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Meinung „Drecksstaat“

Schimpfen auf den Staat ist noch lange keine Straftat

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WELT-Autor Alan Posener WELT-Autor Alan Posener
WELT-Autor Alan Posener
Quelle: Claudius Pflug
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Ein Student bezeichnete Deutschland als „Drecksstaat“, weil er in Coronazeiten nicht mit seiner Oma Geburtstag feiern konnte. Strafe: 1500 Euro. Zu Recht werden Menschen vor Beleidigung geschützt. Aber der Staat sollte das nicht nötig haben.

Ein Student wird in Bayern wegen Verunglimpfung der Bundesrepublik zu einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt. Er hatte auf Twitter Deutschland als „Drecksstaat“ bezeichnet, weil seine Großmutter während der Pandemie das Altersheim nicht verlassen durfte, um mit ihm ihren 90. Geburtstag zu feiern.

Der Fall wurde von „NiUS“ aufgedeckt. In der Überschrift heißt es, der Student habe „Corona-Deutschland“ als „Drecksstaat“ bezeichnet. Tatsächlich verwendete der Student den Begriff häufig, etwa wenn in seiner Straße ein Baum gefällt wurde, wofür nicht „Corona-Deutschland“, sondern das örtliche Grünflächenamt zuständig war.

Der Fall wirft zwei Probleme auf. Ein praktisches und ein grundsätzliches. Das praktische Problem: Würde man alle Leute belangen, die über den „Drecksstaat“ schimpfen, wären die Gerichte überfordert. Jeder kann den Begriff googeln und erhält viele Beispiele, etwa „Ingo“, der 2011 unter einem Artikel der linken „Tageszeitung“ über Armut in Deutschland schrieb: „Der Drecksstaat soll mich in Ruhe lassen. Ich zahle nicht in die Kassen ein und will auch nichts vom Staat.“

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Einen Bericht über die Strafanzeige des Präsidenten des Verfassungsschutzes, Hans-Georg-Maaßen, gegen das Medium „Netzpolitik.org“ kommentierte Ralph K. 2015 so: „Ein korrupter Drecksstaat war (Deutschland) schon immer ...“ Wenn aber das Zufallsprinzip bestimmt, wer verfolgt wird, sind die Grundsätze der Gleichheit vor dem Gesetz und der Verhältnismäßigkeit verletzt. Das schadet dem Ansehen des Staates viel mehr als das Geschimpfe von Menschen mit niedriger Frustrationstoleranz.

Grundsätzlich aber ist der Paragraf 90a Strafgesetzbuch selbst ein Problem. Dort steht: „Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (…) die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht (…), wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Ein schwieriger Gummiparagraf

Formal geht das Urteil also in Ordnung. Denn 90a ist ein Gummiparagraf. Damit kann man jede übertrieben kritische Äußerung über den Staat kriminalisieren. Zu Recht werden Menschen vor Beleidigung geschützt. Der Staat hat das nicht nötig. Er hat, wie es in der Unabhängigkeitserklärung der USA heißt, die Rechte der Bürger zu schützen. Darunter auch ihre Freiheit, auf den Staat zu schimpfen. Der Paragraf 90a gehört abgeschafft.

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