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Analyse vom China-Versteher: Xi ist ein brutaler Diktator, der in Wahrheit nur ein dunkles Ziel verfolgt
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Xi Jinping, Präsident von China, in Peking.
Xie Huanchi/XinHua/dpa Xi Jinping, Präsident von China, in Peking.

Am Sonntag beginnt der 20. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas. Nur alle fünf Jahre kommt der Kongress auf diese Art und Weise zusammen. Die 2300 Delegierten werden aller Voraussicht nach die Alleinherrschaft von Xi Jinping zementieren - vielleicht sogar auf Lebenszeit.

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Als Xi Jinping 2012 zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas und Präsidenten der Volksrepublik gemacht wurde, verband die Welt mit dieser Personalie die Hoffnung auf weitere Öffnung des bis dato autoritär regierten Landes. Innerhalb der KP war Xi als Kompromisskandidat ausersehen worden: Er hatte sich in der Partei hoch gearbeitet. Dabei war er zwar nicht als herausragend talentiert aufgefallen. Aufgrund seiner familiären Verbindungen innerhalb des Apparats galt er allerdings als solide. Er konnte sein Tun erfolgreich in politisches Kapital ummünzen.

Spannend, aber gerade keine Zeit?

 

Xi Jinping war aber nie ein Reformer. Sein Vater Xi Zhongxun war zu Maos Zeiten ein bekannter Apparatschik, sein Sohn Jinping wuchs deshalb privilegiert in Peking als so genannter “Prinzling” auf. Allerdings fiel Xis Vater bei Mao in Ungnade, was Verbannung auf das Land und harte körperliche Arbeit mit sich brachte. Xis Charakter und politische Überzeugungen formten sich in dieser Zeit. Die Schmähungen, die er aufgrund des Falls seines Vaters erdulden musste, machten ihn zu einem 150-prozentigen Kommunisten. Er wollte allen zeigen, dass er, anders als sein Vater, an die Verheißungen des Marxismus-Leninismus glaubte.

Xi hat in China den Staatskapitalismus wieder eingeführt

Nach dem Tode Maos wurde Xi Zhongxun rehabilitiert und Präfekt von Shenzhen, damals ein verschlafenes Nest, das mit den Rechten einer Sonderverwaltungszone ausgestattete wurde. In diesen Zonen wurde marktwirtschaftlich-kapitalistisch gewirtschaftet. Chinas Aufstieg zur weltweit relevanten Wirtschaftsnation ist also nicht der reinen Lehre des Kommunismus zu verdanken, sondern den erfolgreich übertragenen Modellen des Klassenfeindes. Heute ist Shenzhen der wichtige Hub der chinesischen Digitalwirtschaft.

Xi hat China wieder zu einem staatskapitalistisches Land gemacht. Ganze Industrien werden geschlossen, wenn sie Xi Jinping nicht mehr passen. In jeder Firma sitzen Mitglieder der KP und kontrollieren die Geschicke des Unternehmens. Es geht wieder ideologisch zu. Überall müssen “Xi Jinpings Gedanken” studiert werden, drei Wälzer voller kommunistischer Theorie. Xi glaubt, dass China nur auf diese Weise an die Spitze der Welt wird rücken können. Für ihn sind es die kommunistische Ideologie, die kommunistische Partei und er, als Führer dieser Partei, die China personifizieren. Die “Verjüngung der Nation” ist Xis Anliegen, was eine Re-Ideologisierung meint, die in einem totalitäre Überwachungsstaat daherkommt. Xi spricht dabei von einem “chinesischen Traum”, der, anders als in den USA, nicht mit der Verheißung von Freiheit und Menschenrechten synonym ist. Er schwärmt vielmehr von einem “Sozialismus chinesischer Prägung”.

Gas-Megaprojekt
dpa/Noel Celis/Pool AFP/AP/dpa Chinas Prasident Xi Jingping spricht mit seinem russischem Amtskollegen Putin per Videobrücke aus der Großen Halle des Volkes.

Wenn Xi sagt, dass China die “beste Demokratie der Welt” sei, bedient sich er gegenüber seinen Untertanen eines Tricks: Totalitäre Führer wie er haben dem Volk eingebläut, dass Demokratie “Gehorsam gegenüber der Obrigkeit” bedeute. In diesem Sinne würden Chinesinnen und Chinesen sagen, dass sie in der Tat in einer Demokratie leben. Der Westen, die echten freiheitlichen Nationen, sind daher Xis Feind Nummer 1. Er erinnert sein Volk immer an die Kolonialzeit und spricht von einem “Jahrhundert der Demütigung”, die dieses Zeitalter für China gewesen sei.

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Chinas Staatschef will in Wahrheit die ganze Welt kontrollieren

Xi bedient sich weiterer ideologischer Versatzstücke, die seine Herrschaft in Kontinuität mit fünf Jahrtausenden chinesischer Geschichte darstellen sollen. Er sieht sich, ganz im Sinne der Kaiserzeit und der Lehre des Konfuzius, als “Sohn des Himmels”, der ein “himmlisches Mandat” zum regieren erhalten habe. Aus der Kaiserzeit stammt auch die Ideologie, dass “alles unter dem Himmel” von China kontrolliert werden soll. Im der Vergangenheit war damit allerdings China allein gemeint.

Für Xi bedeutet es heute hingegen die ganze Welt. In den ersten Jahren seiner Herrschaft hat er die Volksrepublik militarisiert und auf imperialistische Raubzüge vorbereitet: Heute ist der Westpazifik von ihm illegal militarisiert, mit all seinen Nachbarn hat Xi Grenzstreitigkeiten losgetreten, das freie und demokratische Taiwan bedroht er. 

Auch gegenüber der eigenen Bevölkerung agiert Xi nur noch mit Repressalien. Wer ihm nicht passt, wird inhaftiert, gleich, ob Unternehmer, Sportler oder Schauspieler. Xi lässt auch Menschen im Ausland kidnappen und in China einkerkern. Vergangenheit ist das Bild des netten “Onkel Xi”, das er in den ersten Jahren seiner Herrschaft gepflegt hat.

"Faschismus chinesischer Prägung"

Wenn Xi Jinping auf dem 20. Parteitag ein weiteres Mal zum Präsidenten ausgerufen werden wird, bricht er vollends mit der Reformperiode, die von 1976 bis 2012 andauerte. Schon seit Jahren wird Deng Xiao-ping im öffentlichen Diskurs verdrängt, die beiden Nachfolger Jiang Zeming und Hu Jintao spielen ohnehin keine Rolle. Xi ist der neue Mao und dafür inszeniert er sich als Führer in einer Weise, die in Europa an Hitler, Franco und Mussolini erinnern muss. Wie er Militär und Polizei auf sich vereidigen und ihm dienen lässt, die Militärparaden, die ihn im Mittelpunkt zeigen, regiert er die Volksrepublik heute mit einem “Faschismus chinesischer Prägung”. 

Unter Xi wurden Tibet und Xinjiang in totalitär überwachte Provinzen verwandelt, die Menschen dort sind entrechtet, ihre Kulturdenkmäler werden zerstört. In Xinjiang sitzen zudem eine Million Menschen in Lagern ein, Frauen werden systematisch unfruchtbar gemacht, so dass die muslimischen Uiguren keine Nachkommen mehr zeugen können. Auf Xi wird in China ein "Jahrhundert der Schande” folgen, denn wer Völkermord begeht, kann nicht darauf hoffen, gleichberechtigtes, gutes Glied der internationalen Gemeinschaft zu sein.

Über den Gastautor

Alexander Görlach ist Honorarprofessor für Ethik an der Leuphana Universität in Lüneburg und Senior Fellow am Carnegie Council for Ethics in International Affairs in New York. Nach einem Aufenthalt in Taiwan und Hongkong hat er sich auf den Aufstieg Chinas konzentriert und was dieser für die Demokratien in Ostasien im Besonderen bedeutet. Von 2009 bis 2015 war Alexander Görlach zudem der Herausgeber und Chefredakteur des von ihm gegründeten Debatten-Magazins The European. Heute ist er Kolumnist und Autor für verschiedene Medien. Er lebt in New York und Berlin.

In den kommenden Jahren, vielleicht Jahrzehnten seiner Herrschaft wird Xis Politik noch weiter ins Totalitäre gehen. Doch in China regt sich Protest. Kurz vor Beginn des Parteikongresses entrollten unbekannte Dissidenten ein Protestplakat an einer viel befahrenen Kreuzung. Für ihre Forderung “Nieder mit Xi Jinping” erhielten sie im Internet viel Unterstützung, bevor die Zensurbehörden eingriffen. Bis es zu einer Revolte aus China heraus gegen die grausame Herrschaft der KP kommt, muss die freie Welt lernen, sich mit dem China Xis zu arrangieren. In Washington, Paris und Berlin hat man Xi Jinping im Jahr 2012 völlig unterschätzt. Dieser Fehler sollte sich nicht wiederholen.

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