Städte nachhaltig denken – Merseburg zukunftsfähig gestalten

Welche Perspektiven das Stadtbild von Morgen bietet

Interviewbeitrag vom 13.05.2023

Der bundesweite Tag der Städtebauförderung fand auch am 13. Mai 2023 in Merseburg statt. Der Interviewbeitrag beleuchtet verschiedene Themenbereiche rund um die nachhaltige Stadtentwicklung. 

Mit gerade einmal 35 Jahren ist Ivo Walther ein junges Gesicht in der Leitungsriege der Stadt Merseburg. Seit 2018 entwickelt er als Amtsleiter für Stadtentwicklung federführend neue Konzepte für das künftige Stadtbild Merseburgs. Im Interview gibt der studierte Geograf Einblick in Hintergründe, Potenziale und Zielsetzungen der nachhaltigen Entwicklung von Städten. In seinen Ausführungen zeigt er Besonderheiten für Merseburg auf.


Seit 2018 ist Ivo Walther Amtsleiter für Stadtentwicklung bei der Stadt Merseburg und entwickelt dabei das Stadtbild Merseburgs mit. 

Nachhaltige Stadtentwicklung - Was kann man sich als Nichtfachmann oder Nichtfachfrau darunter genauer vorstellen?

Ivo Walther: Nachhaltig im allgemeinen Wortgebrauch meint langfristig. Nachhaltig in der stadtplanerischen Sicht hingegen bedeutet, dass sowohl ökonomische als auch ökologische und soziale Belange gleich zusammengedacht werden. Dass also kein Bereich hinter einem anderen zurückstecken muss, sondern die Stadt sich in allen drei Bereichen gleichzeitig entwickeln muss.

Kommen wir konkret zu Merseburg: Wie zeigt sich nachhaltige Stadtentwicklung jetzt bereits in Merseburgs Stadtbild?

Ivo Walther: In der Vergangenheit haben wir einen besonderen Bevölkerungsrückgang gehabt. Wir haben seit 1990 ca. 1/3 der Bevölkerung verloren. Das äußert sich darin, dass wir weniger Wohnraumbedarf haben. Dort, wo wir viel Leerstand hatten, haben wir zurückgebaut und aus den bestehenden Gebäudeflächen mehr Grünflächen geschaffen. Das führt dazu, dass auf der anderen Seite die Wohnqualität für die Restbevölkerung steigt. Bei Veränderungen haben wir dadurch mehr Möglichkeiten und können beispielsweise Flächen für Wohnbebauung nutzen oder ihnen anderweitig einen Wert setzen.

Haben Sie Beispiele von erfolgreich geplanter und durchgeführter nachhaltiger Stadtentwicklung in Merseburg?

Ivo Walther: Wir haben die letzten Jahre die Siegfried-Berger-Straße saniert, also einen klassischen, alten Straßenkörper komplett erneuert. Was dabei entscheidend ist: wir haben die Verkehrssituation verbessert und teilweise neue Stellplätze geschaffen. Im Sinne der Nachhaltigkeit haben wir Flächen, die vorher versiegelt waren, teilweise entsiegelt. Dort haben wir klimagerechte Stauden angepflanzt, um mehr Stadtgrün reinzuholen und die Biodiversität zu fördern. Ein anderes gutes Beispiel ist der Westausgang am Hauptbahnhof. Das ist ehemaliges Bahngelände, das die Stadt wieder nutzbar gemacht hat. Damit haben wir zum einen soziale Bedarfe abgedeckt, wie Stellplätze geschaffen. Zum anderen haben wir neue Grünflächen entwickelt. Außerdem stehen dort jetzt Fahrrad-Parkmöglichkeiten. 


Die Erneuerung der Siegfried-Berger-Straße ist ein typisches Beispiel dafür, wie Straßen im Stadtbild heute neu gedacht werden.  


Im Jahr 2018 war die Baumaßnahme in der Siegfried-Berger-Straße abgeschlossen. Seither ist die Verkehrssituation verbessert und auch an umweltfreundliche Bepflanzung wurde gedacht.

Wo sehen Sie Entwicklungspotenziale in Sachen nachhaltige Stadtentwicklung für Merseburg?

Ivo Walther: In allen Bereichen. Wir haben beim Wohnungsbau viele Chancen, weil wir im direkten Umfeld der Großstädte Halle und Leipzig liegen, die einen besonderen Wohndruck haben. Wir können als Entlastungsstadt gut agieren. Auf der anderen Seite haben wir durch die infrastrukturelle Anbindung im Sinne der wirtschaftlichen Entwicklung ein starkes Entwicklungspotenzial, siehe die Nähe zu den Chemiewerken oder eben durch die Infrastruktur. Im Sinne der Ökologie werden wir schätzungsweise innerhalb der nächsten 20 bis 30 Jahre mit der Entwicklung der Saale einen Erholungsraum schaffen. Wir haben viele Konversionsflächen aus der Vergangenheit, die wir modern entwickeln können.


Ivo Walther ist selbst gern mit dem Rad unterwegs und beobachtet mit Bedacht die Veränderungen in der Umwelt.

Welche Vorhaben laufen derzeit und welche Zukunftsideen sind für Merseburg geplant?

Ivo Walther: Wir entwickeln im Moment ein Baulücken-Kataster für die Innenstadt mit dem Ziel, Wohnbauflächen in der Innenstadt zu entwickeln. Ziel ist die Kompaktheit der Stadt anders darzustellen. In der Region haben wir die Aufgabe, den Strukturwandel zu begleiten. Die Erweiterung der Chemiewerke Leuna ist ein wichtiges Thema für die Region. Nicht nur, weil viele Arbeitsplätze und Wertschöpfung entstehen, sondern auch, weil es zukunftsfähige Wertschöpfung ist. Mit dem neuen Werksteil Leuna III sollen Unternehmen angesiedelt werden, die mit grüner Biochemie - also auf Grundlage von nachwachsenden Rohstoffen - die Grundlagenstoffe Gas und Öl substituieren.

Wir blicken gespannt auf die Zukunft Merseburgs, danke für die Einblicke!

 

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Das Interview führte Theresa Looke.