Ein lesbisches Paar aus Berlin hat Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, um eine Eintragung beider Frauen als Eltern ihres gemeinsamen Kindes zu erreichen. Dies ist nach derzeitiger Rechtslage nicht möglich. Das Abstammungsrecht sei aus der Zeit gefallen und müsse dringend reformiert werden, teilte die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) mit. Die GFF sowie die Betroffeneninitiative Nodoption unterstützen die Verfassungsbeschwerde, die im Laufe des Tages beim Bundesverfassungsgericht eingereicht werden sollte.

Die gesetzliche Definition lautet bisher, dass die Mutter eines Kindes diejenige Frau ist, die es geboren hat. Der Vater ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist. Im Falle der Klägerinnen wurde das im März 2020 geborene Kind mit einer privaten Samenspende gezeugt. Rechtlich betrachtet hat es nur eine Mutter. Der Partnerin der Frau, die das Kind ausgetragen hat, bleibt nur die Möglichkeit, das Kind zu adoptieren.

Die GFF nennt dies "eine Zumutung und keine Alternative zur Elternschaft ab Geburt". "Wir haben uns gemeinsam für unser Kind entschieden, teilen uns die Verantwortung und sind eine Familie wie andere auch." Die GFF kritisiert außerdem, dass betroffene Kinder während des langwierigen Adoptionsverfahrens schlechter abgesichert seien – und das "nur, weil ihre Eltern queer sind."

Geplante Ampel-Reform laut GFF möglicherweise nicht ausreichend

Der Mitteilung zufolge blieb der Versuch des Paares, ihre Elternschaft gerichtlich feststellen zu lassen, erfolglos. So wies das Berliner Kammergericht zuletzt einen Antrag zurück. Mithilfe der Verfassungsbeschwerde solle klargestellt werden, "dass die aktuellen Regeln im Abstammungsrecht verfassungswidrig sind, weil sie queere Familien diskriminieren".

Im Koalitionsvertrag hat die Ampel-Regierung eine Reform des Familienrechts festgelegt. Dort heißt es: "Wenn ein Kind in die Ehe zweier Frauen geboren wird, sind automatisch beide rechtliche Mütter des Kindes, sofern nichts anderes vereinbart ist." Im Juli hat sich Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zuversichtlich gezeigt, noch in diesem Jahr einen Gesetzesentwurf vorlegen zu können. Dabei sollte es aber zunächst um "die unkompliziert gelagerten Fälle" gehen. Bei anderen Konstellationen gebe es noch Diskussionsbedarf in der Bundesregierung.

Befürchtungen von GFF und Nodoption zufolge könnten dann beispielsweise Samenspenden von Freunden oder Bekannten nicht umfasst sein. Auch Menschen ohne Geschlechtseintrag oder mit dem Eintrag divers drohten außen vor zu bleiben, teilten die Organisationen mit.

Einem Sprecher des Verfassungsgerichts zufolge sind bereits drei Verfahren zu der Frage anhängig, wie die Nachrichtenagentur dpa meldete. In diesen Fällen hatten jeweils Zivilgerichte Karlsruhe eingeschaltet, weil sie die derzeitige gesetzliche Regelung für verfassungswidrig halten. Unklar ist, wann eine Entscheidung getroffen werden soll.