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Britischer Karikaturist

Wilhelm-Busch-Museum kauft 105 Werke von Gerald Scarfe

Gisela Vetter-Liebenow, Direktorin des Wilhelm Busch Museums, mit Scarfes Sicht auf Donald Trump.

Gisela Vetter-Liebenow, Direktorin des Wilhelm Busch Museums, mit Scarfes Sicht auf Donald Trump.

Hannover. Theresa May steht mit weichen Knien vor einem Wegweiser. „Brexit this way“ steht auf den Schildern, die in Blau, Weiß und Rot in alle Richtungen zeigen. Der Weg der Karikatur dagegen ist klar: Hannover. Das großformatige Werk geht mit 104 anderen Blättern des britischen Starzeichners Gerald Scarfe in den Besitz des Wilhelm-Busch-Museums über.

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Der Londoner, der am Sonnabend 83 Jahre alt geworden ist, vermacht damit erstmals einem Museum einen Teil seiner Werke. Dass es kein britisches Haus ist, sondern ein niedersächsisches, hat wieder einmal mit den guten Draht zu tun, den die Macher und Macherinnen im Wallmodenschlösschen mit ihren ausstellenden Künstlern pflegen. Museumsdirektorin Gisela Vetter-Liebenow hat immer Kontakt zu Scarfe gehalten, der bereits vor zehn Jahren eine große Ausstellung im Haus hatte, im vergangenen Jahr wurden die nun angekauften Stücke bereits gezeigt.

300.000 Euro für 105 Werke

Diese gepflegte Beziehung dürfte nicht nur die Standortwahl beeinflusst haben, sondern auch den Preis, der mit rund 300.000 Euro für das Konvolut „deutlich unter dem Marktpreis“ liegt, wie Joachim Werren, der Vorsitzende der Wilhelm-Busch-Gesellschaft, am Dienstag bei der Präsentation sagte. Finanziert wird der Ankauf durch die Kulturstiftung der Länder, die Nord/LB-Stiftung, die Sparkassenstiftung und die Sparkasse Hannover sowie die Stiftung Niedersachsen. Forschung an, Vermittlung und Dokumentation von Karikatur waren Förderkriterien, aber auch die „Zugänglichmachung“ sei ein wichtiges Kriterium, einen solchen Ankauf zu unterstützen, sagte Markus Hilgert, Generalsekretär der Länder-Kulturstiftung. „Wir fördern nicht fürs Depot.“

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Scarfe ist nicht der erste britische Karikaturist, der dem Museum Wilhelm Busch – Deutschen Museum für Karikatur und Zeichenkunst, wie es mit vollem Namen heißt, den Zuschlag gibt. Das Museum beherbergt seit 2014 Vor- und Nachlass des 2011 gestorbenen Ronald Searle.

Politikbeobachter seit 60 Jahren

Mit den Arbeiten gewinnen die Hannoveraner einen der scharfsinnigsten Beobachter britischer und globaler Politik für ihren Bestand, der sich über 60 Jahre für „Sunday Times“, „Daily Mail“, „New York Times“ oder das „Time Magazine“ an Margaret Thatcher, Tony Blair, George Bush oder Angela Merkel abarbeitete – und nicht davor scheute, seine Protagonisten derbe zu entstellen. Neuere Arbeiten zeigen die EU-Aussteiger Boris Johnson und Nigel Farage, die Royals Meg und Harry – oder Donald Trump, der mit Assad und Putin ein blutiges Schlachtfest veranstaltet.

„Gerald Scarfe hat immer auch wie ein Reporter gearbeitet“, sagt Vetter-Liebenow, „er ist immer wieder zu Orten kriegerischer Auseinandersetzungen und politischer Spannungen gefahren.“ Als besonderes Zeichen des Vertrauens sieht sie die Überlassung einer düsteren Karikatur aus dem Jahr 1964 zur Erschießung des Mauerflüchtlings Peter Fechter. „Das ist sehr wichtig für uns hier“, sagt die Direktorin.

Rockmusikfreunde werden in jeder der stets energiegeladenen Zeichnungen und der markanten Schrift Scarfes Strich erkennen, schließlich ist seine bekannteste Arbeit das Artwork für das legendäre Pink-Floyd-Album „The Wall“ und den dazugehörigen Film von Alan Parker.

Pink Floyd spielt diesmal im Wilhelm-Busch-Museum keine Rolle. Trotzdem ist der Ankauf dieser 105 Werke ein neuerlicher Beweis für die internationale Wertschätzung, die das Wilhelm-Busch-Museum genießt. Einer Stadt, die europäische Kulturkapitale werden will, steht das gut zu Gesicht.

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Von Uwe Janssen

HAZ

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