Newsticker
Schlagzeilen, Meldungen und alles Wichtige
Die Nachrichten heute: Newsticker, Schlagzeilen und alles, was heute wichtig ist, im Überblick.
Zum Newsticker
  1. Home
  2. Kultur
  3. Deutsche Sprache: Ein neuer Online-„Grimm“ kommt im Jahre 2017

Kultur Deutsche Sprache

Ein neuer Online-„Grimm“ kommt im Jahre 2017

Feuilletonredakteur
An der ersten Auflage des „Deutschen Wörterbuchs“ der Brüder Grimm haben Generationen von Germanisten gearbeitet. Mittlerweile liegt es als Taschenbuch vor und ist online zugänglich. Doch es ist veraltet und müsste neu bearbeitet werden. An der ersten Auflage des „Deutschen Wörterbuchs“ der Brüder Grimm haben Generationen von Germanisten gearbeitet. Mittlerweile liegt es als Taschenbuch vor und ist online zugänglich. Doch es ist veraltet und müsste neu bearbeitet werden.
An der ersten Auflage des „Deutschen Wörterbuchs“ der Brüder Grimm haben Generationen von Germanisten gearbeitet. Mittlerweile liegt es als Taschenbuch vor und ist online zugänglic...h. Doch es ist veraltet und müsste neu bearbeitet werden.
Quelle: dpa
Die Germanistik streitet über das „Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache“: Es sei „unzulänglich“, sogar ein „Skandal“. Nun antwortet dessen Leiter Wolfgang Klein auf Kritik – und legt sich fest.

Die scharfe Kritik am „Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache“ (DWDS) in der „Welt“ hat ein großes Echo in der Germanistik ausgelöst. Die Art und Weise, wie in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften das „Deutsche Wörterbuch“ der Brüder Grimm (hier die komplette Online-Fassung der 1. Auflage) nach mehr als 160 Jahren abgewickelt wird, ohne dass etwas Gleichwertiges an seine Stelle getreten ist, wurde als „Skandal“ bezeichnet.

Die Fronten in dem Streit verlaufen zwischen hochrangigen Vertretern der klassischen Lexikografie wie dem neuseeländischen Germanisten Alan Kirkness oder dem langjährigen Leiter der Berliner „Grimm“-Arbeitsstelle, Hartmut Schmidt, auf der einen Seite und auf der anderen Seite Wissenschaftlern, die möglicherweise zu optimistisch glauben, Wörterbücher ließen sich im Computerzeitalter viel billiger und schneller herstellen.

Nun hat der Leiter der DWDS-Arbeitsstelle auf die Kritik reagiert. Gegenüber der „Welt“ verwahrt sich Wolfgang Klein unter anderem gegen den Vorwurf, die letzten beiden Lieferungen des „Grimms“ würden allzu hastig und mit mangelnder wissenschaftlicher Sorgfalt fertiggestellt: „Der Abschluss der ,Neubearbeitung Grimm‘ in der Arbeitsstelle Berlin wurde 2005 im Einvernehmen mit dem damaligen Projektleiter Hartmut Schmidt auf Ende 2012 festgelegt, der Zeitplan stammt von der Arbeitsstelle selbst.“

Die Neubearbeitung sei aber Ende 2012 nicht fertig gewesen, die dafür bewilligten öffentlichen Mittel seien dennoch aufgebraucht gewesen: „Aber anders als beim Berliner Flughafen schießt hier niemand Gelder nach, wenn die Laufzeit vorbei und die Arbeit erst zu zwei Dritteln getan ist.“

3000 Euro für ein einziges Wort

Klein erneuerte auch seinen Vorwurf der Langsamkeit an das bisherige „Grimm“-Team. Zwar behauptete er nicht erneut, eine komplette Neubearbeitung im bisherigen Stil würde 1500 Jahre dauern, doch rechnete er vor, dass der alte Grimm 320.000 Stichwörter habe. In Berlin seien seit 1962 9000 Stichwörter bearbeitet worden: „Jeder kann sich ausrechnen, wie lange es dauern würde, bis man auf diese Weise auf 320.000 Stichwörter käme.“

Klein präzisierte auch die Kosten einer solchen Arbeitsweise. 220 Stichwörter seien im vergangenen Jahrzehnt pro Jahr bearbeitet worden seien, was jährlich 650.000 Euro gekostet habe. „Ein einziges Wort in der bisherigen Weise neu zu bearbeiten, kostet also im Schnitt 3000 Euro – mehr als eine Grundschullehrerin in Berlin im Monat verdient“, behauptet der DWDS-Leiter.

Entgegen anderslautenden Forderungen, die vor allem Hartmut Schmidt vorgetragen habe, sei es auch niemals vorgesehen gewesen, die Neubearbeitung des „Grimms“ in der Berliner Akademie zu digitalisieren. Diese Arbeit müsse man anderen überlassen. Die zweite „Grimm“-Auflage würde in das Online-Wörterbuch, das mittlerweile 30.000-mal täglich von Nutzern aus aller Welt angeklickt wird, integriert, wenn sie digital vorliege: „Nicht anders als dies beim alten ,Grimm‘ geschehen ist.“

Ein neuer Grimm aus Berlin und Göttingen

Klein räumte ein, dass das DWDS für jeden, der sich eine Fortsetzung des „Grimms“ erhofft habe, möglicherweise unbefriedigend sei. Doch mit der eigentlichen Wörterbucharbeit werde ohnehin erst in der zweiten Arbeitsphase (seit Anfang 2013) begonnen. In der ersten Arbeitsphase von 2007 bis 2012 habe ein kleines Team mit zweieinhalb wissenschaftlichen und einem technischen Mitarbeiter vor allem die nötige IT-Struktur entwickelt, Textkorpora aufgebaut und verschiedene an der Akademie entstandene Wörterbücher integriert.

Nur wenige neue Artikel seien bisher probeweise entstanden. Diese dürfe man getrost kritisieren. Aber – das ist die Botschaft der Erwiderungen Kleins – man möge das DWDS, das wie alle Onlinepublikationen, eine stetig unter den Augen der Nutzer fortschreitende Publikation ist, doch bitte erst beurteilen, wenn ausreichend neue Artikel vorliegen. Diese sollen von Mitarbeitern der abgewickelten „Grimm“-Arbeitsstelle verfasst werden.

Anzeige

Zwei im Zusammenhang mit dem DWDS und dem Ende des „Grimms“ geäußerten Befürchtungen hat Klein widersprochen: Erstens bekräftigte er: „Das DWDS soll auch historische Informationen über den Wortschatz enthalten.“ Die von Klein leicht geringschätzig sogenannten althergebrachten Lexikografen hatten den Verdacht geäußert, das Ende des „Grimms“ bedeute auch das Ende der historischen Lexikografie in Berlin.

Zweitens kündigte er an, dass 2017 in Berlin und in der Göttinger Akademie der Wissenschaften die Arbeit an einem neuen, von Anfang an digitalen „Grimm“ beginne – wenn die Mittel bewilligt werden. Kritiker bezweifelt, dass dieser sogenannte „Grimm der Zukunft“ ernsthaft angestrebt würde.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema