BND hat Gespräche aufgezeichnet

Abgehört: Russen funken über ihre Morde in der Ukraine – diese berüchtigte Söldnergruppe war am Butscha-Massaker beteiligt

Weitere Massaker erwartet. Regierung in Kyjiw warnt vor russischer Großoffensive im Osten

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Ein Schild warnt vor Minen in Borodjanka, die die russischen Truppen zurückgelassen haben.
Ein Schild warnt vor Minen in Borodjanka, die die russischen Truppen zurückgelassen haben.ZUMA Press Wire/dpa/Celestino Arce Lavin

Der Bundesnachrichtendienst (BND) scheint genau zu wissen, was sich bei den russischen Truppen in der Ukraine abspielt - einschließlich der Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung. Wie der Spiegel berichtet, wurde entsprechender russischer Funkverkehr abgehört und aufgezeichnet..

Der deutsche Auslands-Nachrichtendienst hat demnach Funksprüche russischer Militärs abgefangen, bei denen über Morde an Ukrainern in Butscha gesprochen wurde. Einzelne Funkgespräche seien so detailliert, dass man sie Leichen zuordnen könne, die nach dem russischen Abzug aus der kleinen Stadt bei Kiew gefunden worden waren.

Beispielsweise soll ein Soldat einem anderen über Funk berichtet haben, wie er und seine Kameraden einen Menschen vom Fahrrad geschossen hätten. Das Bild des Toten, der offenbar wochenlang liegengelassen worden war, ging um die Welt.

Bei einem anderem Funkspruch soll gesagt worden sein, man befrage gefangene ukrainische Soldaten erst und erschieße sie dann.

Russische Söldner als Verdächtige

Laut Spiegel hat der BND seine Erkenntnisse den zuständigen Parlamentariern mitgeteilt. Sie sollen auch belegen, dass Söldner des russischen Militärunternehmens „Wagner Gruppe“ maßgeblich an dem Gemetzel beteiligt waren.

Inzwischen mehren sich laut verschiedener Quellen die Hinweise, dass Massaker an Zivilisten zum erwünschten Teil russischer Kriegsführung werden, um deren Moral und Widerstandswillen zu brechen.

So berichtete ein ehemaliger ukrainischer Innenminister, in Hostomel seien elf tote Zivilisten in einer Garage gefunden worden, erschossen von russischen Soldaten. Der Ort nordwestlich der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw mit ihrem Militärflughafen war eines der ersten Ziele der russischen Invasion, war heftig umkämpft.

Nach dem fluchtartigen Rückzug der Russen hatte die lokale ukrainische Militärverwaltung am Dienstag erklärt, man vermisse 400 Einwohner und suche jetzt Keller ab.

Die Entdeckung weiteren Grauens wird in der Stadt Borodjanka erwartet, keine 40 Kilometer nordwestlich von Kyjiw. Was sich in der seit Wochen und weiterhin belagerte und umkämpfte, weitgehend zerstörte Großstadt Mariupol am Asowschen Meer abgespielt hat, wird sich voraussichtlich nicht schnell klären lassen.

Jenseits bekannter Verbrechen wie die Beschießung einer Geburtsklinik und die Bombardierung eines Theaters voller Schutzsuchender im Keller gibt es Stimmen, die dort besondere bestialische Übergriffe auf die Zivilbevölkerung durch mit Russland verbündete tschetschenische Verbände befürchten.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von Tausenden Vermissten im ganzen  Land.

Ukrainische Regierung fordert zur Flucht aus dem Osten auf

Seine Regierung hat unterdessen die Menschen im Osten des Landes aufgefordert, schnellstens in Richtung Westen zu flüchten. Man erwarte speziell im Donbass eine erneute russische Offensive. Russische Truppen, die nach ihrem Zusammenbruch im Norden abgezogen worden waren, sollen in den Osten geschafft worden sein.

Die Ukraine verlangt deshalb weitere Unterstützung mit Waffen und schärfere Sanktionen gegen Russland. In diesem Zusammenhang gab es erneut eine Auseinandersetzung des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk mit Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD).

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Sie hatte erklärt, die Ukraine bestehe auf Geheimhaltung bei deutschen Waffenlieferungen. Melnyk reagierte in einer ARD-Talksendung so: „Das stimmt nicht. Das ist die Linie, für die sich die Ministerin entschieden hat.“

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte bei Nato-Beratungen in Brüssel, das Bündnis werde sich um verstärkte, besser koordinierte Waffenlieferungen kümmern.