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Batman-Comics: Gegner gäb's genug

Foto: Panini

Batman-Comics Der Wegducker

Batman ist 80 und hat ein Problem: In seinem Universum läuft ihm der Joker den Rang ab - denn der Dunkle Ritter schmort heute viel zu oft im eigenen Saft.

Was macht eigentlich Batman so? Kann man ja mal fragen, nicht wahr? Hat ja gerade Geburtstag gehabt. 80 ist er inzwischen, theoretisch natürlich, praktisch hat ihn nicht mal Frank Miller über die 70 hinaus altern lassen, ansonsten ist er nach wie vor irgendwo zwischen 30 und 40. Einschränkungen und Gebrechen gibt's somit nicht, also: Was tut der Kerl derzeit? Also: in seinen Comics?

Wie? Dasselbe wie immer? Tststs, da erkennt man schon den Laien - Batman ändert sich natürlich, die Welt ändert sich ja auch. Allein schon die Batmobile: Seit Jahrzehnten dasselbe rote Auto mit 313 aufm Nummernschild - das geht bei Onkel Donald, aber nicht bei Batman. Schauen wir also mal nach: in zwei Bände "Batman Metal", in den "Weißen Ritter" (alles ab 2017 erschienen), in den "Joker-Riddler-Krieg" (2016), "Batman vs. Deathstroke" (2019) sowie in einen Band "Niemandsland" (2000).

Zum Autor

Timur Vermes wurde 1967 in Nürnberg als Sohn einer Deutschen und eines 1956 geflohenen Ungarn geboren. Er studierte Geschichte und Politik und wurde dann Journalist. 2012 veröffentlichte er den satirischen Roman "Er ist wieder da", von dem mehr als eine Million Exemplare verkauft wurden. Auch sein zweiter Roman "Die Hungrigen und die Satten" schaffte es auf Platz eins der SPIEGEL-Bestsellerliste.

Für den SPIEGEL schreibt er über Comics und Graphic Novels.

Als Erstes stellt man fest: Die Zeit der kurzen Geschichten ist vorbei. Die Storyline muss mehrere Hefte überspannen, auch deshalb lassen sich die Geschichten leicht in Sammelbänden bündeln. Hat allerdings den Nachteil, dass man als Einsteiger stets das Gefühl hat, dass einem Informationen fehlen.

In "Batman Metal" etwa forscht Batman nach irgendwas, das ein flüssiges Metall mit ihm angestellt hat. Falkman kennt das Metall, Superman hat für Batman was aufbewahrt, Wonderwoman gibt Batman ein Flammenschwert mit schönem Gruß von den Göttern und dann müssen sie alle in einer Arena kämpfen und werden zu einer Art Transformerroboter - HÄ??!?!? Ich versuche, die Lücken mit Wikipedia zu schließen, mit mäßigem Erfolg. Der zweite "Batman Metal"-Band führt mich in ein Multiversum, in dem Batman munter mit verschiedenen anderen Superhelden verschmilzt, es gibt einen Flashman, einen Green Lantman und staunend lerne ich, dass sie Batman derzeit munter über alles kippen wie Fledermaus-Ketchup. Aber vielleicht war auch der Zeitsprung zu groß.

Versuchen wir's mal mit "Niemandsland", knapp 20 Jahre alt. Gotham City, bekanntlich eine Insel wie Manhattan, wurde von einem Erdbeben zerstört, die Regierung macht das einzig Vernünftige: Sie gibt die Stadt auf, bricht alle Brücken ab, alle Superschurken dürfen sich munter drin tummeln, Lex Luthor übernimmt den Wiederaufbau und der Dunkle Ritter macht sich Sorgen um die Baugenehmigung, während Batgirl im Rollstuhl neben ihm sitzt, sie ist sowas wie Batmans Telefonistin, du lieber Himmel.

Na gut, "Batman vs. Deathstroke" (2019): Deathstroke ist ein Auftragskiller. Damit hat Batman offenbar kein Problem, er sabotiert Deathstrokes Arbeit erst, als der die Vaterschaft für den gerade amtierenden Robin ablehnt. Interessante Prioritäten setzt Batman heute. Vielleicht resigniert er aber auch selber, weil sie mit ihm einfach alles machen können - und auch tun. In "Der Weiße Ritter" stempelt der Joker Batman in wenigen Tagen zum Bösewicht (da staunt selbst Batgirl, mittlerweile wieder gut zu Fuß), im "Joker/Riddler-Krieg" ist Batman allenfalls Statist: Hauptsächlich sorgt sich Riddler um Joker, weil der so gar nicht mehr lacht, es ist zum - Schluss, aus. Gerade mit der Schimpferei.

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Priest, Christopher, Benes, Ed, Pagulayan, Carlo, Hama, Larry, Viacava, Roberto

Batman vs. Deathstroke

Verlag: Panini Verlags GmbH
Seitenzahl: 132
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Man muss sagen: Die letzten beiden Bände sind sogar recht unterhaltsam, zeigen aber auch das Problem auf. Vor allem der Joker ist inzwischen die stärkere Marke, weil er in seinem Irrsinn immer gleich rätselhaft blieb. Batman hingegen zehrt derzeit nur von der Erinnerung an seine starken Phasen. Und die hingen von zweierlei ab: Optik und Realismus.

Die Optik bekam niemand stärker hin als Neal Adams. Gut, die heutigen Zeichner sind durch die Bank überdurchschnittlich. Aber bei ihnen gilt: Viel hilft viel. Viel Action, viel Bodybuilding, viele Superhelden, viele Posen. Es genügt aber nicht, Batman von einem Hochhaus über die Stadt blicken zu lassen. Adams nutzte den Mond, die Nacht, die Schatten, sein Batman war der einzige Lichtblick einer düsteren, zwielichtigen, zwiespältigen Welt. Zusätzlich ist Adams ein Meister der Körperhaltung, sein Batman konnte so entschlossen stehen wie verzweifelt kauern, er zeigte wortlos Wut, Mut, Beherrschung, Geduld. Adams nutzte zudem gern den Moment vor der Action: Batman, bevor er springt, bevor er eine Hürde überwindet. Oft unterschätzt: wie sein Batman lief, elegant und zugleich kraftvoll, so wie Gene Kelly tanzt. Und obwohl Adams' Batman mit die absurdesten Stories bekam, war er doch stets der Batman, dem man sich am bereitwilligsten anvertraut hätte.

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King, Tom, Janín, Mikel, Mann, Clay

Batman: Bd. 4 (2. Serie): Der Joker/Riddler-Krieg

Verlag: Panini Verlags GmbH
Seitenzahl: 196
Für 19,99 € kaufen

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Mit dem Realismus ist das hingegen so eine Sache: Realismus bedeutet, dass Batman sich in einer echten Welt bewegt und sich der Ängste normaler Menschen annimmt. In den Fünfziger-, Sechziger-, Siebziger-, Achtzigerjahren die Furcht vor Diebstahl, Drogen, Erpressung, der Mafia. In der großartigen "Rückkehr des Dunklen Ritters" (1986) schützt Batman Kinder, Nutten vor Gangkriminalität und den Joker bekämpft er, weil der vorgeht wie ein moderner Terrorist, nicht weil er und Joker Beziehungsprobleme haben. Aber genau das ist an Batman heute so enttäuschend: Er befasst sich nicht mit der Welt, nur mit sich selbst.

Dabei gäbe es für ihn mehr Gegner denn je: Pharmahersteller, die US-Patienten mit Opioiden wissentlich in die Sucht treiben. Waffenhändler im Darkweb. Islamistischer Terror. Rechtsextremer Terror, bei dem Polizisten hilfreich zuarbeiten. Kinderpornografie, bei der bizarre Ermittlungsfehler das Vertrauen in die Polizei untergraben. Ein rassistischer Präsident, vom Ausland an die Macht gehackt und abgrundtief verlogen. Clanstrukturen, die auf Einschüchterung setzen, No-Go-Areas - Unrecht, das formal schwer nachzuweisen ist, aber umso realer vorhanden. Kurz: Batmans eigentliche Baustelle.

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Adams, Neal, Haney, Bob, O’Neil, Dennis, Bates, Cary, Dorfman, Leo

Batman: Neal-Adams-Collection: Bd. 3

Verlag: Panini Verlags GmbH
Seitenzahl: 300
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Unser 80-Jähriger duckt sich davor weitgehend weg. Und solange er sich nicht wieder aufs Kerngeschäft konzentriert, sind von der Neuware vor allem die Joker-Experimente am empfehlenswertesten. Neben der sehr unterhaltsamen Anthologie. Und nach, immer noch, der grandiosen Neal-Adams-Collection, deren zweiter Band gerade erschienen ist.

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