Historische Entscheidung: Oberstes US-Gericht kippt Recht auf Abtreibung
Biden: Urteil ist „ein tragischer Fehler“
Dieses Urteil ist ein politisches Erdbeben für die Vereinigten Staaten!
Das Oberste Gericht der USA hat das landesweite Recht auf Abtreibung gekippt.
Die Richter stimmten mehrheitlich für eine entsprechende Entscheidung, wie der Supreme Court am Freitag (24. Juni) mitteilte. „Die Verfassung gewährt kein Recht auf Abtreibung“, heißt es in der Begründung.
Die Entscheidung erklärt Schwangerschaftsabbrüche nicht für illegal, aber von nun an steht es den einzelnen US-Bundesstaaten frei, Abtreibungen zu erlauben, sie einzuschränken oder gänzlich zu verbieten.
Konkret wird erwartet, dass in etwa der Hälfte der Staaten Abtreibungsverbote erlassen werden.
Schon Anfang Mai hatte das US-Magazin „Politico“ (gehört wie BILD zu Axel Springer) enthüllt, dass sich unter den Richtern eine Entscheidung GEGEN das bisher geltende liberale Abtreibungsrecht abzeichnet.
Anschließend gab es einen Aufschrei von Frauenrechtsorganisationen, Kliniken und Liberalen. Das Urteil ist nun so drastisch wie erwartet.
Sechs der neun Richter stimmten für die De-facto-Verschärfung, darunter waren auch die drei von Ex-Präsident Donald Trump (76) berufenen konservativen Richter inklusive der Juristin Amy Coney Barrett (50). Drei Liberale verweigerten ihre Zustimmung.
Trumps Vizepräsident Mike Pence (63) schrieb auf Twitter, das bisherige Abtreibungsrecht sei auf den „Aschehaufen der Geschichte“ geschickt worden. Der Ex-Präsident selbst sagte dem Sender „Fox News“: „Gott hat das entschieden.“
Der Schritt stehe im Einklang mit der Verfassung und hätte schon „vor langer Zeit“ geschehen sollen.
Obama ruft zu Protesten auf
US-Präsident Joe Biden (79) trat am Freitagabend deutscher Zeit vor die Kameras. Vor seinem Statement holte er tief Luft – und sagte dann: „Heute hat der Oberste Gerichtshof ausdrücklich ein verfassungsmäßiges Recht des amerikanischen Volkes aufgehoben. Sie haben es nicht eingeschränkt, sie haben es einfach weggenommen.“
Er bezeichnete das Urteil als „einen tragischen Fehler“.
Sein Vorvorgänger Barack Obama (60) rief derweil zum Widerstand auf. „Heute hat der Oberste Gerichtshof nicht nur fast 50 Jahre Präzedenzfälle rückgängig gemacht, er hat die persönlichste Entscheidung, die jemand treffen kann, den Launen von Politikern und Ideologen überlassen – und die grundlegenden Freiheiten von Millionen von Amerikanern angegriffen“, schrieb Obama bei Twitter.
Obama teilte zudem ein Bild mit einem Text: „Schließt Euch den Aktivisten an, die seit Jahren Alarm schlagen beim Zugang zu Abtreibungen, und handelt. Steht mit ihnen bei einem örtlichen Protest“, hieß es dort.
Der mächtige Demokrat Chuck Schumer (71) zeigte sich nach der Gerichtsentscheidung schockiert. „Heute ist einer der dunkelsten Tage, die unser Land je gesehen hat“, schrieb der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat auf Twitter. Amerikanischen Frauen sei ihr Grundrecht auf Abtreibung von Trump-nahen Richtern „gestohlen“ worden.
So war die Rechtslage bisher
Es gibt in den USA kein landesweites Gesetz, das Schwangerschaftsabbrüche erlaubt oder verbietet. Abtreibungen waren aber mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt – bisher etwa bis zur 24. Woche.
Das ist ein deutlich größeres Zeitfenster als in vielen anderen Staaten. In Deutschland etwa sind Schwangerschaftsabbrüche nach einer Beratung nur bis zu zwölf Wochen nach der Empfängnis straffrei.
Das US-Abtreibungsrecht wurde durch ein Supreme-Court-Urteil von 1973 etabliert, das als „Roe v. Wade“ bekannt ist. Ein weiteres Urteil von 1992 („Planned Parenthood v. Casey“) bestärkte die Rechtsprechung und passte sie etwas an.
Doch jetzt steht fest: Das bisherige Recht auf Abtreibung ist nach fast einem halben Jahrhundert Geschichte.