Der gefährliche Plan der Anti-Hass-Beauftragten: Gefühl bald wichtiger als Gesetz?

Ferda Ataman (43) will das Antidiskriminierungsgesetz reformieren – ihr Plan hat es in sich

Ferda Ataman (43) will das Antidiskriminierungsgesetz reformieren – ihr Plan hat es in sich

Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Von: Filipp Piatov, Julian Loevenich und Zara Riffler

Der Plan von Ferda Ataman (43), Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, hat es in sich. Die von den Grünen ins Amt gebrachte Beauftragte will das Antidiskriminierungsgesetz reformieren.

So soll es nach Atamans Wunsch leichter werden, andere Menschen wegen angeblicher Diskriminierung zu verklagen. Es soll nicht mehr nötig sein, die Vorwürfe „vollumfänglich“ zu beweisen. Stattdessen reicht eine „glaubhafte“ Behauptung.

GEFÜHL STATT GESETZ, FAKTEN UND BEWEISEN?

► Katrin Helling-Plahr (37), rechtspolitische Sprecherin der FDP: „Das Papier von Frau Ataman ist gesellschaftlicher Sprengstoff und sät Verunsicherung allerorten.“

▶︎ „Aus der Praxis wissen wir, dass mit dem AGG bereits jetzt schon häufig Schindluder getrieben wird“, warnt die Fachanwältin für Arbeitsrecht Livia Merla (39).

Sie hält den Ataman-Vorstoß für zu weitreichend – und gefährlich. DENN: Das Antidiskriminierungsgesetz sieht empfindliche Schadensersatzansprüche vor. Arbeitgeber könnten künftig „lediglich aufgrund von Behauptungen in Anspruch genommen zu werden oder Opfer von Missbräuchen zu werden“.

► Wolfgang Kubicki (71, FDP), Vizepräsident des Deutschen Bundestages, kritisiert, dass Atamans Vorschlag „völlig überzogen“ sei und dem „Rechtsfrieden keinen guten Dienst“ erweisen würde.

Roman Poseck (53, CDU) sagt: Atamans Vorschlag „widerspricht den Grundprinzipien unseres Rechtsstaats“

Roman Poseck (53, CDU) sagt: Atamans Vorschlag „widerspricht den Grundprinzipien unseres Rechtsstaats“

Foto: Jürgen Mahnke

▶︎ „Frau Ataman überdreht“, sagt Hessens Justizminister Roman Poseck (53, CDU). „Das ist ein Bärendienst für das Anliegen der Antidiskriminierung.“

▶︎ Und das Justizministerium Schleswig-Holstein mahnt „Ideen, wonach sich die richterliche Überzeugungsbildung nicht mehr nach allen Umständen des Einzelfalls richten soll, sondern nach pauschalisierten Regelbeispielen, mit Skepsis zu begegnen“.

Verfassungsexperte warnt: Ataman will „Überwachungsbehörde“

Doch es gibt noch einen anderen Punkt, der Verfassungsexperten gewaltige Sorgen bereitet.

Ataman fordert für sich ein „altruistisches Klagerecht“. Das heißt: Die Beauftragte will alles und jeden verklagen können, auch wenn sie selbst nicht betroffen ist.

Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler (60, Uni Oldenburg) erklärt in BILD: „Die Grundregel ist: Jeder Bürger kann nur klagen, wenn er in seinen eigenen Rechten betroffen ist.“

Das will die Antidiskriminierungsbeauftragte für sich ändern: „Ferda Ataman will das Recht haben, immer zu klagen, wenn sie glaubt, einen Verstoß gegen das Antidiskriminierungsgesetz zu sehen.“

Die Befürchtung des Verfassungsexperten: Ataman könnte die „deutsche Wirtschaft mit Klagen überziehen“. Es gebe keine andere staatliche Stelle mit dieser Befugnis. „Die Antidiskriminierungsbeauftragte wäre damit in diesem Punkt mächtiger als jeder Minister.“

Der Jurist wird sehr deutlich: „Ferda Ataman möchte eine Beratungsstelle für Diskriminierungsfragen in eine staatliche Überwachungsbehörde umbauen.“

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