Brief an Bundesregierung - Aerosolforscher plädiert für Öffnung der Außengastronomie

Mo 12.04.21 | 18:44 Uhr
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"Kneipen, Gaststätten, Bars und Imbisse haben ihre Tische und Stühle für die Außengastronomie auf den Gehweg der Simon-Dach-Straße in Friedrichshain gestellt"; © Jens Kalaene /dpa
Video: Abendschau | 12.04.2021 | Dörte Störmann | Gespräch mit Michael Müller | Bild: Jens Kalaene /dpa

Während Bund und Länder über eine Ausgangssperre diskutieren, machen sich Forscher dafür stark, die Menschen mehr ins Freie zu holen. Dort sei die Ansteckungsgefahr deutlich geringer als in Innenräumen, sagen sie, und fordern einen Kurswechsel der Corona-Politik.

Der Aerosolforscher Gerhard Scheuch hat sich für die Öffnung der Außengastronomie ausgesprochen. Wie der Physiker am Montag im rbb sagte, tendiert die Ansteckungsgefahr im Freien gegen Null. Infektionen würden fast ausschließlich in Innenräumen stattfinden. Deshalb sei alles zu befürworten, was die Menschen dazu bringe, ins Freie zu gehen.

Die Politik müsse ihre Schutzmaßnahmen mehr auf die Innenräume konzentrieren, betonte der Wissenschaftler. Hier seien Lüften und Maskentragen sehr wichtig. Scheuch gehört zu den Mitunterzeichnern eines Briefes an die Regierungen in Bund und Ländern. Darin fordern führende Aerorsolforscher einen Kurswechsel in der Corona-Politik.

"Drinnen lauert die Gefahr"

"Wenn wir die Pandemie in den Griff bekommen wollen, müssen wir die Menschen sensibilisieren, dass drinnen die Gefahr lauert", heißt es in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Sars-CoV-2 werde fast ausnahmslos in Innenräumen übertragen.

In Wohnungen, Büros, Klassenräumen, Wohnanlagen und Betreuungseinrichtungen müssten Maßnahmen ergriffen werden, fordern sie. In Innenräumen finde auch dann eine Ansteckung statt, wenn man sich nicht direkt mit jemandem treffe, sich aber ein Infektiöser vorher in einem schlecht belüfteten Raum aufgehalten habe, warnen sie.

Forscher fordern mehr Maßnahmen vor allem in Büros

Berliner Mobilitätsforscher sehen Nachbesserungsbedarf vor allem in der Arbeitswelt. "Im Bereich Arbeit wird unserer Meinung nach immer noch viel zu wenig gemacht", sagte der Leiter des Fachgebiets Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik der TU Berlin, Kai Nagel, dem rbb.

Die Forscher hätten ihre Simulationen angepasst, um zu berechnen, wie sich bestimmte Maßnahmen auf die Verbreitung des Coronavirus' auswirken. Nagel forderte beispielsweise für Mehrpersonenbüros, dass man dort nur mit gültigem Schnelltest oder nach Corona-Impfung sitzen dürfe - oder alle müssten FFP2-Maske tragen. Für die Schulen gebe es im Vergleich relativ viele Maßnahmen, sagte Nagel.

Auch vom Robert-Koch-Institut (RKI) heißt es, Übertragungen im Außenbereich kämen selten vor. "Bei Wahrung des Mindestabstandes ist die Übertragungswahrscheinlichkeit im Außenbereich aufgrund der Luftbewegung sehr gering", schreibt das RKI auf seiner Internetseite [rki.de].

Scheuch: Ausgangssperren sind "völliger Blödsinn"

Ausgangssperren, wie sie der Bund befürwortet, versprechen aus Sicht der Aerosol-Experten mehr, als sie halten können. "Die heimlichen Treffen in Innenräumen werden damit nicht verhindert, sondern lediglich die Motivation erhöht, sich den staatlichen Anordnungen noch mehr zu entziehen", schreiben sie. Ausgangssperren seien "volliger Blödsinn", sagte Scheuch im rbb. Auch Wissenschaftler um den TU-Forscher Nagel empfehlen in einer Stellungnahme, Aufenthalte im Freien im öffentlichen Raum allein oder mit maximal einer weiteren Person nicht zu verbieten - "um die Akzeptanz der Regelung in der Bevölkerung zu sichern".

Die Bundesregierung dringt darauf, bei der Regelung bundesweiter Corona-Schutzmaßnahmen auch nächtliche Ausgangsbeschränkungen von 21.00 bis 5.00 Uhr vorzuschreiben, wenn in Landkreisen binnen sieben Tagen mehr als 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern registriert werden.

Sendung: Inforadio, 12.04.2021, 12:45 Uhr

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78 Kommentare

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  1. 78.

    Ja, Frischluft ist super, wissen alle. Schlecht ist, alkoholisiert dem Nachbarn um den Hals oder in die Suppenschüssel zu fallen. Das ist auch draußen doof. Viele Leute verhalten sich risikofreudig, leider. Hätten wir eine bessere Impfquote, wäre Aúßengastro wohl eher vertretbar.

  2. 77.

    Ja und die Brandenburger erkennt man in Berlin an der Stoffmaske wie lustig,bei so einem tödlichen thema

  3. 76.

    Das ist doch wieder ein hüh und hot plötzlich ist es draußen ungefährlich ich fasse es nicht gerade draußen und drinnen sollte man achten ich glaube die wissen selbst nicht mehr was die uns vorher erzählt haben
    Bedenkt Aerosole halten sich auch auf Flächen also auch auf Kleidung und Gegenstände Luft natürlich auch

  4. 75.

    Wo liegt das Problem? Im Bus und in der Bahn sollte man ohnehin eine FFP2-Maske tragen, die einen effektiv vor Ansteckungen schützt. Genau das tut man aber in Innenräumen mit Freunden, Bekannten oder Verwandten natürlich nicht, weshalb Infektionen eben hauptsächlich dort stattfinden. Verbietet man Menschen, sich im Freien (bei verschwindend geringem Risiko) zu treffen, dann tun die das vermehrt im Privaten in Innenräumen, was für die Pandemieentwicklung dann sogar kontraproduktiv ist.

  5. 74.

    Das ist doch wieder ein hüh und hot plötzlich ist es draußen ungefährlich ich fasse es nicht gerade draußen und drinnen sollte man achten ich glaube die wissen selbst nicht mehr was die uns vorher erzählt haben
    Bedenkt Aerosole halten sich auch auf Flächen also auch auf Kleidung und Gegenstände Luft natürlich auch

  6. 73.

    Das ist doch wieder ein hüh und hot plötzlich ist es draußen ungefährlich ich fasse es nicht gerade draußen und drinnen sollte man achten ich glaube die wissen selbst nicht mehr was die uns vorher erzählt haben

  7. 72.

    Danke für den Link!

    Kannte ich nicht - war da wohl bei den Vorbereitungen für meine 18köpfige Familienfeier unterm Weihnachtsbaum ;-)

  8. 71.

    Kein schlechter Kommentar, obwohl er mich irgendwie hieran erinnert

    https://www.rbb24.de/panorama/thema/2020/coronavirus/beitraege_neu/2020/11/berlin-weihnachten-corona-treffen-fuenf-personen-haushalte.html

    rbb - kann man den Kommentar von @jasa grafisch noch etwas aufpeppen?

  9. 70.

    Sorry, aber Corona lauert nicht in der Wohnzimmerecke oder kommt durchs Fenster!
    Es kommt MIT einem Familienmitglied in die Wohnung!

    Papa geht ein Bier trinken ...
    steckt sich an ..
    bringt Corona mit zu Mama ins Ehebett ...
    übergibt dann beim Frühstück an die Kinder ...
    Paul und Paula nehmen dann den kleinen Virus mit in Schule oder Kita ....
    Papa und Mama gehen ins Büro oder in Kundencenter ...
    ... und werden dort hoffentlich getestet, damit der Kreislauf beendet ist!!!

  10. 69.

    Ich verstehe die Logik mit den Innenräumen nicht. Niemand ist gezwungen und soll sich auch gar nicht mit 1000 Leuten im Wohnzimmer tummeln. Man muss durchs Freie um in fremde Wohnungen zu kommen! In der eigenen Wohnung sind normalerweise nur die Familie, zu der man zwangsläufig sowieso Kontakt hat. Dadurch steigt also kein Ansteckungsrisiko
    Wenn die Familie in die Gastronomie geht, steckt sie sich doch Zuhause nicht eher an !?
    Ich kapiere die Logik nicht, die ihr alle beklatscht.
    Das Problem ist, dass sich viele Menschen in Wohnungen treffen und sich damit über bereits bestehende Regelungen hinwegsetzen. Dass Problem sind beratungsresistente Menschen. Wie soll man denen beikommen? Wohnungen durchsuchen?
    Es ist bereits alles geregelt, ihr müsst euch nur endlich mal daran halten. Politik wie Bürger.

  11. 68.

    Drinnen lauert die Gefahr sagt der schlaue Experte und denkt aber nicht so weit, dass die Leute irgendwie dort hin und wieder dort weg nach Huase müssen und dann sinnloser Weise im vollen ÖPNV abhängen und noch irsinniger.. ihn für ihr Vergnügen unnötig auslasten.
    Die BVG hat doch jetzt so ein tolles Tool (was hinten und vorne nicht stimmen kann) welches die Auslastung der Linien und Haltestellen ausweist. Wenn ihr jetzt alle zum saufen gurkt, wechselt die Auslastung ratz batz von grün auf rot. Bingo, genau das will man bei Corona haben.

    https://www.rbb24.de/wirtschaft/beitrag/2021/04/berlin-bvg-auslastung-linien-online-anzeige.html

    So und jetzt die Ausreden.. ich wohne ja gleich daneben, ich geh zu fuß, fahre mit dem Rad auf popup Radwegen etc pp
    Wer soll das denn nachprüfen und wem soll man das verkaufen, dass man am falschen Ort wohnt und dann leider nur MC Donalds hat.
    1x im Leben mit Experten arbeiten...
    Es sind noch ca 2 oder 3 Monate... ist das denn so schwer.

  12. 67.

    Schon meine Oma sagte vor 85 Jahren zu meiner Mutter,das Kind muss an die frische Luft und das ganz ohne Aerosol Forscher...in diesem Sinne!

  13. 66.

    Ja Masken im Freien sind nicht notwendig, wenn der Abstand eingehalten wird, wenn man sich aber im Freien ohne Abstand trifft braucht man wieder eine Maske. Das sagt auch Herr Scheuch. Er sagt sogar, das man bei Außengastronomie Masken tragen muss, wenn man zu Nahe beieinander steht.
    Dass die Impfung langsam läuft ist völlig egal, die Abstandsregeln müssen trotzdem eingehalten werden. Die aktuellen Impfstoffe schützen zum ersten nicht 100% und zweitens wirken sie bei südafrikanische Variante nicht mehr.

  14. 65.

    "Gesundheitssystem kaputtgespart" spielt bei Corona keine Rolle. Ob das Krankenhaus erst 1 Woche später voll ist, bringt auch keinem etwas. Letztlich liegt es auch an den Leuten, man hat das gewählt, weil man mehr Geld für andere Sachen haben will. Wenn man fairen Lohn und bessere Bedingungen im Krankenbereich will, dann muss man halt dementsprechend wählen. Eigenverantwortung wäre aber auch möglich, indem man Sport treibt und sich gesund ernährt, weil dann gibt es auch weniger Kranke und damit weniger Patienten.
    "CO2 Rückatmung" gibt es nicht. Leben sie ständig mit dieser Angst?

  15. 64.

    Wenn die Abstandsregeln eingehalten werden und keine Zelte oder Schirme aufgestellt werden ist doch genug Luftzirkulation vorhanden. Also könnte man doch draussen sitzen.

  16. 63.

    Das Thema ist weder fundamental neu noch im Focus. Bereits im Oktober 2020 hatte ich geschrieben:

    "Die Zahlen werden erst wieder sinken, wenn das Wetter besser wird. Unser Hausarzt hatte von Frühjahr bis Herbst sein Wartezimmer "draußen". Im Freien fand der überwiegende Teil des gesellschaftlichen Lebens in dieser Zeit statt. Erst wenn das wieder eintritt werden die Zahlen zurück gehen.
    Das Problem sind die Aerosole. Das kriegt man nicht über Abstandsregeln gelöst, sondern nur über die "Konzentrationsreduzierung" der Aerosole in der Raumluft. Um das abschätzen zu können sollte es Minimalempfehlungen geben, wieviel m³ pro Person und die Häufigkeit des Luftaustausches eines m³. Aber ob die Masse damit was anfangen kann?
    Ein anderes wichtiges Problem ist der Abbau von Aerosolkonzentrationen durch technische Hilfsmittel. Man hört von vielen guten Ideen (z.B. Supermärkte mit UV bzw. komplizierten Filtersystemen). Das sind die richtigen Wege, aber sie werden zu zögerlich beschritten."

  17. 62.

    Es schgeint sich ja, durch Corona, auch mittlerweile so eine Art von Miliz herauszubilden. Leute, die mangels eigenen Interessen, und pro dessen, wo sie noch ihren Senf dazugeben dürfen, weil sie nix anderes im Leben für sich persönlich haben!

  18. 61.

    OmG!! Und wann, werte Bürger, gedenkt Ihr, dann mal wieder des Tags einen Latte im Cafe zu schlürfen oder des Abends ein schönes Essen mit Weinchen draußen bei sommerlichen Temperaturen zu genießen?
    Aber hier sind ja anscheinend soo viele Leute unterwegs, welche das eh noch niemals in ihrem eigenen Leben genossen haben & daher jetzt unsäglich dagegen wettern, weil für sie diese Corona-Maßnahmen tootal passend sind! Kein schlechtes Gewissen mehr gehabt zu haben, weil man eh nicht in der Lage ist, das Leben zu genießen!

  19. 60.

    Danke, ich dachte schon, ich bin der einzige mit solchen Gedanken.

  20. 59.

    Traurig wie sich manche Leute dressieren lassen.
    Ich habe nie eine Maske getragen (gesundheitsbedingt) und habe mich auch nicht angesteckt bisher.
    Wnen man ein wenig den gesunden Menschenverstand einsetzt kann einem nichts passieren.

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