Netflix-Serie "Wir sind die Welle"

Auf links gedreht

08:59 Minuten
Fünf Jugendliche in dunklen Klamotten und mit Masken vor den Gesichtern.
Die Ängste und Wünsche der Jugendlichen von heute sind andere als noch 2006, sagt Dennis Gansel. © netflix/ratPack Filmproduktion/Bernd Spauke
Dennis Gansel im Gespräch mit Nicole Dittmer · 01.11.2019
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Im Roman „Die Welle“ von 1981 werden engagierte Schüler zu Faschisten. Die Netflix-Serie „Wir sind die Welle“ greift den Stoff auf – und lässt die Teenager diesmal dem Zeitgeist entsprechend zu rebellischen Weltverbesserern werden.
Der Film "Die Welle" kam 2008 in die deutschen Kinos. Der Regisseur des Films Dennis Gansel hat das Thema nun in der Serie "Wir sind die Welle" neu aufgearbeitet und gemeinsam mit seinem damaligen Co-Autor Peter Thorwart für Netflix produziert.
"Zuerst habe ich gedacht, es macht eigentlich keinen Sinn, einen Film, der gut funktioniert hat, noch einmal auf sechs bis acht Stunden auszuwälzen", sagt Dennis Gansel. Doch dann entschied er sich dazu, noch einmal den gleichen Prozess zu durchlaufen, wie schon 2006 vor dem Drehbeginn des Films "Die Welle": Er unterhielt sich mit Jugendlichen, fragte sie nach Themen, die sie bewegten, nach ihren Sorgen und danach, was sie begeistere.

Ein Unterarm, auf dem ein Wellensymbol in einem Dreieck tätowiert ist.
Mehr tun als nur reden: Die Mitglieder der Welle vereint ein Gefühl, die Dinge selbst in die Hand nehmen zu müssen.© netflix/ratPack/Bernd Spauke
Tatsächlich habe die Wirklichkeit die Realität eingeholt, sagt der Produzent. Die Serie sei zwar unglaublich aktuell; die Themen, die sein Team recherchiert habe, seien jedoch älter. "Auch schon vor Greta Thunberg haben diese Themen die Jugendlichen beschäftigt." Während der Produktion der Serie seien Jugendliche auch an deren Entwicklung beteiligt gewesen, sagt Gansel. So lasen sie etwa die Drehbücher und gaben Rückmeldung.

Große Unzufriedenheit

Die Serie erzähle die Geschichte von einem geheimnisvollen neuen Mitschüler, der in eine Kleinstadt kommt und dort feststellt, dass bei vielen unterschiedlichen Jugendlichen eine große Unzufriedenheit herrscht – die auch ganz verschieden begründet ist.
Alle vereint das Gefühl, sich mehr engagieren zu müssen. Gemeinsam gründen sie eine Bewegung und kommen schnell zu dem Schluss, dass es nicht reicht, nur zu reden oder auf sozialen Netzwerken unterwegs zu sein. Man müsse auch handeln, so Gansel. "Langsam werden die Aktionen größer und größer, und wie bei vielen Gruppendynamiken läuft das dann aus dem Ruder."

"Ich fühle mich positiv in den Hintern getreten"

Im Hinblick auf die Gefahr einer Radikalisierung von Bewegungen wie Fridays For Future und Extinction Rebellion zeigt sich Dennis Gansel zwiegespalten. "Ich fühle mich positiv in den Hintern getreten. Es hat etwas mit mir gemacht. Aber natürlich verstehe ich auch Extinction Rebellion und Gruppierungen, die sagen, man sehe ja, dass man an die ganz wichtigen Schaltstellen nicht rankomme."
Beispiele wie der Klimapakt würden diesen Gruppen sagen, dass sich nicht so viel bewege, wie sie sich wünschten – was diese Gruppen wiederum dazu veranlasse, einen Schritt weiter zu gehen, glaubt Dennis Gansel. "Momentan ist da noch keine Gefahr. Aber dass bestimmte Bereiche weiter zu einer Radikalisierung neigen, das werden wir mit Sicherheit beobachten."
(rod)
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