Haushaltsstreit: Sozialverbände warnen vor Sozialkürzungen und den Folgen für die Demokratie

Sozialverbände warnen davor, die Kindergrundsicherung mit Kürzungen der Sozialausgaben auszusetzen.
Quelle: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa
Berlin. Vertreter der Sozialverbände haben angesichts des Streits um die Bundeshaushalte 2023 und 2024 vor Einsparungen bei den Sozialausgaben und den Folgen für die Demokratie gewarnt. Solche Einschnitte hatte vor allem der Unionsfraktionsvorsitzende Friedrich Merz gefordert.
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Wir können jetzt nur hoffen, dass möglichst schnell Planungssicherheit entsteht und nicht der Sozialstaat geschreddert wird. Und wir plädieren sehr dafür, dass die Schuldenbremse reformiert wird, sodass Investitionen auch über Kredite finanziert werden können. Sonst fliegen uns dieser Staat und diese Gesellschaft um die Ohren.“
Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, sagte dem RND: „Wir brauchen jetzt mehr denn je einen starken Sozialstaat und eine starke Regierung, die den Menschen das Gefühl gibt, die Lage im Griff zu haben. Denn wir haben ohnehin schon eine Situation, in der das Vertrauen in unseren Staat und seine sozialen Sicherungssysteme schwindet.“ Der enorme Zulauf zur AfD sei dafür nur ein Indiz und befeuere die Spaltung der Gesellschaft.
Appell für Kindergrundsicherung und Wärmewende
Engelmeier mahnte: „Was wir jetzt brauchen, ist eine breite parlamentarische Zusammenarbeit. Deshalb heißt unser Appell: Die Schuldenbremse muss ausgesetzt werden.“ Ferner benötige der Staat mehr Einnahmen, um den Sozialetat dauerhaft stemmen zu können. Dafür müssten die „starken Schultern“ wie „Reiche, Spitzenverdienende und Unternehmen, die zuletzt fette Übergewinne gemacht haben“, beitragen.
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Quelle: dpa
Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland, Verena Bentele, erklärte: „Trotz knapper Kassen ist es an der Zeit, einen zukunftsfähigen Kurs einzuschlagen. Die Bundesregierung muss in der Haushaltspolitik die richtigen Prioritäten setzen. Investitionen in die Zukunft wie die Kindergrundsicherung oder die Wärmewende dürfen nicht der Finanzdisziplin geopfert werden.“ Ganz oben auf der Agenda müsse der Kampf gegen Kinderarmut stehen. Drei Millionen Kinder seien betroffen.
Vermögenssteuer für besonders Reiche
„Die Regierung sollte die Gießkanne ins Regal stellen und stattdessen zielgerichtet dort fördern, wo es am nötigsten ist – bei den armen Menschen“, so Bentele weiter. „Sonst verspielt sie massiv Vertrauen in die Politik.“ Mit der Einführung einer Vermögenssteuer könne man Multimillionäre und Milliardäre stärker an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligen.
Die Präsidentin des Deutschen Caritas-Verbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, sagte schließlich: „Das soziale Netz besteht aus vielen Fäden, die eng geknüpft werden müssen, damit die Menschen Sicherheit empfinden. Wird das Netz löchrig – etwa, weil an der sozialen Infrastruktur gespart wird –, hat das auch für unser Zusammenleben und unsere Demokratie Folgen.“
Merz hatte in der ARD gesagt, um die nach dem Verfassungsgerichtsurteil entstandene Haushaltslücke zu schließen, solle die Regierung auf die Kindergrundsicherung, das Heizungsgesetz und ein höheres Bürgergeld verzichten. Es gehe eben „nicht mehr alles“.