Batman Adam West (li.) und Robin Burt Ward (right), hier im Batmobil sitzend, traten in der Fernsehserie von 1966 - 1968 auf, die wegen ihres Klaumauks bis heute Kultstatus erlangt hat. (Bild: The Legacy Collection / Imago)

Batman Adam West (li.) und Robin Burt Ward (right), hier im Batmobil sitzend, traten in der Fernsehserie von 1966 - 1968 auf, die wegen ihres Klaumauks bis heute Kultstatus erlangt hat. (Bild: The Legacy Collection / Imago)

30 Jahre Batman: Der dunkle Ritter war Ikone, Witzfigur und Hoffnungsträger

Jede Zeit bekommt den Batman, den sie braucht – oder verdient. Vor 30 Jahren begann mit «Batman» die moderne Ära des Superheldenfilms. Das nächste Kapitel wird unerwartet spannend.

Nina Jerzy
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Auf der Einladung für die Weltpremiere fehlte der Name des Films, aber jeder Empfänger wusste, was die schwarze Fledermaus auf gelbem Grund bedeutete. Batmans Ankunft in den Kinos am 19. Juni 1989 war ein Grossereignis. Tim Burtons Film läutete wenige Monate vor dem Fall der Berliner Mauer die moderne Ära des Superheldenfilms ein.

Seitdem hat der vielleicht menschlichste der führenden Superhelden auf der Leinwand immer auch seine Zeit widergespiegelt. Da verwundert es nicht, dass der dunkle Ritter in den vergangenen Jahren in der Sinn- und Identitätskrise feststeckte. Zum 30. Geburtstag jedoch erscheint seine Zukunft so spannend wie lange nicht mehr.

«Batman» tritt Siegeszug an

Heutzutage schwer vorstellbar, galt ein Superheldenfilm 1989 als finanzielles Risiko. Der Nachrichtensender CNN warf zur «Batman»-Premiere die Frage auf, ob sich das Studio Warner Bros. mit dem teuren Projekt übernommen haben könnte. 1987 hatte der vierte und vorerst letzte Superman-Film mit seinen billigen Spezialeffekten in gewisser Weise das erste grosse Kapitel der Comicverfilmungen geschlossen, zu dem auch die selbstironische «Batman»-Fernsehserie aus den Sechzigern mit Adam West zählt.

Die Fans aber waren hungrig nach einer Kinoadaption, die dem düsteren Vorbild gerecht wurde. Das zeigte sich spätestens bei der Weltpremiere in Los Angeles, als rund 10 000 Menschen – die meisten junge Männer, viele als Jack Nicholsons Joker verkleidet – die Strassen um die Spielstätte füllten. Einige hatten seit Tagen ausgeharrt. Denn es ging das Gerücht um, dass Warner Bros. den Film unmittelbar nach der Vorstellung für die geladenen Gäste noch einmal für Fans zeigen würde. Was auch geschah.

«Batman» war nicht nur ein Ereignis, sondern auch ein Kassenhit. Der Film spielte weltweit 412 Millionen US-Dollar ein (heute wären das rund 850 Millionen Dollar). Das bedeutete Platz zwei in den globalen Jahres-Charts, hinter «Indiana Jones» und vor «Back to the Future Part II». Da war die Fortsetzung beschlossene Sache. 1992 legten Burton und der Hauptdarsteller Michael Keaton mit «Batman Returns» nach. War Teil eins noch sehr düster, fiel der Nachfolger leichter und Burton-typisch sehr skurril aus. Michelle Pfeiffer schuf mit ihrer Version von Catwoman eine Superheldin, an der Nachfolgerinnen bis heute gemessen werden.

Düster und skurril fiel der zweite Batman-Film von Tim Burton 1992 aus. Michelle Pfeiffers Interpretation von Catwoman setz bis heute die Massstäbe für die Rolle. (Bild: United Archives / Imago)

Düster und skurril fiel der zweite Batman-Film von Tim Burton 1992 aus. Michelle Pfeiffers Interpretation von Catwoman setz bis heute die Massstäbe für die Rolle. (Bild: United Archives / Imago)

Danach wurde es schlicht albern. Das Filmstudio war unzufrieden mit den Einspielergebnissen und drängte in den hedonistischen Neunzigern auf einen höheren Spassfaktor. Joel Schumacher übernahm bei «Batman Forever» (1995) und ersetzte Keaton durch Val Kilmer. Zwei Jahre später erklomm «Batman & Robin» den Gipfel des Klamauks. Arnold Schwarzeneggers leuchtender Mr. Freeze schien direkt von einer Rave-Party zu kommen – und warum George Clooneys Batsuit Brustwarzen brauchte, bleibt wohl ein Mysterium.

Batman nach 9/11

Es dauerte acht Jahre, ehe Batman zurückkehrte. Dann aber markierte er erneut ein neues Kapitel des Superheldenfilms. War Burton noch direkt in die voll ausgeformte Welt von Bruce Wayne eingestiegen, erkundete Christopher Nolan in «Batman Begins» (2005) die Anfänge. Das Trauma der Hilflosigkeit spielte in seiner analytischen «origin story» eine zentrale Rolle.

Damit verarbeitete der Filmemacher indirekt auch die Zäsur der Anschläge vom 11. September 2001. Ein Poster zu «The Dark Knight» (2008) zeigte Batman vor einem brennenden Hochhaus in Gotham City, New Yorks fiktivem Gegenstück. Die düstere Stimmung war dieses Mal nicht der Nachtstunde, sondern dem Rauch geschuldet, der die Sonne verdeckte. Darüber prangte der Spruch: «Willkommen in einer Welt ohne Regeln».

Heath Ledgers Oscar-gekrönte Interpretation des Joker war die Inkarnation des Terrors. Dieser Bote der Apokalypse liess sich nicht bekehren oder bestechen. Er verfolgte nur ein Ziel: Chaos stiften und die Welt in Trümmer legen. «The Dark Knight» wurde zum bisher finanziell erfolgreichsten Film der Reihe. Batmans Tage waren da allerdings bereits gezählt.

Zwei Monate vor «The Dark Knight» hatte «Iron Man» sein Kinodebüt gefeiert. Kalifornische Sonne statt Ostküsten-Nacht, ironischer Waffenfabrikant statt schwermütiger Pistolen-Verweigerer (Batman ist bekannt dafür, fast nie Handfeuerwaffen zu benutzen): Marvel lieferte eine unbelastete Post-9/11-Version des US-Milliardärs im Ganzkörperanzug. Der Hauptdarsteller Robert Downey Jr. war unter denen, die 1989 die «Batman»-Weltpremiere besucht hatten.

20 Jahre später legte Iron Man den Grundstein für die Marvel-Ära in Hollywood, der Batman nichts entgegenzusetzen hatte. Zuletzt wurde Batman von Warner Bros. zum altersweisen Anführer der Avengers-Pendants in «Justice League» degradiert. Ben Affleck erwies dem Franchise den grössten Dienst, als er sich von dem angekündigten Solofilm zurückzog.

Die «Justice League» von Regisseur Zack Snyder, hier mit ihren Mitgliedern Wonder Woman, Cyborg, Batman und Flash konnte an den Kinokassen nicht mit den «Avengers» von der Marvel Konkurrenz mithalten. (Bild: Imago)

Die «Justice League» von Regisseur Zack Snyder, hier mit ihren Mitgliedern Wonder Woman, Cyborg, Batman und Flash konnte an den Kinokassen nicht mit den «Avengers» von der Marvel Konkurrenz mithalten. (Bild: Imago)

Quo vadis, Batman? Im Zeitalter ständiger Reboots und der Superhelden-Dauerberieselung schien das Interesse an einer Neuinterpretation des Caped Crusader allenfalls höflich auszufallen. Dann titelte der Branchendienst «Variety» am 16. Mai 2019: «Robert Pattinson im Gespräch für ‹The Batman›». Der Schauspieler jettete von den Filmfestspielen in Cannes zum entscheidenden Kameratest. Dort überzeugte der Wunschkandidat des Regisseurs Matt Reeves («Planet of the Apes») die letzten Zweifler.

Der Batman für die heutige Zeit

Pattinsons Casting machte «The Batman» mit einem Schlag zum spannendsten Blockbuster-Projekt in Hollywood. Der 33-Jährige verkörpert eine moderne Maskulinität, die das Testosteron-Imponiergehabe der Affleck-Ära hinter sich lässt. Der Brite war 2008 mit der «Twilight»-Vampirsaga zum Star geworden.

Nach dem Hype, bei dem auch sein Privatleben erbarmungslos ausgeschlachtet wurde, konzentrierte sich der Schauspieler klugerweise auf die künstlerische Seite seiner Karriere. Er verzichtete wie seine «Twilight»-Kollegin Kristen Stewart darauf, noch mehr Geld zu scheffeln, und investierte seinen Star-Status in Prestigeprojekte namhafter Regisseure wie David Cronenberg, Werner Herzog und Claire Denis.

Pattinson ist eine seltene Mischung aus Tabloid-Superstar und anerkanntem Charakterdarsteller, was das riesige, überwiegend positive Echo auf seine Besetzung erklärt. Zwangsläufig gab es auch kritische Stimmen, die vor einem unausweichlichen Fiasko warnten. Das hat aber seit Michael Keaton gute Tradition. Selbst Heath Ledger war von Heerscharen aufgebrachter Batman-Fans anfangs als unwürdig eingestuft worden, Jack Nicholsons Joker-Nachfolge anzutreten.

Richtungsänderungen im Genre

«The Batman» soll im Sommer 2021 anlaufen. 20 Jahre nach 9/11 könnte der Auftakt einer geplanten Trilogie dem Superhelden-Genre eine neue Richtung geben. Dieses hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker politisiert und globalisiert. Batman ist bei Reeves allerdings nicht als Weltenlenker, sondern als Noir-Superdetektiv geplant – in gewisser Weise seine ultimative «origin story». Nicht umsonst stand «DC» im Namen des Batman-Verlages DC Comics einst für «Detective Comics».

Dieser Rückzug ins Lokale und Semiprivate könnte zeigen, was Batman heute noch relevant macht. Zwar ist in der Ära Trump ein New Yorker Milliardär, der das Recht in die eigene Hand nimmt, kein unbelastetes Konzept. Gerade deshalb aber könnte ein Mann, der seinen Reichtum zum Wohle seiner Mitmenschen einsetzt, genau der Selfmade-Superheld sein, den das Kino jetzt braucht.