Comickolumne:Visueller Impact

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Im Kino sind Comicverfilmungen allgegenwärtig. Hier sind die Originale.

Von Christoph Haas

(Foto: N/A)

Was wäre das Kino ohne die Comics! Schon Rudolph Dirks' "Katzenjammer Kids" wurden 1898 auch zu Stummfilmhelden; besonders populär waren - und sind - aber die Superhelden-Verfilmungen. Tat sich das Kino lange schwer, deren Superkräfte angemessen auf die Leinwand zu bringen, macht Computeranimation nun jede noch so spektakuläre Action möglich. Vor allem Marvel hat sich in den letzten elf Jahren mit voller Wucht ins Filmgeschäft geworfen und kann, mittlerweile als Tochter von Disney, mit "Avengers: Endgame" gerade einen Sensationserfolg verbuchen.

Die Avengers wurden 1963 von Stan Lee (Text) und Jack Kirby (Zeichnungen) kreiert, als ein All-Star-Team, in dem im Laufe der Jahrzehnte, bei wechselnder Besetzung, stets einige der wichtigsten Marvel-Helden wie Captain America, Thor und Iron Man vertreten waren. Im letzten Jahr wurde die Serie wieder einmal neu gestartet; das erste Heft und weitere, jüngere Storys sind in der Avengers Collection (Panini) versammelt.

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Eines der klassischen "Avengers"-Abenteuer ist 1971/72 erschienen: In Der Kree/Skrull-Krieg (Panini) gerät das Team zwischen die Fronten einer Auseinandersetzung zweier außerirdischer Völker. Bemerkenswert sind hier die dynamischen, vom großen Vorbild Kirby emanzipierten Zeichnungen von Neal Adams, der zur selben Zeit bei DC der "Batman"-Serie neuen Elan verlieh.

Anfang dieses Jahres kam Robert Rodriguez' Verfilmung des zwischen 1990 und 1995 von Yukito Kishiro veröffentlichten Manga-Klassikers Battle Angel Alita ins Kino. Der Film kann mit der graziösen Rosa Salazar in der Titelrolle und einem gewohnt großartigen Christoph Waltz punkten. Aber auch die Vorlage hat ihren Charme, vor allem in den Action-Sequenzen, wenn die Heldin, eine Cyborg-Version der mittelalterlichen Schildmaid, mühelos über Dächer springt oder sich in Kämpfen bewährt, deren Darstellung allein den Gesetzen maximalen visuellen Impacts verpflichtet ist (Carlsen, vier Bände).

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Netflix hat die Umbrella Academy adaptiert. Die Comicserie ist eine die Kontinente und Künste übergreifende Kooperation, begonnen im Jahr 2008: Szenarist Gerard Way ist Amerikaner und war früher Kopf der Band My Chemical Romance, der Zeichner Gabriel Bá kommt aus Brasilien. In ihrer Serie werden über die Welt verteilt an einem Tag 43 außergewöhnliche Kinder geboren. Sieben von ihnen adoptiert und trainiert ein genialer, exzentrischer Wissenschaftler, Sportler und Unternehmer, hinter dessen Maske sich ein Außerirdischer verbirgt.

Die Weltuntergangs-Suite, das erste Abenteuer der "Umbrella Academy", ist eine schwarzhumorige Science-Fiction-Comedy im Steampunk-Setting; die Gags und irren Wendungen verleihen der Story etwas cartoonhaftes. Über allem schwebt die Frage, ob der Heldenmut sich lohnt. "Ist diese Welt es nicht wert, gerettet zu werden?", fragt ein Mitglied des Teams einmal; dazu sieht man Bilder aus einem völlig heruntergekommenen Red Light District. Noch durchgeknallter und voller Zeitparadoxa ist der Dallas betitelte zweite "Umbrella Academy"-Band, der um die Ermordung John F. Kennedys kreist (Cross Cult).

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Eine Gruppe zukünftiger Super-Schurken, jetzt auch beim TV-Sender SyFy: Die Vorlage für Deadly Class stammt von Rick Remender (Text) und Wes Craig (Zeichnungen) und spielt in San Francisco 1987. Marcus Lopez Arguello stammt aus Nicaragua; er ist Waise und lebt auf der Straße, als er plötzlich das Angebot erhält, in die "Kings Dominion Akademie der tödlichen Künste" aufgenommen zu werden. Eine Eliteschule der besonderen Art, dort werden die Söhne und Töchter von Verbrecherclans aus aller Welt zu Profikillern ausgebildet. Im Nachwort weist Remender darauf hin, dass der Comic von seinen eigenen Gewalterfahrungen als Jugendlicher in Phoenix, Texas inspiriert ist. Zugleich ist "Deadly Class" voller intertextueller Anspielungen. Marcus ist, wie Bruce Wayne alias Batman, traumatisiert vom Tod seiner Eltern; der Leiter der "Akademie" ist das dunkle Gegenbild zu Professor Xavier, der Vaterfigur in Marvels "X-Men"-Comics. Und die "Akademie" selbst, mit ihrer neogotischen Architektur und ihren hochbegabten, der bürgerlichen Welt fernen Eleven erinnert stark an Hogwarts (Cross Cult, bislang zwei Bände).

© SZ vom 20.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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