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Das Zentrum für Gentechnik und Biotechnologie wurde am 1. Juli 1986 von Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz eröffnet und ist zu einer der Stärken des Landes im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie geworden. Foto: Orfilio Peláez

Das Zentrum für Gentechnik und Biotechnologie (CIGB), das seit Beginn der Pandemie in den Kampf gegen COVID-19 einbezogen war, stellte dem nationalen Gesundheitssystem nicht nur seine Kapazitäten zur Herstellung von rekombinantem humanem Interferon Alpha 2B zur Verfügung, sondern analysierte auch neuartige Moleküle und unterbreitete den kubanischen Ärzten seine Forschungsergebnisse bezüglich deren Entwicklung, die in dieser wissenschaftlichen Einrichtung der Unternehmensgruppe BioCubaFarma durchgeführt wurden.

Eines der Beispiele, die in den letzten Wochen in der Presse am weitesten verbreitet wurden, ist das sogenannte CIGB-258, dessen in klinischen Studien verifizierter Wirkmechanismus darauf hindeutete, dass er sich positiv auf die Behandlung eines bestimmten Stadiums der gefährlichen Krankheit auswirken könnte.

Frau Dr. Gillian Martínez Donato, Forscherin am CIGB und Leiterin dieses wissenschaftlichen Projekts, beantwortete Granma die folgenden Fragen zu den bisher in Kuba gesammelten Erfahrungen mit der Verwendung dieses Produkts und den Eigenschaften, die seine Einbeziehung in den Kampf gegen das ansteckende neue Coronavirus bewirken.

–Was ist CIGB-258?

–Es handelt sich um ein immunmodulatorisches Peptid, das vom zellulären Stressantwort-Protein HSP60 abgeleitet ist, das unter dem englischen Begriff heat shock protein 60 bekannt ist. Das oben genannte Molekül wurde mit bioinformatischen Werkzeugen entwickelt und wird durch chemische Synthese erhalten.

Es hat Funktionen, die mit der Regulierung des Immunsystems verbunden sind. Dieses Protein erhöht seine Konzentration bei Virusinfektionen und Entzündungsprozessen. Die von HSP60 abgeleiteten Peptide (Proteinfragmente mit niedrigem Molekulargewicht) können ein Gefahrensignal für das Immunsystem sein und bewirken, dass dieses eine Reaktion zur Beseitigung der Krankheitserreger auslöst.

„Andere HSP60-Peptide haben eine immunregulatorische Funktion, und sobald die Krankheitserreger eliminiert sind, helfen diese Peptide, das Ausmaß der Entzündungsreaktion zu regulieren. Das CIGB-258 wurde entwickelt, um im Wesentlichen die Mechanismen zu aktivieren, die die Entzündungsprozesse steuern und verringern.

Es wurde gezeigt, dass dieses Peptid sicher ist und in einer klinischen Phase-I-Studie bei Patienten mit rheumatoider Arthritis Wirksamkeit zeigt, indem die mit dieser Erkrankung verbundenen klinischen Symptome, einschließlich Synovitis und Ödem an den Händen der Patienten, verringert werden.

Diese Nachweise werden mit der Abnahme des Entzündungsprozesses in Verbindung gebracht, den das Immunsystem bei dieser Art von Krankheit verursacht. Darüber hinaus wurde bestätigt, dass bei diesen Patienten die Konzentrationen an entzündlichen Zytokinen (vom Immunsystem produzierte Moleküle) abnahmen. Derzeit läuft eine klinische Phase-II-Studie an 187 Patienten mit rheumatoider Arthritis, deren Ergebnisse Ende 2020 vorliegen werden.

–Wieso wurde die Verwendung von CIGB-258 bei COVID-19 erwogen?

–Die Infektion mit SARS-COV-2 hat sich weltweit rasch verbreitet. Während 80% der Infizierten leichte Symptome haben, die denen einer gewöhnlichen Grippe ähneln, oder keine Symptome aufweisen, kann es bei 20% zu einem schwerwiegenden oder kritischen Krankheitsverlauf kommen.

Statistische Daten zeigen, dass durchschnittlich 80% der kritisch kranken Patienten sterben und die Hauptursache in akuter Atemnot liegt. Diese Atemnot wird durch eine übertriebene Entzündungsreaktion des Immunsystems bei Infektion mit dem Virus verursacht. Die wissenschaftliche Literatur nennt diese Art von Reaktion „Zytokinsturm“, da die von den Zellen des Immunsystems ausgeschieden Moleküle abrupt ansteigen.

Ein solches Bild einer Hyperinflammation kann bei Patienten mit COVID-19 einen kardiovaskulären Kollaps, ein Versagen mehrerer Organe und den Tod auslösen.

Unter Berücksichtigung des Wirkungsmechanismus von CIGB-258 im Zusammenhang mit der Regulierung von Entzündungen und der Ergebnisse in klinischen Studien, die die Sicherheit und den Nachweis einer Verringerung von Gelenk- und systemischen Entzündungsprozessen zeigten, präsentierte das CIGB dem Staatlichen Amt für die Kontrolle von Arzneimitteln, Geräten und Medizinprodukten (Cecmed), den Antrag auf dessen Anwendung bei bestätigten Patienten von COVID-19 bei schweren und kritischen Krankheitsverläufen.

Diesem Gesuch wurde stattgegeben und damit begann seine Nutzung in unserem Land.

–Welche Ergebnisse zeitigt die Anwendung dieses Arzneimittels?

–Bis zum 5. Mai hatten insgesamt 31 Patienten eine Therapie mit diesem Peptid erhalten, 12 begannen die Therapie im schwerkranken und 19 in einem kritischen Zustand. Bei schwerkranken Patienten betrug das Überleben nach Behandlung mit CIGB-258 92% und bei kritisch kranken Patienten 73%. Insgesamt betrug das Überleben aller Patienten, einschließlich der schwerkranken und der kritischen, 81%.

Diese Ergebnisse sind wirklich sehr ermutigend, zumal in internationalen Berichten beschrieben wurde, dass die Überlebensrate von COVID-19- Patienten in kritischem Zustand 30% nicht überschreitet. Wir sammeln weiterhin Beweise, um zu Schlussfolgerungen über die Wirksamkeit von CIGB-258 bei COVID-19 zu gelangen.