Amberg
13.02.2024 - 09:20 Uhr
OnetzPlus

Das schnelle Geld durch einen Immobilien-Teilverkauf: Experten raten zur Vorsicht

Es klingt ganz einfach: Man verkauft einen Teil seines Hauses an einen Investor und kann dieses Geld sofort verwenden, um zu renovieren und sich ein schönes Leben zu machen. Doch ist das wirklich so unkompliziert und empfehlenswert?

Das Haus ist in die Jahre gekommen und eine Renovierung oder eine energetische Sanierung steht an, doch die zur Verfügung stehenden Finanzmittel reichen dafür nicht aus? Hilfe für meist ältere Menschen, die sich in dieser Situation befinden, versprechen Unternehmen mit einem Immobilien-Teilverkauf. Ihr Angebot: Sie kaufen einen Teil der Immobilie – in der Regel bis zu 50 Prozent – an und räumen den Eigentümern ein lebenslanges Nießbrauchrecht ein, so dass diese darin wohnen bleiben können. Oberpfalz-Medien hat nachgehakt.

Nicht nur im Fernsehen und im Radio wird dieses in Deutschland noch recht junge Modell seit einiger Zeit verstärkt beworben. Auch in Amberger Briefkästen landen immer wieder Flyer mit entsprechenden Angeboten. Im Fokus stehen dabei vor allem Senioren, die kein großes Finanzpolster haben, aber handeln wollen oder müssen. Doch ist der Teilverkauf der eigenen Immobilie wirklich so attraktiv wie die Hochglanzprospekte suggerieren? Und ist dieses Vorgehen für alle Hausbesitzer geeignet?

Oberpfalz-Medien fragt nach

Oberpfalz-Medien wollte das genauer wissen und hat darum beim Landesverband Bayern des Verbands Wohneigentum und bei einem Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht nachgefragt. „Es gibt durchaus Varianten, die sich rechnen“, meint Rudolf Limmer, der Präsident des Landesverbandes Wohneigentum und Schatzmeister im Bundespräsidium. „Man sollte sich aber unbedingt schon vorher klar machen, was mit der Immobilie später einmal passieren soll.“ Hat man etwa Kinder, an die man das Eigentum vererben möchte, sei ein Teilverkauf der falsche Weg. Ist das hingegen nicht der Fall, sind die Nachkommen bereits mit einer eigenen Immobilie versorgt oder wird eine komplizierte Erbfolge erwartet, könne dies aber durchaus eine Möglichkeit sein, an Finanzmittel für anstehende Reparaturen zu kommen, ohne sich verschulden zu müssen. Denn gerade diesen Schritt, im Alter noch einmal ein Geld aufnehmen zu müssen, scheuen viele, weiß der Amberger Rechtsanwalt Martin Asmus. Dabei steht sowohl für ihn als auch für Rudolf Limmer eines fest: „Der erste Weg sollte immer zur Hausbank führen, um zu klären, ob ein Darlehen nicht doch die bessere Variante darstellt.“

Kostengünstigere Alternativen prüfen

Denn in den meisten Fällen ist das so. Auch deshalb, weil die Zinsen bei einem Bankinstitut in jedem Fall günstiger sind, wie Asmus betont. Problematisch werde es aber, wenn die Rente bzw. die Einkünfte so niedrig sind, dass der Kapitaldienst, bestehend aus Zins und Tilgung, nicht mehr gewährleistet werden kann. „Wenn ich die Voraussetzungen für den Erhalt eines Darlehens nicht mehr erfülle, werde ich von der Bank auch kein Geld bekommen“, macht Rudolf Limmer deutlich.

Ein Grund zu verzweifeln ist das aber nicht. Vielmehr verweisen sowohl Limmer als auch Asmus darauf, dass es gerade für Eigenheimbesitzer, die ja ihre Immobilie als Sicherheit einsetzen können, mehrere Alternativen gibt, um zu seinem Ziel zu kommen. So böten etwa Versicherungen Pakete für solche Fälle an. „Hier können auch von Älteren Darlehen mit einer Laufzeit von 30 Jahren aufgenommen werden. Diese sind nicht an die Person, sondern an die Immobilie gebunden und damit vererbbar“, erklärt der Vorstand des Landesverbands Wohneigentum.

Aber auch ein sogenanntes Umkehrdarlehen oder eine Leibrente kämen infrage. Nicht zuletzt könne man sich auch dafür entscheiden, die Immobilie zu verkaufen und in eine – gekaufte oder gemietete – kleinere Wohnung zu ziehen, meint Martin Asmus, in dessen Kanzlei sich schon einige am Teilverkauf interessierte Mandanten haben beraten lassen. Das zu tun ist auch für Rudolf Limmer das einzig Richtige, wenn man sich einmal zum Teilverkauf entschlossen hat. „Wir warnen unsere Mitglieder eindringlich davor, einen Vertrag zu unterzeichnen ohne vorher einen eigenen Anwalt oder Steuerberater zu Rate gezogen zu haben“, erklärt er.

Denn gerade bei der Vertragsgestaltung gebe es nicht nur deutliche Unterschiede, sondern auch wichtige Punkte zu beachten, um spätere Enttäuschungen zu vermeiden. Neben dem aktuellen Wert der Immobilie, der von einem unabhängigen Gutachter ermittelt werden sollte, gelte es etwa, den Wertzuwachs zu berücksichtigen, der durch die geplante Maßnahme, aber auch aufgrund der allgemeinen Wertsteigerung zu erwarten ist. Problematisch sei es aber auch, wenn für einen späteren Verkauf ein Mindestwert vereinbart wurde, der dann aber nicht erzielt werden kann. „Dann trägt man als Verkäufer ganz allein die Konsequenzen“, so Limmer.

Werbeversprechen nicht haltbar

Doch wie funktioniert der Immobilien-Teilverkauf nun ganz konkret? „So, wie man aufgrund der Fernsehspots manchmal den Eindruck hat, dass man also das Haus renovieren und sich gleichzeitig ein neues Auto kaufen und auf Weltreise gehen kann, ist es definitiv nicht“, warnt der Präsident des bayerischen Wohneigentumsverbands vor falschen Vorstellungen. Denn dafür, dass man das man das Wohn- bzw. Nießbrauchrecht der Immobilie behält, wird ein monatliches Nutzungsentgelt fällig, das im Grunde einer Miete entspricht.

Dessen Höhe wiederum orientiert sich am aktuellen Zinsniveau und bewegt sich zurzeit zwischen fünf und sieben Prozent pro Jahr. Rudolf Limmer rechnet vor, was das konkret für eine Immobilie mit einem Zeitwert von 400 000 Euro, einem 25-prozentigen Verkauf und einer Nutzungsgebühr in Höhe von sechs Prozent bedeuten würde: „Ich bekomme 100 000 Euro, muss dann dafür aber 500 Euro pro Monat oder 6000 Euro jährlich bezahlen, was sich bereits in zehn Jahren auf 60 000 Euro summiert.“

Zudem müssen sämtliche Kosten für die Renovierung und Instandhaltung auch weiterhin in voller Höhe vom Verkäufer getragen werden. Natürlich ist ein Rückkauf möglich – entweder durch einen selbst oder aber später durch die Erben. In diesem Fall aber wird nicht nur der aktuelle Marktwert, sondern in aller Regel auch eine hohe Abwicklungsgebühr fällig – genauso übrigens wie bei einem Komplettverkauf an Dritte. Zu beachten sei außerdem, dass auch die Aufteilung der Immobilie, die inklusive der Festlegungen ins Grundbuch eingetragen wird, zu einem Wertverlust führen kann, wie Rechtsanwalt Martin Asmus erläutert.

Das alles gilt es zu bedenken, bevor man sich für einen Teilverkauf seines Hauses entscheidet. Deshalb sollte man sich genau informieren und sich auf jeden Fall beraten lassen – ein Angebot, das beispielsweise auch die Verbraucherzentrale sowie der Haus- und Grundbesitzerverein mit Sitz an der Weißenburger Straße machen. Interessenten steht zudem der Landesverband Bayern des Verbandes Wohneigentum (Max-Planck-Straße 9, 92637 Weiden) zur Verfügung, der über die Internetseite des Verbands Wohneigentum Bayern erreichbar ist. Er sendet auf Anfrage gerne den Flyer „Geht aufs Haus“ zu, in dem die verschiedenen Verrentungsmodelle von Immobilien mit ihren Vor- und Nachteilen dargestellt sind.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
 
 

Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Um diesen Artikel zu lesen benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.