„Fix und Foxi“ – Teil 2 Oder: Die Ravensburger Jahre

Postermotiv aus Fix und Foxi 39/1969 (© Rolf Kauka / Promedia)

Seit 1977 schrieb der Schriftsteller und Comicautor Peter Mennigen zunächst deutsche Geschichten für Comicreihen wie „Gespenster Geschichten“, „Spuk Geschichten“, „Conny“, „Biggi“, „Vanessa“, „Felix“, „Lasso“, „Phantom“, „Axel F.“ und zahlreiche weitere Serien des Bastei Verlags. Ab den 90er Jahren arbeitete er für andere Verlage wie Egmont (Disney-Magazine), Panini (Jessy, Sternentänzer, Willi will‘s wissen) und Ravensburger (u.a. Fix und Foxi). In dieser Zeit verfasste er auch internationale Comics: „Lucky Luke“, „Schlümpfe“, „Bessy“ und „Isnogud“. Aktuell arbeitet er zusammen mit Ingo Römling an der Mystery-Steampunk-Serie „Malcolm Max“. Für comic.de blickt er in unregelmäßigen Abständen zurück auf seine Arbeit im deutschen Comicverlagsgeschäft.

Hier findet sich der 1. Teil, hier der 3.

Im Frühjahr 1999 traten Kaukas Comic-Füchse ein drittes Mal in mein Leben. Zu der Zeit arbeitete ich zunehmend auch als Autor für den Ravensburger Verlag. Das Unternehmen hatte sich vom reinen Brettspiele-Fabrikanten zu einem multimedialen Produzenten von Büchern, TV-Serien, Hörspielen, Internetangeboten und Games auf CD-Rom entwickelt. Im Ortsteil Meckenbeuren war außerdem ein „Ravensburger Spieleland“, eine Art Mini-Disneyworld, errichtet worden.

Im selben Maß, wie der Verlag expandierte, steigerte sich mein Auftragsvolumen. Die Redaktionen buchten mich als Verfasser für Hörspiele, verschiedene TV-Serien, Internetauftritte – wie der ersten offiziellen „Käpt’n Blaubär“-Homepage – und für die Konzeption und Umsetzung von Games auf CD-Rom. Zählt man noch meine Bücher für den Bastei Verlag und die Werbetexte für „Käpt’n Blaubär“-Produkte hinzu, konnte ich damals wirklich nicht über Unterbeschäftigung klagen.

Auszug aus der „Fix und Foxi“-Präsentationsmappe des Ravensburger Verlages.
Copyright © Rolf Kauka / Promedia / Ravensburger Verlag

An einem Freitagabend erhielt ich unerwartet einen Anruf von Alwin Jeck, dem Leiter der Merchandising- und Lizenzierungs-Abteilung von RTV Family Entertainment, einer Abteilung des Ravensburger Verlages. Er war auf dem Heimweg nach Ravensburg von einem Meeting in Hamburg. Unterwegs wollte er einen Zwischenstopp bei mir einlegen. Das machte er öfter, wenn er geschäftlich in der Nähe von Köln oder Bonn war. Deswegen dachte ich mir zunächst nichts dabei und freute mich auf den Besuch. Doch der vermeintliche Zufall barg einen triftigen Grund. Der Ravensburger Verlag hatte die Vermarktungsrechte an „Fix und Foxi“ gekauft, was bis zu dem Zeitpunkt noch streng geheim war.

Aufhänger des Deals zwischen Rolf Kauka bzw. Promedia (der Firma seiner Frau Alexandra) und dem Ravensburger Verlag war eine neue „Fix und Foxi“-Trickfilmserie. Die erste Staffel bestand aus 26 Folgen mit jeweils einer halben Stunde Laufzeit. Die Herstellungskosten von 13 Millionen D-Mark teilten sich das spanische Animationsstudio D’Ocon Films, das die Filme auch realisierte, und RTV (Ravensburger-TV). Die Amortisierung der Kosten versprach man sich durch die Ausstrahlung der Trickfilme in möglichst vielen Ländern und den Verkauf von „Fix und Foxi“-Merchandising-Lizenzen. Zur Steigerung des Bekanntheitsgrades und somit der Attraktivität der Marke „Fix und Foxi“ schuf der Verlag im Frühjahr 2000 sogar eine kleine „Fix und Foxi“-Erlebniswelt in der Ravensburger Spielewelt namens Foxburg (in Anlehnung an Duckburg, wie Entenhausen im Original heißt). Ferner sollten alle Abteilungen des Ravensburger Verlages „Fix und Foxi“-Produkte auf den Markt bringen.

Auszug aus der „Fix und Foxi“-Präsentationsmappe des Ravensburger Verlages.
Copyright © Rolf Kauka / Promedia / Ravensburger Verlag

Die Sache hatte nur einen Haken: „Fix und Foxi“ war seit 1994 und somit in der schnelllebigen Verlagswelt schon relativ lange vom Markt. Andererseits wusste Alwin Jeck, dass ich mich mit Comics relativ gut auskannte. Deswegen bat er mich, den Redakteuren ggf. mit Informationen über die Füchse behilflich zu sein. Warum nicht, dachte ich. Ab und an ein kleines Telefonat war ja kein Ding, das viel Zeit kosten würde. Anschließend unterhielten wir uns noch darüber, was so alles für „Fox und Foxi“ in der Planung war. Wobei mir auffiel, dass das Wichtigste fehlte: ein regelmäßig erscheinendes Comicheft. Trickfilme und Merchandisingartikel hin oder her, ohne einen mindestens einmal pro Monat erscheinenden „Fix und Foxi“-Comic gab ich dem Relaunch mittelfristig keine Chance. Das wäre wie ein Haus ohne stabiles Fundament, auf dem die locker aufeinandergestapelten Elemente beim ersten kräftigen Windstoß zusammenfallen würden. Alwin Jeck nahm meine Bedenken zur Kenntnis, bevor er seine Fahrt nach Ravensburg fortsetzte.

Im Frühsommer 1999 besuchte ich wieder einmal den Ravensburger Verlag wegen einiger neuer Hörspiele, die ich schreiben sollte. Wie immer schaute ich auch in den anderen Redaktionen, für die ich als Autor tätig war, vorbei. Bei der Gelegenheit bat mich Thomas Kirchenkamp, der Leiter der Internetabteilung Ravensburger Online, zu einem Gespräch in sein Büro. Seine Abteilung hatte von der Verlagsleitung den Auftrag erhalten, die erste offizielle „Fix und Foxi“-Homepage zu erstellen. Deshalb meinte er, nachdem ich die „Käpt’n Blaubär“-Homepage so erfolgreich gestaltet hätte, wäre das ein passendes Projekt für mich.

Zweisprachiger Newsletter von „RTV Family Entertainment“ anlässlich des „Fix und Foxi“ Relaunchs.
Copyright © Rolf Kauka / Promedia / Ravensburger Verlag

Eigentlich hätte meine Antwort lauten müssen: „Gern, aber dafür muss ich mich vorher nur erst kurz klonen lassen, um das Arbeitspensum zu schaffen.“ Doch die Stimme meiner Vernunft wurde von dem „Fix und Foxi“-Fan in mir übertönt und so nahm ich den Auftrag an. In den folgenden Wochen arbeitete ich dann an der „Fix und Foxi“-Homepage und erweiterte diese weiter kontinuierlich mit Inhalten aus dem „Fix und Foxi“-Universum, nachdem der Webauftritt bereits online war. Dass ich mich etwas mit dem Thema auskannte, blieb dadurch den anderen Redakteuren nicht verborgen.

Im Sommer besuchte mich Alwin Jeck erneut. Er kam gerade von einer Reise aus Thomasville im US-Bundesstaat Georgia zurück. Dort hatte er ein Treffen mit Rolf Kauka auf dessen zwanzig Quadratkilometer großer Plantage „Kaukasien“. Der Schreck stand ihm noch im Gesicht, als er von den Schlangen und Alligatoren erzählte, die sich offenbar in so großer Zahl auf dem Kauka-Anwesen tummelten, dass man bei jedem Schritt aufpassen musste, nicht auf eines der Tiere zu treten. Der eigentliche Grund, weshalb er mich aufsuchte, war, dass ich ein paar witzige und somit „Fix und Foxi“-gerechte Werbetexte für Lizenzprodukte schreiben sollte. Ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen, bei „ein paar Werbetexten“ sollte es im Lauf der nächsten Monate nicht bleiben. Immer mehr Firmen sprangen auf den „Fix und Foxi“-Zug, in der Hoffnung, damit auf eine lohnende Geldquelle gestoßen zu sein, die bei Ausstrahlung der Trickfilme zu sprudeln begann. Ferner machte Alwin Jeck einen Termin mit mir wegen eines Meetings mit Redakteuren des Ravensburger Buchverlages aus. Man plante die Veröffentlichung mehrerer „Fix und Foxi“-Bücher und suchte dafür einen geeigneten Autor.

Zweisprachiger Newsletter von „RTV Family Entertainment“ anlässlich des „Fix und Foxi“ Relaunchs.
Copyright © Rolf Kauka / Promedia / Ravensburger Verlag

Zwei Wochen später stand ich in Ravensburg auf einem Platz umringt von historischen Gebäuden. Der Hauptsitz des Ravensburger Verlages befand sich zwar in einem hypermodernen Gebäudekomplex etwas außerhalb der Stadt, bloß der Buchverlag war noch in einem romantischen Fachwerkhaus im Stadtkern untergebracht. Die damalige Leiterin des Ravensburger Buchverlages und heutige Verlegerin beim Carlsen Verlag Renate Herre und die Redakteurin Gabi Stopper informierten mich über eine ganze Palette an „Fix und Foxi“-Printprodukten, die in Planung waren und die ich schreiben sollte. Anschließend sahen wir uns gemeinsam die „Fix und Foxi“-Trickfilme an. Die Videos waren frisch aus dem Synchronisationsstudio eingetroffen, weswegen sie bislang noch keiner im Verlag gesehen hatte. Entsprechend groß war die Spannung, als wir vor dem kleinen Fernseher saßen und uns die Filme anschauten, auf die der Verlag enorm große Erwartungen gesetzt hatte.

Was immer ich zu sehen erwartet hatte, das war es jedenfalls nicht gewesen. Offen gesagt war ich nach der kleinen Filmvorführung sprachlos. Renate Herre erging es wohl ähnlich. Wir guckten uns nur an. Niemand sagte ein Wort. Doch manchmal spricht so etwas ja Bände. Meiner unausgesprochenen Meinung nach mangelte es den Trickfilmen an den Eigenschaften, um damit den erhofften Hype auszulösen. Die Storys waren nett, stachen allerdings nicht unbedingt durch Originalität aus der Masse heraus. Auch war die Trickfilmtechnik auf einem eher durchschnittlichen Niveau. Die Figuren waren simpel gestaltet und erinnerten in ihrer Umsetzung an Trickfilme aus den 1960er Jahren. Ich vermute, unter normalen Umständen hätte Renate Herre gesagt: „Sorry, Leute, mit so einem unzeitgemäßen Produkt gewinnen wir am Markt keinen Blumentopf.“ Doch der Zug war bereits mit Volldampf abgefahren. Der Verlag hatte Millionen in das Projekt investiert und in den Redaktionen arbeitete man mit Hochdruck an allerlei „Fix und Foxi“-Projekten. Dank einer der größten Marketing-Offensiven des Verlages waren außerdem zahlreiche „Fix und Foxi“-Lizenzen für alle möglichen Produkte verkauft worden. Kurzum, es gab kein Zurück mehr.