Umsatzsteuer 2019: Wichtige Änderungen im Überblick

Zum Jahreswechsel 2018/2019 sind wieder viele Veränderungen im Umsatzsteuerrecht zu beachten. Wir geben einen kompakten Überblick über wichtige Neuerungen aus Rechtsprechung und Verwaltung in 2018, neue gesetzliche Regelungen für 2019 sowie einen Ausblick auf anstehende Änderungen.

Das ändert sich 2019

Das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften wird zum 01.01.2019 verschiedene praxisrelevante Änderungen bringen.

E-Commerce-Leistungen: Neue Bagatellregelung und Erleichterungen bei Rechnungstellung und Nachweis

Führt ein Unternehmer gegenüber einem Nichtunternehmer eine Rundfunk- oder Fernsehdienstleistung, eine Telekommunikationsdienstleistung oder eine auf elektronischem Weg ausgeführte Leistung ("RFTE-Leistung") aus, ist bisher der Leistungsort unabhängig von der Höhe der ausgeführten Umsätze dort, wo der Leistungsempfänger ansässig ist (§ 3a Abs. 5 UStG). Zum 01.01.2019 wird eine unionseinheitliche Bagatellgrenze i. H. v. 10.000 EUR in § 3a Abs. 5 UStG eingeführt. Danach verlagert sich der Ort der RFTE-Leistung erst dann in das Land, aus dem der Leistungsempfänger stammt, wenn diese Grenze überschritten ist.

Wichtig: Bei der Grenze von 10.000 EUR handelt es sich um einen einheitlichen Betrag, der die RFTE-Leistungen an alle Nichtunternehmer in allen anderen Mitgliedstaaten der EU erfasst.

  • Wurden im Vorjahr (2018) Leistungen dieser Art oberhalb dieser Grenze ausgeführt, ist die Neuregelung für den leistenden Unternehmer unbeachtlich.
  • Hat die Summe der RFTE-Leistungen an Nichtunternehmer in anderen Mitgliedstaaten der EU im Vorjahr aber die Grenze nicht überschritten, ist der Ort der RFTE-Leistungen dann ab 2019 wieder nach § 3a Abs. 1 UStG zu bestimmen und dann am Sitzort des leistenden Unternehmers.
  • Wird im laufenden Jahr (2019) dann die Grenze von 10.000 EUR in der Summe überschritten (nur an Nichtunternehmer in anderen Mitgliedstaaten), verlagert sich der Ort der Leistungen ab dem Umsatz, mit dem die Grenze überschritten wird, wieder in den jeweiligen Ansässigkeitsstaat des Leistungsempfängers.

Hinweis: Hat der leistende Unternehmer in 2018 die Bagatellgrenze nicht überschritten, kann er aber auf die Anwendung der neuen Ausnahmeregelung verzichten.

Durch die 2015 eingeführte Verlagerung des Leistungsorts von RFTE-Leistungen in den (Wohn-)Sitzstaat des Leistungsempfängers (§ 3a Abs. 5 UStG), mussten sich die betroffenen Unternehmer auch mit den Rechnungsvorschriften in den jeweiligen Ländern auseinandersetzen. Hier gibt es jetzt eine erfreuliche Änderung in der MwStSystRL (umgesetzt in § 14 Abs. 7 letzter Satz UStG in der Fassung des „Jahressteuergesetzes 2018“). Danach können Unternehmer, die RFTE-Leistungen erbringen und am MOSS-Verfahren (§ 18h UStG) teilnehmen, Rechnungen nach dem Recht des Mitgliedstaates stellen, in dem sie ihre Teilnahme am MOSS-Verfahren angezeigt haben. Ein in Deutschland ansässiger Unternehmer, der elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen in anderen EU-Staaten erbringt, kann also seine Rechnungen nach den deutschen Vorschriften stellen, wenn er dem BZSt seine Teilnahme am MOSS-Verfahren angezeigt hat.

Durch eine Änderung in Art. 24b der MwStSystRL-DVO (die unmittelbar anwendbares Recht darstellt) gibt es für Unternehmer, die RFTE-Leistungen an Privatpersonen erbringen, zudem Erleichterungen beim Nachweis des Wohnsitzes des Leistungsempfängers: Bis zum Betrag von 100.000 EUR (Nettoumsatz mit entsprechenden Leistungen in allen anderen  Mitgliedstaaten) genügt ab 2019 ein Beweismittel i. S. v. Art 24f MwStSystRL-DVO (z.B. IP-Adresse oder IBAN-Ländercode, nicht ausreichend ist aber alleine die vom Kunden stammende  Rechnungsanschrift). Bislang waren 2 Beweismittel erforderlich. Betrachtet werden die Umsätze des Vorjahres und des laufenden (Kalender-)Jahres. Bislang waren 2 Beweismittel erforderlich.

Hinweis: Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 14.12.2018 zu den o.g. Regelungen Stellung genommen. Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Schreiben haben wir in einer Kommentierung zusammengefasst.

Wegfall der Leistungsfiktion bei Verwertungsgesellschaften

Bisher ist in § 3 Abs. 9 Satz 3 UStG geregelt, dass Verwertungsgesellschaften (z. B. GEMA, VG Wort) und Urheber sonstige Leistungen ausführen. Nachdem der EuGH (Urteil vom 18.01.2017 - C-37/16 (SAWP), Haufe Index 10179728) eine solche Leistungsbeziehung verneint hat, wird in Umsetzung des Unionsrechts die Regelung aufgehoben. Der EuGH hatte dabei entschieden, dass gesetzlich festgelegte Abgaben auf urheberrechtlich geschützte Werke, die Hersteller und Importeure solcher Geräte entrichten, nicht der Umsatzsteuer unterliegen, weil die Inhaber der Vervielfältigungsrechte insoweit keine Dienstleistung i. S. d. MwStSystRL erbringen.

Umsetzung der Gutschein-Richtlinie

Zum 01.01.2019 muss die schon 2016 verabschiedete EU-Richtlinie über Gutscheine in nationales Recht umgesetzt werden. Im Wesentlichen erfolgt dies über Ergänzungen des § 3 UStG:

  • Definition der Gutscheine: In § 3 Abs. 13 UStG werden Gutscheine i. S. d. Regelung definiert. Es handelt sich dann um einen Gutschein, wenn der Inhaber berechtigt ist, diesen an Zahlungs statt zur Einlösung gegen Gegenstände oder Dienstleistungen zu verwenden. Keine Gutscheine i. S. d. Regelung sind Instrumente, die den Erwerber zu einem Preisnachlass berechtigen, ihm aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten.
  • Einzweck-Gutschein: Ein Einzweck-Gutschein ist nach § 3 Abs. 14 UStG ein Gutschein, bei dem bereits bei dessen Ausstellung alle Informationen vorliegen, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen (Leistungsort, Steuersatz). Die Besteuerung erfolgt im Zeitpunkt der Ausgabe bzw. Übertragung des Gutscheins. Die tatsächliche Ausführung der Leistung unterliegt dann keiner Besteuerung mehr.
  • Mehrzweck-Gutschein: Alle anderen Gutscheine, die keine Einzweck-Gutscheine sind, sind nach § 3 Abs. 15 UStG Mehrzweck-Gutscheine. Bei Mehrzweck-Gutscheinen unterliegt erst die tatsächliche Lieferung bzw. die tatsächliche Ausführung der sonstigen Leistung der Umsatzsteuer. Die Ausgabe des Mehrzweck-Gutscheins stellt lediglich einen Umtausch von Geld in eine andere Art von Zahlungsmittel dar und unterliegt noch keiner Besteuerung.

In vielen Fällen werden sich durch diese neuen Regelungen keine Veränderungen ergeben, in Einzelfällen muss jedoch umgedacht werden. So wurden bisher Gutscheine, die den Bezug bestimmter Leistungen bei einem bestimmten Unternehmer ermöglichten, als Anzahlung erfasst, die auch schon eine Umsatzsteuer auslösten. Nach der Neuregelung entsteht in solchen Fällen eine Umsatzsteuer schon endgültig. Die Nichteinlösung eines solchen Gutscheins kann dann wohl auch keine Korrektur der angemeldeten Umsatzsteuer auslösen. Außerdem werden mehr Fälle unter die Einzweck-Gutscheine zu fassen sein, als bisher Anzahlungen bei der Ausgabe von Gutscheinen besteuert wurden. Während es bisher umstritten war, ob bei Ausgabe eines Gutscheins, der die Leistung noch nicht konkret beschrieb, eine Anzahlung zu erfassen war, wird dies nach den Neuregelungen schon als Leistung zu besteuern sein, wenn sich der zutreffende Steuersatz ermitteln lässt.

Neue Regelungen für die Betreiber von elektronischen Marktplätzen

Über elektronische Marktplätze werden immer mehr Umsätze auch durch ausländische Unternehmer ausgeführt. Um das Steuerausfallrisiko zu verringern, werden neue Aufzeichnungsvorschriften und Haftungsregelungen für die Betreiber solcher elektronischen Marktplätze aufgenommen.

  • In der Neuregelung des § 22f UStG werden die Betreiber der elektronischen Marktplätze verpflichtet, persönliche Daten der Unternehmer aufzuzeichnen, wenn die Lieferung im Inland steuerbar ist. Zu diesen Aufzeichnungen gehört auch eine neue Bescheinigung, in der die Finanzverwaltung dem Unternehmer die steuerliche Registrierung bestätigt. Ist der Händler kein Unternehmer, muss der Marktplatzbetreiber zusätzlich das Geburtsdatum aufzeichnen.
  • In § 25e UStG wird eine neue Haftungsnorm für Betreiber solcher elektronischen Marktplätze für die nicht abgeführte Umsatzsteuer der Händler eingeführt. Die Haftung entfällt, wenn der Marktplatzbetreiber seinen Aufzeichnungspflichten nach § 22f UStG nachgekommen ist. Dies liegt insbesondere dann vor, wenn Marktplatzbetreiber die Bescheinigung der Finanzverwaltung über die steuerliche Registrierung des Händlers vorliegen haben, es sei denn, sie wussten oder hätten wissen müssen, dass der leistende Unternehmer seinen steuerlichen Pflichten nicht nachkommt.

Wichtig: Ein elektronischer Marktplatz ist eine Website oder jedes andere Instrument, mit dessen Hilfe Informationen über das Internet zur Verfügung gestellt werden, die es einem Dritten, der nicht Betreiber des Marktplatzes ist, ermöglicht, Umsätze auszuführen (§ 25e Abs. 5 UStG).

Hinweis: Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 17.12.2018 ein Muster für die o.g. Bescheinigung (USt 1 TI) sowie den Antrag zur Erteilung der Bescheinigung (USt 1 TJ) veröffentlicht. Der Antrag kann auch ohne den Vordruck USt 1 TJ per Post oder E-Mail gestellt werden, muss aber die im Vordruck verlangten Angaben enthalten.

Nachtrag: Die Finanzverwaltung hat zwischenzeitlich zur Anwendung der Neuregelungen Stellung genommen (BMF, Schreiben v. 28.1.2019). Außerdem wurde eine Nichtbeanstandungsregelung für die Übergangszeit erlassen (BMF, Schreiben v. 21.2.2019).

Neue Abgabefrist für Steuererklärungen...

Der Unternehmer hat – unabhängig von der Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen – nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung eine Jahressteuererklärung zu übermitteln. Die Abgabefrist für die Steuererklärung endet – erstmalig für die Veranlagungszeiträume ab 2018 - regelmäßig gem. § 149 Abs. 2 AO 7 Monate nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (31.7.2019 für die Veranlagung 2018). Soweit Angehörige steuerberatender Berufe die Erklärungen erstellen, verlängert sich diese Frist regelmäßig bis zum Ende des Februars des übernächsten Jahres.

...wirkt sich auch auf die Zuordnung von Leistungen aus

Die Abgabefrist hat auch einen Einfluss auf die Möglichkeiten des Unternehmers, bezogene Leistungen, die er sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke verwenden möchte, seinem Unternehmen ganz oder nur teilweise zuzuordnen. Grundsätzlich sind Wahlrechte zur Zuordnung von Leistungen zum Unternehmen nur bis zur gesetzlichen Abgabefrist für die Jahressteuererklärung auszuüben oder zu korrigieren (BFH Urteil vom 07.07.2011 - V R 41/09, BStBl 2014 II S. 73).

Allerdings kann es aufgrund einer neuen Entscheidung fraglich sein, ob diese vom BFH ohne unionsrechtliche Grundlage aufgestellte Zuordnungsfrist mit den unionsrechtlichen Grundsätzen vereinbar ist. Der EuGH (Urteil vom 25.07.2018 - C-140/17 (Gmina Ryjewo)) hat bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts für ein sowohl unternehmerisch als auch nichtwirtschaftlich genutztes Grundstück später eine Vorsteuerberichtigung zugelassen, obwohl keine ausdrückliche Zuordnungsentscheidung getroffen worden war. Aufgrund dieser Entscheidung bestehen zumindest gute Chancen, dass der BFH sich bezüglich der starren Zuordnungsfristen neu orientieren muss.

Änderungen in den Formularen

Für den Veranlagungszeitraum 2018 hat die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 11.10.2017, BStBl 2017 I S. 1350) schon im Oktober 2017 eine überarbeitete Fassung der Erklärungsvordrucke für die Jahressteuererklärung vorgestellt. Erstmals sind dabei die früher in der Anlage UR enthaltenen Angaben in den Erklärungsvordruck USt 2 A integriert worden. Der Vordruck der Anlage UR ist damit ab Veranlagungszeitraum 2018 entfallen, die Inhalte sind aber unter denselben Kennziffern den jeweiligen Meldepositionen der Jahressteuererklärung 2 A zugeordnet worden.

Im Oktober 2018 hat die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 8.10.2018, BStBl 2018 I S. 1091) darüber hinaus die Vordrucke für die Umsatzsteuer-Voranmeldung 2019 bekannt gegeben. Eine Änderung ergibt sich bei den Angaben zu den Umsätzen, die dem Reverse-Charge-Verfahren (§ 13b UStG) unterliegen. Hier werden mehrere Zeilen zusammengefasst, sodass sich die Angaben des leistenden Unternehmers zu § 13b-Umsätzen auf nur noch eine Zeile (statt bisher 2), die des Leistungsempfängers auf 3 Zeilen (statt bisher 5) verteilen.

Fristen zum Jahreswechsel

Zum Jahreswechsel 2018/2019 laufen wieder verschiedene Übergangsregelungen oder zeitliche befristete Regelungen aus, die von der Praxis beachtet werden sollten, teilweise sind befristete Regelungen noch verlängert worden.

Organschaft: Vorsicht bei Personengesellschaften!

BFH und EuGH hatten entschieden, dass es gegen die Rechtsformneutralität der Union verstößt, wenn – wie im deutschen UStG – die Einbeziehung von Gesellschaften in einen Organkreis auf juristische Personen beschränkt ist. Soweit es nicht der Steuerhinterziehung oder der Steuerumgehung dient, müssen auch Personengesellschaften grundsätzlich eingliederungsfähig sein. Der BFH hatte dies so umgesetzt, dass eine Personengesellschaft in einen (übergeordneten) Organkreis eingegliedert ist, wenn sich alle Stimmrechte in der Hand des Organkreises befinden. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 26.5.2017, BStBl 2017 I S. 790) hat den UStAE in Abschn. 2.8 UStAE ergänzt und eine Übergangsregelung bis 31.12.2018 aufgenommen, nach der Personengesellschaften bis Ende 2018 nicht zwingend unter den genannten Voraussetzungen eingegliedert sein müssen.

Wichtig: Sind an einer Personengesellschaft nur Personen oder Gesellschaften beteiligt, die einem Organkreis angehören, ist die Personengesellschaft – soweit auch die organisatorische und die wirtschaftliche Eingliederung vorliegen – ab 2019 unselbstständig und damit nicht mehr eigenständiges Unternehmen.

Abschaffung Sonderregelung zum innergemeinschaftlichen Verbringen ("Pommes-Erlass")

Liefert ein Unternehmer an einen anderen Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat Gegenstände, führt dies bei dem liefernden Unternehmer zu einer in seinem Heimatstaat steuerbaren Lieferung (Beförderungs- oder Versendungslieferung), die aber unter den weiteren Voraussetzungen des § 6a UStG als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei ist (§ 4 Nr. 1 Buchst. b UStG). Der Erwerber hat damit korrespondierend im Bestimmungsstaat einen steuerbaren und i. d. R. steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1 Abs. 1a UStG) zu besteuern.

Wenn der liefernde Unternehmer regelmäßig an eine größere Anzahl unternehmerischer Abnehmer in anderen Mitgliedstaaten Lieferungen ausführte, konnte er auf Antrag die Vereinfachungsregelung nach Abschn. 1a.2 Abs. 14 UStAE in Anspruch nehmen und die Gegenstände im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Verbringens (innergemeinschaftliche Lieferung an sich selbst in den anderen Mitgliedstaat und innergemeinschaftlicher Erwerb der gesamten Waren im Bestimmungsland bei dem liefernden Unternehmer) erfassen und dann die Gegenstände im Rahmen einer fiktiv unterstellten Lieferung im Bestimmungsmitgliedstaat dort als steuerbare und steuerpflichtige Inlandslieferung erfassen. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 23.4.2018, BStBl 2018 I S. 638) hat die Vereinfachungsregelung zur Annahme eines innergemeinschaftlichen Verbringens in diesen Fällen aufgehoben, beanstandet es aber bis 31.12.2018 nicht, wenn noch entsprechend dieser Regelung verfahren wird.

Verschärfungen beim grenzüberschreitenden Luftverkehr

Bei grenzüberschreitenden Beförderungen im Personenluftverkehr kann die USt niedriger festgesetzt oder ganz oder teilweise erlassen werden. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 7.2.2018, BStBl 2018 I S. 302) hatte in 2018 besondere Rahmenbedingungen für die Anwendung der Begünstigungsregelungen veröffentlicht. Insbesondere sind die Aufzeichnungsvorschriften präzisiert worden und verfahrensrechtliche Abläufe festgeschrieben worden. Die Grundsätze gelten erstmalig für Umsätze, die nach dem 31.12.2018 ausgeführt werden.

Verlängerung Übergangsregelung zu Konsignationslagerlieferungen

Zum 31.12.2018 wäre eigentlich auch die Übergangsregelung für die Lieferungen über ein sog. Konsignationslager ausgelaufen. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 10.10.2017, BStBl 2017 I S. 1442) hatte unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH die Regelungen bei Lieferungen über ein Konsignationslager neu gefasst. Im Zusammenhang mit diesen Neuregelungen hatte die Finanzverwaltung eine (durch BMF, Schreiben v. 14.12.2017, BStBl 2017 I S. 1673) verlängerte Nichtbeanstandungsregelung bis zum 31.12.2018 mit aufgenommen, nach der Unternehmer aus anderen Mitgliedstaaten unterschiedslos bei Lieferungen über ein inländisches Konsignationslager von einem innergemeinschaftlichen Verbringen mit einer anschließend im Inland steuerbaren Lieferung an den Leistungsempfänger ausgehen konnten. Nach der Rechtsprechung des BFH ist dagegen schon eine Lieferung mit einem Lieferort am Beginn der Warenbewegung in einem anderen Mitgliedstaat anzunehmen, wenn der Abnehmer schon bei Beginn des Warentransports feststeht und sich verpflichtet hat, die Ware verbindlich abzunehmen. In diesem Fall steht eine kurzzeitige Zwischenlagerung in einem Konsignationslager der Lieferung in dem anderen Mitgliedstaat nicht entgegen.

Die Nichtbeanstandungsregelung ist kurzfristig noch einmal bis Ende 2019 verlängert worden (BMF, Schreiben v. 31.10.2018, BStBl 2018 I S. 1203). Hintergrund ist wohl die Anfang Oktober 2018 verabschiedete unionsrechtliche Einigung auf die sog. quick fixes, die ab 2020 unionsrechtlich einheitliche Vereinfachungsregelungen u.a. auch für die Konsignationslagerfälle vorsehen.

Änderungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses zum 31.12.2018

Regelmäßig veröffentlicht die Finanzverwaltung zum Jahreswechsel ein umfassendes BMF-Schreiben, in dem sie an diversen Stellen Überarbeitungen und Anpassungen vornimmt, obwohl der UStAE schon unterjährig an diversen Stellen geändert oder ergänzt worden ist. Neben redaktionellen Anpassungen wird hauptsächlich die schon vorher veröffentlichte Rechtsprechung des BFH mit aufgenommen. In einigen Fällen werden Klarstellungen oder Präzisierungen vorgenommen. Obwohl materiell-rechtliche Änderungen damit nicht verbunden sind, ist die Aufnahme von einigen BFH-Entscheidungen für die Praxis wichtig.

Überblick über die wichtigsten Inhalte des Schreibens

Bagatellregelung zur Zuordnung von Leistungen zum Unternehmen

Gegenstände, die ein Unternehmer sowohl für seine unternehmerischen als auch für seine privaten Zwecke verwendet, können nur dann dem Unternehmen zugeordnet werden, wenn der Gegenstand mindestens zu 10 % für die unternehmerischen Zwecke verwendet werden soll (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Diese im deutschen UStG unbefristet aufgenommene Regelung ist abhängig von einer unionsrechtlichen Ermächtigung. Diese wäre zum 31.12.2018 ausgelaufen. Ganz kurz vor Jahresende wurde nun aber doch noch der Beschluss zur Verlängerung bis zum 31.12.2021 im Amtsblatt der EU veröffentlicht  (Ratsbeschluss v. 20.12.2018, ABl. EU 2018 Nr. L 329/20). Die 10%-Grenze für die Zuordnung zum Unternehmen gilt somit weiterhin.

Weitere wichtige Regelungen und ein Ausblick

Neben den gesetzlichen Änderungen und den auslaufenden Fristen ergeben sich aus der laufenden Rechtsprechung heraus weitere wichtige Beratungspunkte.

Rechnung und Rechnungsberichtigung

Kaum ein Thema hat in den letzten Jahren die Praxis so geprägt, wie die Frage nach der ordnungsgemäßen Rechnung und der rückwirkenden Rechnungsberichtigung. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH muss sich nun auch die Finanzverwaltung mit diesen Fragestellungen beschäftigen.

  • Rückwirkende Rechnungsberichtigung: Zur Vermeidung einer Verzinsung nach § 233a AO kann in bestimmten Fällen eine nicht ordnungsgemäße Rechnung mit Wirkung für die Vergangenheit berichtigt werden. Dazu muss die Rechnung berichtigungsfähig sein, also wenigstens Angaben zum leistenden Unternehmer, zum Leistungsempfänger, der Art der ausgeführten Leistung, der Bemessungsgrundlage und der Umsatzsteuer enthalten.
  • Wichtig: Die Finanzverwaltung wird sich demnächst in einem BMF-Schreiben (News zum BMF-Entwurf) dazu äußern. Voraussichtlich werden darin nur die Vorgaben aus der Rechtsprechung umgesetzt, die unbedingt notwendig sind. Das Stornieren einer alten Rechnung und Neuausstellen einer Rechnung ist keine rückwirkende Rechnungsberichtigung.
  • Ordnungsgemäße Rechnung: Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH sind die Rechnungsbestandteile nur "formelle Voraussetzungen", die den Vorsteuerabzug nicht abschließend ausschließen können, wenn die "materiellen Voraussetzungen" erfüllt sind. Diese in der Praxis kaum umsetzbaren Vorgaben haben aber dazu geführt, dass sich einige Anforderungen an Rechnungen verändert haben. So ist es nicht mehr erforderlich, dass der leistende Unternehmer mit einer Anschrift in der Rechnung steht, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet. Es ist ausreichend, dass eine Adresse erfasst ist, unter der postalische Erreichbarkeit vorliegt (BFH Urteil vom 21.06.2018 - V R 25/15, BFH/NV 2018 S. 1053; inzwischen von der Finanzverwaltung übernommen). Darüber hinaus hat der BFH (Urteil vom 01.03.2018 - V R 18/17, BFH/NV 2018 S. 916) für geringfügige Erleichterungen bei der Angabe des Leistungsdatums in der Rechnung gesorgt. Die Angabe des Leistungszeitpunkts (Kalendermonat nach § 31 Abs. 4 UStDV) kann sich aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben, wenn nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde.
  • Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 21.11.2018 - C-664/16 (Vădan)) verstößt die strikte Anwendung des formellen Erfordernisses, Rechnungen vorzulegen, gegen die Grundsätze der Neutralität und der Verhältnismäßigkeit, da dadurch dem Steuerpflichtigen auf unverhältnismäßige Weise die steuerliche Neutralität seiner Umsätze verwehrt würde. Der Unternehmer muss aber nachweisen, dass er die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt, eine Schätzung durch ein Gutachten kann diesen Nachweis aber nicht ersetzen.

Brexit

Auch wenn es unbequem ist und noch niemand weiß, wie es tatsächlich ausgehen wird: Unternehmer, die Leistungsbeziehungen nach Großbritannien haben, müssen sich Gedanken darüber machen, welche Änderungen sich ergeben, wenn ein „harter Brexit“ stattfinden wird. Insbesondere ergeben sich die folgenden Konsequenzen:

  • Warenlieferungen von und nach Großbritannien sind keine innergemeinschaftlichen Lieferungen/innergemeinschaftlichen Erwerbe mehr. Einfuhrumsatzsteuer- und/ Ausfuhrverfahren müssen eingeplant werden.
  • Es muss eine andere Schlüsselung bei sonstigen Leistungen erfolgen – keine Anmeldung in der Zusammenfassenden Meldung mehr. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers richtet sich nicht mehr nach § 13b Abs. 1 UStG.

Keine Entscheidung des EuGH zur Sollbesteuerung

Der BFH hatte den EuGH angerufen, um klären zu lassen, ob die in Raten auszuzahlende (verdiente) Vermittlungsprovision eines Profifußballspieler-Vermittlers dem Sollprinzip entsprechend schon mit Ausführung der Leistung der Besteuerung unterliegt oder erst, wenn die einzelnen Raten fällig sind. Teilweise wurde darin eine Prüfung der "Sollbesteuerung" gesehen. Der EuGH (Urteil vom 29.11.2018 - C-548/17 (baumgarten sports & more)) hat den Sachverhalt aber über Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL gelöst, nach dem Dienstleistungen, die zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben, jeweils als mit Ablauf des Zeitraums bewirkt gelten, auf den sich diese Abrechnungen oder Zahlungen beziehen. Damit musste der EuGH sich inhaltlich nicht mit den vom BFH vorgelegten Fragen beschäftigen.

Entscheidungen des EuGH

Getrieben wird das Umsatzsteuerrecht von den Entscheidungen des EuGH. In den nächsten Monaten sind wichtige Entscheidungen des EuGH zu erwarten:

  • Die Frage der Steuerbefreiung bei Sportvereinen geht in eine neue Runde. Der EuGH (C-488/18 (Golfclub Schloss Igling e.V.)) muss sich mit der Frage beschäftigen, ob sich Einrichtungen ohne Gewinnstreben unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL berufen können und ob es sich bei „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ um einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff handelt.
  • Beim Zusammenspiel zwischen Kleinunternehmerbesteuerung und Anwendung der Differenzbesteuerung muss der EuGH (C-388/18 (B)) entscheiden, ob zur Prüfung der Gesamtumsatzgrenze bei differenzbesteuerten Umsätzen die Marge oder die tatsächliche Geldzahlung zu berücksichtigen ist. Die Finanzverwaltung geht in Deutschland (seit 2010) davon aus, dass die tatsächliche Geldzahlung in den Gesamtumsatz einfließt. Nachtrag: Der EuGH hat zwischenzeitlich entschieden: Kommentierung des Urteils
  • Der BFH (Beschluss vom 02.08.2018 - V R 33/17) hat den EuGH angerufen um klären zu lassen, ob die Steuersatzermäßigung auf 7 % für die kurzfristige Vermietung von Campingflächen auch auf die Vermietung von Bootsliegeplätzen anzuwenden ist.

Hinweis: Der EuGH hatte in der Rechtssache C-552/17 (Alpenchalets Resorts) auch darüber zu entscheiden, ob die Anmietung und Vermietung von Ferienwohnungen in eigenem Namen unter die Regelung für Reiseleistungen (§ 25 UStG) fällt und ob hier der ermäßigte Steuersatz Anwendung finden kann. Die Richter bejahten die Anwendung der Regelung für Reiseleistungen, schlossen aber den ermäßigten Steuersatz aus (EuGH Urteil vom 19.12.2018 - C-552/17 (Alpenchalets Resorts)).

Kommentierung des Urteils

Nachtrag: Entschieden hat der EuGH zwischenzeitlich über die Steuerbefreiung von Fahrschulunterricht durch eine juristische Person (EuGH Urteil vom 14.3.2019 - C-449/17 (A & G Fahrschulakademie GmbH)). Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass der Fahrschulunterricht nicht unter die Steuerbefreiung für Schul- und Hochschulunterricht fällt.

Kommentierung des Urteils

Ausblick auf weitere Änderungen im Unionsrecht

Ziel der Kommission ist eine vollständige Änderung der Regelungen des Umsatzsteuer-Binnenmarkts. Festgehalten und verstärkt ausgebaut werden soll das Bestimmungslandprinzip. 25 Jahre nach Einführung der – damals vorläufig geschaffenen – Regelungen soll dann der „endgültige“ Binnenmarkt entstehen. Die Kommission hat es sich zum Ziel gesetzt, Regelungsvorschläge für die Umsetzung einer weniger betrugsanfälligen Besteuerung vorzuschlagen. Im Vorfeld dieser Änderungen werden zum 1.1.2020 schon Anpassungen (sog. "quick fixes") vorgenommen (Zustimmung des ECOFIN-Rates erfolgte Anfang Oktober 2018), die folgende Inhalte haben:

  • In Art. 17a MwStSystRL soll eine Vereinfachungsregelung zu den Konsignationslagerfällen eingeführt werden.
  • In Art. 36a MwStSystRL soll eine Vereinfachungsregelung für Reihengeschäfte eingeführt werden.
  • In Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL soll eine neue Fassung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen eingeführt werden. Hintergrund der Regelungen ist, dass der EuGH in regelmäßiger Rechtsprechung die Verwendung der USt-IdNr. des Leistungsempfängers und damit die Möglichkeit der Meldung der Lieferung in der Zusammenfassenden Meldung als eine formale Voraussetzung und nicht als materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung angesehen hatte. Durch die neue Sprachfassung sollen die Identifizierung des Leistungsempfängers und die Aufnahme des Leistungsempfängers in der Zusammenfassenden Meldung zur materiell-rechtlichen Voraussetzung für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung werden. Art. 252 MwStSystRL erhält eine neue Fassung für die Zusammenfassende Meldung.

Wichtig: Die Einführung eines CTP (Zertifizierten Steuerpflichtigen) in Art. 13a MwStSystRL hat die Kommission vorerst fallen gelassen.

Darüber hinaus ist einem Wahlrecht der Mitgliedstaaten zugestimmt worden, für E-Books und E-Papers den ermäßigten Steuersatz anwenden zu können (zur News); eine entsprechende Richtlinie vom 6.11.2018 ist am 14.11.2018 im ABl EU L 286/20 veröffentlicht worden.