten allerdings Kultureinrichtungen zum „neuen Feindbild“ (Kira Ayyadi) erklären und kommunale Kulturpolitik über Finanzen gesteuert wird, sei im Zuge des Kulturentwicklungsplans dieser Stadt über eine „politikferne“ Verteilung der Gelder nachzudenken, meint Goldmann. Erst einmal aber sei eine deutliche Etaterhöhung nötig, auf dass Kultur jeder versuchten AfD-Einflussnahme entgegen glänzen könne.

Wie das zivilgesellschaftliche Engagement lauter werden kann, beweist die Wiesbadener „Erklärung der Vielen“, die sich wehrt gegen „Spaltung und Ausgrenzung … Rassismus … und völkisch-nationales Gedankengut“. Die ungestörte Solidarität für kulturpolitische Offenheit in der Stadt hat zwei Stunden lang des Veranstalters Herz gewärmt, erklärt Georg Habs zum Abschied.