„Sicherheitspartnerschaft Gröpelingen“ ist das Projekt überschrieben. Und es hat sich nicht weniger auf die Fahnen geschrieben, als Gröpelingen aus den negativen Schlagzeilen zu bringen. „Wir wollen das schlechte Image wandeln, das dem Stadtteil anhaftet“, erklärt Jens Körber aus der Innenbehörde, der das Projekt koordiniert.
Im vergangenen Jahr hatte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) mehrere Bremer Stadtteile besucht. Vor Ort mit Bürgern, Geschäftsleuten und Vertretern von Vereinen, Verbänden und Einrichtungen gesprochen und sich persönlich ein Bild von deren Sorgen und Nöten gemacht. Im Bremer Westen ging es dabei vor allem um die Müll- und die Drogenproblematik. Gleich an mehreren zentralen Punkten Gröpelingens herrschten in dieser Hinsicht unhaltbare Zustände, berichtet Körber.
Schulterschluss mit Akteuren vor Ort
Die sollen nun angepackt und sichtbar zum Besseren verändert werden, um damit die Wahrnehmung des Stadtteils insgesamt zu wandeln. Ansatz dafür ist eine Sicherheitspartnerschaft nach dem Vorbild des Bremer Hauptbahnhofs. Dort hatten sich Behörden zusammen mit Vertretern unterschiedlichster Einrichtungen, Geschäftsleuten und privaten Anwohnern an einen Tisch gesetzt, um gemeinsam zu überlegen, wie der Bereich am Bahnhof sicherer und sauberer gestaltet werden könnte.
Die Koordination dieser Bemühungen übernahm Körber, der eigens hierfür von der Polizei freigestellt wurde. Mit seiner Mitarbeiterin Alina Mielczarek soll er dieses Modell jetzt auch in Gröpelingen umsetzen. „Wobei wir nichts von außen überstülpen wollen“, sagt Körber. Alles geschehe ausdrücklich im engen Schulterschluss mit den Akteuren vor Ort. „Gröpelingen hat super Netzwerke, der Stadtteil ist lebendig, da funktioniert multikulti. Darauf wollen wir aufbauen.“
Den Startschuss bildete im November 2018 ein Treffen mit zahlreichen Akteuren aus dem Stadtteil. Gemeinsam wurden Brennpunkte und Schwerpunktthemen herausgearbeitet. Wo liegen die Hauptprobleme, was kann man dagegen tun? Anschließend habe man die Vorschläge dann sortiert und gewichtet, berichtet Körber. „Denn schnell war klar, dass wir uns nicht um alles kümmern können, sondern auf bestimmte Dinge konzentrieren müssen.“ Geografisch: „Wir fokussieren uns auf das Herz Gröpelingens – die Gröpelinger Heerstraße, Ohlenhof- und Lindenhofstraße, den Liegnitzplatz.“ Aber auch thematisch: Müll, Verwahrlosung, Drogen, Spielplätze und bessere Beleuchtung sind die Problembereiche, die als erstes angegangen werden sollen.
"Wir wollen an die Ursachen heran"
Vorgegangen wurde und wird dabei stets nach demselben Muster: Alle Beteiligten an einen Tisch holen, dann gemeinsam ein Lagebild der Probleme erstellen, schließlich individuelle Gegenmaßnahmen und grundlegende Standards ausarbeiten. „Wir wollen an die Ursachen heran“, betont Körber. Beispiel Vermüllung: „Es bringt ja nichts, den Müll nur wegzuschaffen. Wir müssen uns auch fragen, woher der kommt und warum er da liegt.“
Ein ebenso aufwendiges wie mühsames Unterfangen, weil manche Straßen von Haus zu Haus abgeklappert werden mussten. Mit zum Teil verblüffenden Ergebnissen, wie Körber berichtet. So stellte sich heraus, dass einige Häuser gar nicht an das öffentliche Müllentsorgungssystem angeschlossen waren. Bei anderen gab es zu wenige Mülltonen. „Manche Bewohner wussten auch gar nicht, dass das ihre Tonne war, die da vor dem Gebäude stand. Und manche kannten unser Müllsystem überhaupt nicht.“
Um daran etwas zu ändern, sind Stadtreinigung und Ordnungsdienst gemeinsam im Einsatz. Ein Modell auch für andere Stadtteile, sagt Körber. Ohnehin gehe es bei diesem Projekt nicht nur um Gröpelingen, sondern darum, erfolgreiche Muster zu entwickeln, die anschließend auf weitere Brennpunkte in Bremen angewandt werden können.
Ein weiteres Beispiel ist der Kampf gegen Überbelegung und Vermietung von Schrottimmobilien. Hierfür soll das Wohnaufsichtsgesetz verstärkt zur Anwendung kommen. Das Gesetz geht deutlich weiter als die Bauordnung und legt detailliert fest, wie vernünftige Lebensverhältnisse auszusehen haben, erklärt Körber. „In Bremen gibt es dieses Gesetz seit 2015. Nur angewendet wurde es bislang nicht.“
Verwahrloste Wohnungsverhältnisse erfasst
Im Mai dieses Jahres gab es nach entsprechenden Hinweisen im Liegnitzquartier bereits eine behördenübergreifende Aktion. Tatsächlich wurden dabei diverse Verstöße und teils verwahrloste Wohnverhältnisse festgestellt. Die Eigentümer von drei Gebäuden bekamen anschließend Post von der Stadt. Dass dies nicht sofort etwas an den Wohnverhältnissen ändern wird, ist Körber klar. „Die Anwendung dieses Gesetzes ist ein Prozess“, sagt der Beamte weiter. Aber man werde sich Stück für Stück von Objekt zu Objekt vorarbeiten. „Und die Botschaft ist wichtig: Es finden Kontrollen statt!“
Ähnliches gilt für ein weiteres Problem, dass von den Gröpelingern benannt wurde: die große Zahl an Wettbüros. "Rechtlich nicht einfach", sagt Körber. Aber auch da sind wir reinmarschiert. Die wissen also, dass wir sie im Blick haben." Bei einem anderen Thema halte man sich dagegen zurück – den Drogenhandel auf der Straße. "Das ist Aufgabe der Polizei und da laufen auch permanent Maßnahmen."
Ebenfalls im Fokus der Sicherheitspartnerschaft stehen die Obdachlosen samt ihrer Hinterlassenschaften. „Für die brauchen wir alternative Aufenthaltsorte“, sagt Körber und verweist noch einmal auf das bereits am Bremer Hauptbahnhof praktizierte Modell. „Akzeptierte, geeignete Orte, wo die Leute sich aufhalten können, zusammensitzen und klönen.“ Aber betreut von Streetworkern, Kontaktbeamten und dem Ordnungsdienst. „Dass von denen ab und zu mal einer vorbeischaut, gehört dazu“, unterstreicht Körber. „Es sind Angebote. Aber mit Regeln.“
Konkrete Maßnahmen
Dem Bremer Stadtteil Gröpelingen haftet ein negatives Image an. Eine Sicherheitspartnerschaft zwischen Bremer Behörden und zahlreichen engagierten Akteuren vor Ort will daran mit konkreten Maßnahmen etwas ändern. Der WESER-KURIER begleitet dieses Projekt und wird darüber in einer Artikelreihe, die in loser zeitlicher Abfolge erscheint, berichten.