Kontrollberichte des Bundesdatenschutzbeauftragten über die Tätigkeit des behördlichen Datenschutzbeauftragten in 16 Jobcentern veröffentlicht

Sozial-Datenschutz/ Juli 11, 2021/ alle Beiträge, Sozialdatenschutz/ 0Kommentare

Zwischen dem 28.01.2021 und dem 20.04.2021 hat der Bundesdatenschutzbeauftragte insgesamt 16 Kontrollberichte zu den Themen Arbeitsweise, Stellenausstattung und andre Tätigkeiten des behördlichen Datenschutzbeauftragten (bDSB) veröffentlicht. Diese Kontrollberichte betreffen die Jobcenter Bremen, Dresden, Erfurt, Hamburg, Hannover (Region), Kaiserslautern (Landkreis), Kaiserslautern (Stadt), Karlsruhe (Landkreis), Kassel (Stadt), Kiel, Köln, Magdeburg, Rostock, Saarbrücken (Regionalverband), Vorpommern-Greifswald Nord und Zollernalbkreis.

In den Kontrollberichten werden zwei Probleme deutlich, die in vielen der kontrollierten Jobcentern auftreten:

  • Mangelnde Arbeitskapazität bzw. Stellenausstattung der/des bDSB und
  • Wahrnehmung weiterer Aufgaben, die sich nachteilig auf die Tätigkeit und die Unabhängigkeit der/des bDSB auswirken (können).

Positiv zu bewerten ist die wiederholt in den Berichten getroffene Feststellung des BfDI: Ich vertrete die Auffassung, dass die/der bDSB eines Jobcenters spätestens ab einer Anzahl von 500 Beschäftigten zu 100 Prozent freigestellt werden sollte, damit eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung sichergestellt werden kann.“ An diesem Maßstab gemessen, ist nicht nur in den Jobcentern, sondern auch vielen in anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung eine mangelnde Personal- und Stellenausstattung für die sachgemäße Erfüllung der Aufgaben der/des bDSB festzustelen.

Einige Auszüge aus den Kontrollberichten:

  1. Jobcenter Bremen: „Die bDSB ist Beschäftigte des Jobcenters Bremen. Sie ist für die Tätigkeit als bDSB zu 100 Prozent von ihrer sonstigen Tätigkeit freigestellt. Ich vertrete die Auffassung, dass die/der bDSB eines Jobcenters spätestens ab einer Anzahl von 500 Beschäftigten zu 100 Prozent freigestellt werden sollte, damit eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung sichergestellt werden kann. Auch wenn ein gesetzlicher Freistellungsanspruch für Datenschutzbeauftragte nicht gegeben ist, ergibt sich die Verpflichtung zu einer angemessenen Entlastung des bDSB aus der Unterstützungspflicht des Verantwortlichen für die Aufgabenwahrnehmung. Hinzu kommt die Verpflichtung aus dem Benachteiligungsverbot und nicht zuletzt auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Die bDSB ist für ihre Tätigkeit im Personalrat zu 20 Prozent freigestellt. Ein Datenschutzverstoß liegt durch die einfache Mitgliedschaft im Personalrat nicht vor. Um einen Interes­senkonflikt auszuschließen, sollte die bDSB nicht den Vorsitz im Personalrat übernehmen. In diesem Falle wäre sie maßgeblich für die Einhaltung des Datenschutzes in der Personalvertretung verantwortlich und müsste in ihrer Rolle als bDSB die Einhaltung des Datenschutzes bei sich selbst kontrollieren.Das Jobcenter Bremen hat etwas über 1.000 Beschäftigte. Empfohlen wird daher eine weitere Vollzeitkraft der bDSB zuzuordnen.“
  2. Jobcenter Dresden: „Der bDSB ist Vollzeitbeschäftigter des Jobcenters Dresden. Für die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte ist er zu 49 Prozent von seiner sonstigen Tätigkeit freigestellt. Ich vertrete die Auffassung, dass die/der bDSB eines Jobcenters spätestens ab einer Anzahl von 500 Beschäftigten zu 100 Prozent freigestellt werden sollte, damit eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung sichergestellt werden kann… Das Jobcenter Dresden hat mehr als 600 Beschäftigte. Bei über 600 Beschäftigten erscheint eine Freistellung im Umfang von 49 Prozent als zu gering…“
  3. Jobcenter Hamburg: Der bDSB ist zugleich Informationssicherheitsbeauftragter des Jobcenters team.arbeit.hamburg. Nach meiner Auffassung kann der bDSB grundsätzlich nicht zugleich Informationssicherheitsbeauftragter sein. So zählt es oftmals gerade zu den Aufgaben des Informationssicherheitsbeauftragten, auch das IT-Sicherheitskonzept zu erstellen und zu aktualisieren. Das würde aber bedeuten, dass sich der IT-Sicherheitsbeauftragte bei einem entscheidenden Element der dem Verantwortlichen obliegenden Pflichten zur Umsetzung (auch) des Datenschutzes als bDSB selbst kontrollieren müsste, was zu einem unzulässigen Interessenkonflikt führen würde. Ich halte es daher für geboten, die Position des IT-Sicherheitsbeauftragten anderweitig zu besetzen…“
  4. Jobcenter Karlsruhe (Landkreis): „Der Datenschutzbeauftragte ist Vollzeitbeschäftigter des Jobcenters Landkreis Karlsruhe und wurde für diese Aufgabe zu 20 Prozent von anderen Tätigkeiten freigestellt. Ich vertrete die Auffassung, dass der bDSB eines Jobcenters spätestens ab einer Anzahl von 500 Beschäftigten zu 100 Prozent freigestellt werden sollte, damit eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung sichergestellt werden kann. Das Jobcenter Landkreis Karlsruhe hat etwa 190 Beschäftigte. Eine Freistellung von 40 Prozent wäre daher angemessen.Die Regelung der Abwesenheitsvertretung des bDSB wird bei unaufschiebbaren Maßnah­men und Entscheidungen im Bedarfsfall durch den Informationssicherheitsbeauftragten übernommen… Gegen die gelegentliche Unterstützung des bDSB durch das Büro der Geschäftsführung habe ich im Hinblick auf die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des bDSB Bedenken. Ich empfehle Ihnen, von der Unterstützung des bDSB durch das Büro der Geschäftsführung Abstand zu nehmen.“
  5. Jobcenter Kassel (Stadt): „Der bDSB ist Teilzeitbeschäftigter des Jobcenters Stadt Kassel. Der derzeitige Beschäftigungsumfang beträgt insgesamt 80,77 % einer Vollzeitstelle. Für die Aufgaben als bDSB ist er zu 50 % einer Vollzeitstelle freigestellt. Ich vertrete die Auffassung, dass die/der bDSB eines Jobcenters spätestens ab einer Anzahl von 500 Beschäftigten zu 100 Prozent freigestellt werden sollte, damit eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung sichergestellt werden kann. Auch wenn ein gesetzlicher Freistellungsanspruch für Datenschutzbeauftragte nicht gegeben ist, ergibt sich die Verpflichtung zu einer angemessenen Entlastung des bDSB aus der Unterstützungspflicht des Verantwortlichen für die Aufgabenwahrnehmung. Hinzu kommt die Verpflichtung aus dem Benachteiligungsverbot und nicht zuletzt auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Das Jobcenter Stadt Kassel hat etwa 360 Beschäftigte. Empfohlen wird daher eine Freistellung des bDSB von seinen sonstigen Aufgaben zu 70 Prozent einer Vollzeitstelle.“
  6. Jobcenter Köln: Die bDSB ist Beschäftigte des Jobcenters Köln. Sie übt ihre Stelle aktuell in Teilzeit (52%) aus. Das Jobcenter Köln stellt der bDSB einen Vertreter in Vollzeit zur Verfügung. Der Vertreter arbeitet ausschließlich im Bereich Datenschutz. Ich vertrete die Auffassung, dass der/die bDSB eines Jobcenters spätestens ab einer Anzahl von 500 Beschäftigten zu 100 Prozent freigestellt werden sollte, damit eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung sichergestellt werden kann. Das Jobcenter Köln hat etwa 1600 Beschäftigte. Daher empfehle ich eine Erhöhung der Stellen im Datenschutzbereich auf drei Vollzeitäquivalente.“
  7. Jobcenter Saarbrücken (Regionalverband): „Die Abwesenheitsvertretungsregelung ist teilweise zu beanstanden. Bei Abwesenheit der bDSB wird das telefonische Gespräch auf das Servicecenter umgeleitet und das Organisationspostfach wird durch den Vertreter, ersatzweise durch die Geschäftsführung, gesichtet. Ich halte es für geboten, der bDSB mindestens eine feste Abwesenheitsvertretung einzurichten, die auch im Organigramm aufgeführt sein sollte. Die Zugangsberechtigung der Geschäftsführung auf das Funktionspostfach ist wegen möglicher Interessenkollision und Wahrung der Vertraulichkeit unzulässig. Der Geschäftsführung ist der Zugang zum Funktionspostfach der bDSB unverzüglich zu entziehen.“
  8. Jobcenter Vorpommern-Greifswald Nord: Der bDSB nimmt neben seiner Tätigkeit als bDSB Aufgaben im Büro der Geschäftsführung wahr. Zu diesen Aufgaben zählen unter anderem Controlling, Presse, Haushalt, allgemeine Verwaltung, Sicherheit, Informationstechnik (IT)… Aufgrund der naturgemäßen Nähe zur Geschäftsführung durch die direkte Zuordnung zum Büro der Geschäftsführung ist jedoch nicht zweifelsfrei sichergestellt, dass der bDSB sein Amt weisungsfrei und unabhängig ausüben kann. Auch ohne eine direkte Einflussnahmeder Geschäftsführung auf die Amtsausübung durch Weisungen sind durch das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeitern des Büros der Geschäftsführung und der Geschäftsführung selbst bedingte Interessenkonflikte denkbar. Es ist daher auf eine strikte Trennung der verschiedenen Tätigkeiten zu achten. Dies gilt insbesondere für die Themenbereiche Sicherheit und IT…“
  9. Das Jobcenter Zollernalbkreis schießt mit mehreren schwerwiegenden datenschutzrechtlichen Verstößen den Vogel ab: Zeitweilig wurde die Aufgabe der/des bDSB in Personalunion von Geschäftsführer des Jobcenters wahrgenommen. Die nach Intervention des BfDI bestellte bDSB verfügt nicht über die notwendige Qualifikation. Die neue BDSB ist mit ihrer Stelle im Büro der Geschäftsführung angesiedelt, was Zweifel an ihrer Unabgängigkeit weckt und die Gefahr von Interessenkonflikten hervorruft. Im Ergebnis stellt der BfDI fest: Es bestehen erhebliche Zweifel an der Unabhängigkeit der bDSB.“

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