Goldforelle vorbereitet zum langen Reifen E D I T O R I A L — Dirk Eicken Der Mai Die Reise im April nach Korea hat unsere Ahnung bestätigt und noch einmal deutlich vor Augen geführt: Wer die Essenz k
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Goldforelle vorbereitet zum langen Reifen
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E D I T O R I A L — Dirk Eicken
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Der MaiDie Reise im April nach Korea hat unsere Ahnung bestätigt und noch einmal deutlich vor Augen geführt: Wer die Essenz koreanischer Esskultur verstehen möchte, sollte zunächst alles vergessen, was er an Kochschulen gelernt hat oder was er von feiner Küche erwartet. Wirklich alles. Neu anfangen, bei Null, sonst wird das nichts. Wir waren dieses Mal richtig schick essen. Serviert wurde eine Schale Reis. Obenauf lagen ein paar Streifen Rettich. Daneben eine Schale mit brauner Brühe. Als drittes ein kleiner Teller mit ein paar Stücken von unterschiedlichem KimChi. Das wars. Wirklich nicht viel. Kein Gericht mit feinen Zutaten. Es waren ein paar Dinge, die noch nicht mal so richtig die Handschrift eines Koches trugen. Es war irgendwie nichts. Lapidarer Reis, ungewürzter Rettich, lauwarme Brühe, gut, okay, sie war ganz ordentlich abgeschmeckt, aber mehr auch nicht. Und da lag KimChi, ja, in vorzüglichster Qualität, richtig, aber was hat das mit Kochen zu tun? Reis, Brühe, KimChi, soll das feine Küche sein? Was soll daran großartig sein? Wenn wir trotzdem behaupten, dass dieses Gericht die Essenz hoher koreanischer Esskultur darstellt, und dahinter viel Wissen, Erfahrung, Zeit und Aufwand stehen, dann geht das nicht im herkömmlichen Kriterienkatalog - den muss man in die Tonne hauen.
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In Korea begann früher das Kochen allein mit Bohnen und Gerste, wenns hoch kam war etwas Reis dabei. Die wurden in die Erde verbuddelt, man hat gewartet und daraus die drei Zutaten gären lassen, die beinahe ausschließlich in der koreanischen Küche verwendet werden: Sojasauce, fermentierte Bohnenpaste und fermentierte Chili-Paste. Mehr Zutaten hatte man nicht. Die ganze Batterie von Gewürzen – gab es nicht. Butter, Milch, Sahne – gab es nicht. All die Schäume und Saucen, die daraus gebastelt werden – gab es nicht. Backen, Aufläufe und überhaupt Backöfen – Fehlanzeige, hatte man nicht. Die Menschen besaßen nur ein minimales Equipment, aber haben mit unendlich viel Fleiß und Hingabe die Natur getrocknet, entgiftet, fermentiert und in aufwendigen, mitunter langen Prozessen für den Menschen aufgeschlossen und schmackhaft werden lassen. Diese Arbeit und dieses Wissen sieht man den Gerichten nicht an. Ein unendlich enger Bezug zur Natur, darin drückt sich ihre ganze Dankbarkeit aus. Du spürst die Bescheidenheit, und schmeckst die Liebe zur Erde, du hörst die Geduld und das Vertrauen auf reifende Aromen, und fieberst beim Warten mit, bis endlich die Natur soweit ist, und du dann feststellen darfst: schau mal, was sie getan hat! Jaaah wenn alles das die Speise dir berichtet – dann gehts um mehr als eine gute Produkteküche, dann gehts um unser Verhältnis zur Natur. Sie schaut dich an, und nicht umgekehrt. *
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Garten - auf die Plätze - los.Plötzlich passiert alles auf einmal. Sesam wird vorgezogen, Pflanzen werden eingesät, Waldknoblauch, Giersch, Brennnessel und Kiefernadeln gesammelt - naja und der ganze Rest ruft: mähen, Unkraut beseitigen, um die Beeren und die Blumen kümmern, Kompost umsetzen, Frostschäden begutachten. Ja, auch wir haben ein paar Frostschäden, allerdings längst nicht so schlimm wie bei einigen unserer Winzer. Alexander Gysler hat uns berichtet, dass eine seiner Lagen zu 100%, eine andere Lage zu 50% erfroren ist. Auch von anderen deutschen und österreichischen Winzern hören wir ähnliche Horrorgeschichten. Das ist richtig bitter. Die Erde zeigt mal wieder, wo der Hammer hängt.
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Menü zum FrühsommerDer Sommer hat sich mächtig angekündigt, die Natur bietet jetzt tolle Sachen, die wir natürlich gerne ins Menü reinschmuggeln. Spargel und Waldknoblauch (fast schon vorbei), frischer Giersch usw. Also ab sofort sind die Menüs geändert und auch die Getränkebegleitung neu zusammengestellt. Im veganen Menü ist der Höhepunkt ein “Santze Bibimbab” nach alter Art. Korea ist ein bergiges Land und hatte früher nicht ausreichend Anbauflächen. Die Nahrungsmittel waren knapp, Hunger war ein ständiger Begleiter, und so gingen die Menschen in die Berge und sammelten wildes Gemüse und Pflanzen, haben sie genießbar und schmackhaft gemacht und daraus ein veganes Bibimbab gezaubert. Eine herzergreifende, aber auch wundervolle Geschichte und Grund genug, ein solches Bibimbab nachzuempfinden, mit Kräutern, Unkräutern und jungem Frühlingsgemüse.
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KimChiNewsWer erinnert sich an unseren Marktstand in der Markthalle Neun während des Lockdowns? Damals gab es unterschiedliche KimChi’s und Jinok war die “KimChi-Botschafterin von Berlin”. Nun gibt es wieder zwei neue KimChi-Varianten, nicht in der Markthalle, sondern im Menü. Das eine ist nach Art von Jinok’s Mutter, die aus Nordkorea geflohen war und dieses Rezept mitbrachte: KimChi in einem Rindfleisch-Fond angesetzt und fermentiert - mild und tiefgründig umamireich. Die andere Variante ist vegan, Chinakohl fermentiert in einem Hokaido-Fond - ein neues Experiment, frisch und klar im Geschmack. Tja, was soll man sagen? Kommen, probieren und Gänsehaut bekommen…
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PersonalWir haben annonciert und suchen zwei tolle Menschen. Für die Küche eine Person, die neben der Dinnerzubereitung auch Lust in den Fingern verspürt, bei der Entwicklung von Fermentationen und neuen Gerichten mitzuwirken. Im Service eine Person, die richtig viel Lust hat, unsere Gäste zu verwöhnen, ihnen unsere Philosophie nahezubringen und keine Angst vor Naturweinen hat. Wer jemanden kennt, sofort Bescheid geben - solange die Stellen vakant sind.
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im Fermentationsraum von Onjium, Seoul
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Herzliche Grüße aus dem NaNum
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