Köpenick: Wassersportler demonstrieren gegen den Motorboot-Wahnsinn in Berlin

Ohne Führerschein nur noch bis 5 PS: Ruderer, Paddler und auch Segler fordern mehr Verkehrssicherheit.

Am Sonntag demonstrierten motorlose Wassersportler gegen den PS-Wahnsinn auf den Berliner Wasserstraßen in Köpenick.
Am Sonntag demonstrierten motorlose Wassersportler gegen den PS-Wahnsinn auf den Berliner Wasserstraßen in Köpenick.Gerd Engelsmann

Es war ein seltener Augenblick in Köpenick: Für einige Zeit war am Sonntag kein Motorbootlärm zu hören. Die Wasserschutzpolizei hatte die Dahme vor dem Bereich des Rathauses in der Altstadt gesperrt. Nach einer Sternfahrt versammelten sich Hunderte Menschen in Ruderbooten, Kajaks, Kanadiern und Segelbooten. Sie demonstrierten für mehr Sicherheit auf dem Wasser – sowie gegen die Rücksichts- und vor allem Ahnungslosigkeit vieler Motorbootfahrer. Polizei und Veranstalter zählten rund 500 Teilnehmer.

Bereits im Februar 2022 reichten Wassersportler eine Petition mit mehr als 1500 Unterschriften und etwa 2000 Online-Unterstützern beim Abgeordnetenhaus ein. In ihrer Petition, die von Mitgliedern der Treptower Rudergemeinschaft aufgesetzt wurde, fordern sie unter anderem mehr Polizeikontrollen auf dem Wasser und zwei motorbootfreie Sonntage im Jahr. „Wir haben nichts gegen Motorbootfahrer, die sich an die Regeln halten. Die sind unsere Verbündeten“, sagte Erik Haase von der Treptower Rudergemeinschaft bei der Kundgebung. An den motorbootfreien Tagen, schlug Haase vor, könnten die etwa 60 Ruder-, 60 Kanu- und 100 Segelvereine Berlins ihre Türen öffnen „und die Schönheit des muskelbetriebenen Sports zeigen“.

Die für die Wassersportler wichtigste Forderung in der Petition besteht allerdings in der Senkung der Führerscheinpflicht zurück auf 5 PS. Denn das Hauptproblem sind in den Augen der Sportler PS-starke Mietboote, für die kein Führerschein erforderlich ist. Regeln auf Wasserstraßen würden daher oft missachtet.

Vor zehn Jahren hatte das Bundesverkehrsministerium das Fahren eines Motorbootes bis zu einer Leistung von maximal 15 PS ab einem Alter von 16 Jahren ohne Führerschein erlaubt. Bis dahin lag die Führerscheinfreigrenze bei nur 5 PS. Seitdem stieg die Zahl der Verleiher von Motorbooten und Partyflößen rasant – und entsprechend voll wurde es auf den Gewässern. „Die Berliner Gewässer werden immer mehr zu Party- und Eventflächen“, stellte auch Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik im Juni im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses fest.

Ausschüsse des Berliner Abgeordnetenhauses behandeln die Petition

Wasserschutzpolizisten berichten, dass Kunden von Verleihern zwar knapp eingewiesen werden, aber dennoch keine Ahnung von den Regeln auf dem Wasser haben. Im vergangenen Jahr schrieb die Wasserschutzpolizei in Berlin allein wegen Verstößen gegen die Verkehrsregeln oder wegen fahruntüchtiger Gefährte 966 Ordnungswidrigkeiten. Die Polizisten führten in Berlin 8077 Sportbootkontrollen durch. Doch einige Rennboot- und Jetskifahrer beeindruckt das nicht, obwohl auf den meisten Wasserstraßen Berlins die Höchstgeschwindigkeit bei 10 oder 12 km/h liegt.

In der Petition fordern die Wassersportler, dass das Abgeordnetenhaus den Senat beauftragt, sich beim Bundesverkehrsministerium für eine Ausnahme in der Schifffahrtsstraßenverordnung einzusetzen: Auf den Hauptstadtgewässern mögen wieder 5 PS für Boots-Laien gelten. Die Petition wird inzwischen von den zuständigen Ausschüssen des Abgeordnetenhauses behandelt.

Manche Politiker von Linkspartei bis zur CDU betrachten das Anliegen wohlwollend und waren auch bei der Kundgebung am Sonntag anwesend. „Wasser, Natur und Wasserstraßen sind für alle da“, sagte der CDU-Abgeordnete Maik Penn am Rande der Veranstaltung. Er lobte, dass die Initiative sich ausdrücklich nicht gegen „motorisiert“ richte, „sondern gegen alle die es übertreiben, die rücksichtslos unterwegs sind.“ Als die Ruderer und Kanuten anschließend gemeinsam zum Müggelsee paddelten, machte ihnen in Friedrichshagen der Linke-Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi seine Aufwartung. Er drückte seine Solidarität mit den Sportlern aus.