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Eine Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit in Düsseldorf berät eine Kundin.

© picture alliance/dpa / Foto: dpa/Oliver Berg

Exklusiv

Prestigeprojekt der Ampel: Start des Bürgergelds zum 1. Januar wackelt – CDU droht mit Blockade im Bundesrat

Streit um Schonvermögen, Sanktionen, Karenzzeit – und der Präsident des Deutschen Landkreistags warnt vor Problemen in den Jobcentern: Der Start des Bürgergelds könnte sich verzögern.

Der für den 1. Januar 2023 geplante Start des Bürgergeldes könnte sich verzögern. Denn die Union will das zustimmungspflichtige Gesetz in seiner bisherigen Form im Bundesrat blockieren, falls die Ampelkoalition nicht zu weitreichenden Zugeständnissen bereit ist.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte dem Tagesspiegel: „Die CDU wird dem so nicht zustimmen können. Ich gehe davon aus, dass wir darüber im Vermittlungsausschuss werden sprechen müssen.“ Czaja kritisierte den Plan, hohe Schonvermögen einzuführen: „Eine vierköpfige Familie soll mit einem Schonvermögen von 150.000 Euro trotzdem Anspruch auf das Bürgergeld haben, während eine andere junge Familie hart arbeitet und Steuern zahlt, um das Bürgergeld zu finanzieren.

Das ist zutiefst unsozial und verletzt alle Grundsätze einer sozialen Marktwirtschaft. Wer arbeitet, muss mehr haben, als der, der arbeiten kann und es nicht tut.“ Auch schaffe es die falschen Anreize, die Heizkosten in vollem Umfang zu übernehmen.

Mario Czaja, Generalsekretär der CDU.
Mario Czaja, Generalsekretär der CDU.

© Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Kommt es tatsächlich zu einem Vermittlungsausschuss, könnte die Reform nach Einschätzung aus Koalitionskreisen nicht wie geplant zum Jahreswechsel in Kraft treten, da dann den Jobcentern die Zeit zur Vorbereitung fehlen würde. Das Bürgergeld soll das bisherige Arbeitslosengeld II ersetzen. Die Ampelparteien wollen höhere Regelsätze, weniger Sanktionen als bisher und deutlich höhere Schonvermögen.

Für eine größere Gruppe von Menschen macht es überhaupt keinen Sinn mehr, sich einer regulären Beschäftigung im deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen.

CDU-Parteichef Friedrich Merz

CDU-Parteichef Friedrich Merz befürwortete in seiner Rede auf dem CSU-Parteitag in Augsburg die Erhöhung der Regelsätze: „Bei zehn Prozent Inflation muss vor allem denen geholfen werden, die ganz unten sind.“ Er kritisierte aber die übrigen Pläne scharf: „Hohes Schonvermögen, keine Beachtung auch eines großen Immobilienbesitzes, eine Karenzzeit von mindestens sechs Monaten, eher 18, bei der nichts nachgefragt wird, nichts mehr erwartet wird. Dafür erhöhte Regelsätze. Mit der Folge, dass es für eine größere Gruppe von Menschen überhaupt keinen Sinn mehr macht, sich einer regulären Beschäftigung im deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen.“

Reinhard Sager (CDU), Präsident des Deutschen Landkreistags, sprach sich indirekt dafür aus, die Reform zu verschieben. „Die Jobcenter sind schon jetzt am Rotieren“, sagte er dem Tagesspiegel. Das Bürgergeld komme „zur Unzeit“, da die Jobcenter aufgrund der Geflüchteten aus der Ukraine und angesichts der drastisch steigenden Energiekosten ohnehin „inmitten der Krisenbewältigung“ stünden. Notwendig sei ausreichend Zeit zur Vorbereitung sowie mehr Geld für Personal und Beratung. „Ich habe nicht den Eindruck, dass der Ernst der Lage bislang hinreichend vom Bund erkannt worden ist“, sagte Sager.

Auch er hält die geplanten Regelungen für zu großzügig: „Zugleich enthält der Gesetzentwurf sozialen Sprengstoff, da der Rahmen der Sicherung des Existenzminimums deutlich überschritten wird. Das lässt sich gegenüber Erwerbstätigen in unteren und mittleren Einkommensgruppen, die mit ihren Steuern zur Finanzierung dieser Leistungen beitragen, nicht mehr erklären.“

Die Personalräte der Jobcenter hatten am Freitag in einem Brandbrief eine Verschiebung wesentlicher Teile der Reform gefordert. Der „Spiegel“ hatte zuerst über den Brief berichtet, in dem vor einer akuten Überlastung der Beschäftigten gewarnt wird.

Die Verfasser:innen des Jobcenter-Brandbriefs befürworten die geplante Erhöhung der Regelsätze zum Jahreswechsel, plädieren aber dafür, die anderen weitreichenden Änderungen erst später in Kraft treten zu lassen. 

Die Überlastung der Jobcenter hatte am Freitag Karl-Josef Laumann (CDU), Arbeits- und Sozialminister in Nordrhein-Westfalen, auch im Bundesrat zum Thema gemacht. Er sagte, die Jobcenter seien „fast nur noch Auszahlungsstellen“, für die Aufgabe, Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sei keine Zeit. Es dürften nicht immer nur weitere Aufgaben in die Jobcenter reingegeben werden.

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