Das 1961 in Modena gegründete Unternehmen Panini, das vor allem mit Sammelbildern, aber auch mit Comics Millionenumsätze macht, soll wohl einen neuen Besitzer bekommen. Ein US-Investor hat offenbar Interesse an der Firma.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - In der Stuttgarter Deutschlandzentrale erfuhren es die Beschäftigten aus den Zeitungen: Der italienische Panini-Verlag soll vor dem Verkauf an einen Investor aus den USA stehen. „Wir wissen auch nur, was in ,La Repubblica‘ steht“, sagte ein Sprecher aus Stuttgart. Nicht nur diese Zeitung, sondern auch die „Gazzetta di Modena“ berichtet über die mögliche Veräußerung des Herstellers von Sammelkarten und Comics. Eine Bestätigung seitens des Unternehmens gibt es nicht – aber auch kein Dementi. Und man kann unterstellen, dass die „Gazzetta di Modena“ nicht ins Blaue hinein fabuliert – schließlich hat auch Panini seinen Firmensitz in der norditalienischen Stadt.

 

Italienische Medien berichten vom anstehenden Besitzerwechsel

In den vergangenen Tagen habe eine amerikanische Delegation bereits Kontakt zu dem Verlagshaus aufgenommen, schreiben die beiden italienischen Zeitungen. Firmenchef Aldo Sallustro hat nach dem Bericht von „La Repubblica“ schon länger nach einem Interessenten für den Verlag gesucht und will einen Verkaufserlös von einer Milliarde Euro erzielen. Bei einem Treffen in Modena sei eine grundsätzliche Einigung über den Verkauf erzielt worden, heißt es weiter.

Panini hat nach eigenen Angaben im Jahr 2017 mit 1200 Mitarbeitern, davon etwa 450 in Modena, einen Umsatz von 536 Millionen Euro erzielt. Neuere Zahlen liegen nicht vor, doch dürfte die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland kräftigen Aufwind gebracht haben. Beobachter halten einen Umsatz von bis zu 750 Millionen Euro für möglich. Jahre mit Fußball-Weltmeisterschaften seien besonders gute Jahre für das Unternehmen, sagte der Stuttgarter Sprecher. Ein wichtiges Geschäftsfeld von Panini sind Sammelhefte mit Bildern von Fußballstars.

Unternehmen ist in 150 Ländern tätig

Die 1961 von den Brüdern Benito und Giuseppe Panini gegründete Gruppe ist in 150 Ländern tätig und bringt jährlich etwa 400 Sammelkollektionen auf den Markt. Dabei geht es aber nicht nur um Sportsticker, sondern auch um Bilder für Sammelalben aus dem Unterhaltungsbereich. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben der weltweit größte Verlag von Sammelprodukten. Ein weiteres wichtiges Geschäftsfeld sind Comics.

Mit seinem Angebot richtet sich Panini vor allem an Kinder und Jugendliche zwischen zwei und 16 Jahren. In Deutschland zählt sich die Stuttgarter Panini GmbH zu den größten Verlagen im Kinder- und Jugendbereich. Außerdem bezeichnet sie sich als Deutschlands größter Comicverlag. Beschäftigt werden in Stuttgart 70 Mitarbeiter, Zahlen zu einzelnen Märkten werden aber nicht veröffentlicht. Bei dem Unternehmen liefen die Geschäfte in allen Bereichen gut, sagte der Sprecher. Deutschland sei zwar nicht der größte einzelne Markt der Gruppe, gehöre aber zu den wichtigsten Ländern für diese. Druckaufträge werden auch vergeben, die Fußballbildchen aber werden in Modena produziert und in Tütchen gesteckt. „Dort steht die Maschine, die die Brüder erfunden haben“, so der Sprecher. In Deutschland werden pro Jahr etwa 30 verschiedene Kollektionen aus den Bereichen Sport und Unterhaltung herausgebracht.

Eigene Mischmaschine entwickelt

Die ersten Sammelbilder von Fußballstars gab es bei Panini 1961. Erster Spieler war damals Bruno Bolchi, der Kapitän von Inter Mailand. Die deutschen Kicker hießen damals nicht Manuel Neuer oder Toni Kroos, sondern Karl-Heinz Schnellinger oder Uwe Seeler – ein Grund dafür, dass offenbar auch Ältere immer wieder gerne in ihre alten Alben schauen. Kritiker argumentieren, das Angebot von Panini erfreue Kinder und ärgere Eltern, da diese von ihren Sprösslingen unter Druck gesetzt würden, damit sie die in Tütchen verpackten Bilder kaufen. Zudem müssten sehr viele Bilder gekauft werden, um ein Album vollzubekommen, da die Bilder in den Tütchen ungleich verteilt seien.

Panini hält dem entgegen, die Brüder Panini hätten eigens die Mischmaschine Fifimatic erfunden, die garantiere, dass nie zwei gleiche Bilder in eine Tüte kämen. Tatsächlich wird das Problem auch durch einen lebhaften Bildertausch auf Schulhöfen reduziert. „Alle haben gesammelt, und man konnte mit anderen Kindern tauschen“, erinnert sich ein früherer Stickerfan. Und es sei eben auch ein gewisser Reiz gewesen, „das Album vollzukriegen“. Neuland hatte Panini 2011 mit Bildern von Fußballspielerinnen anlässlich der Frauenweltmeisterschaft in Deutschland betreten.

Viele Comic-Neuerscheinungen

Zu den Comics, die bei Panini erscheinen, gehören unter anderem „Batman“, „Superman“ und „Spider-Man“. Aus Stuttgart kommen nach den Angaben des Unternehmens in jedem Monat 50 Comicneuerscheinungen, „ein Output, der von keinem anderen deutschen Verlag auch nur annähernd erreicht wird“. Aufgegeben wurde allerdings Ende des vergangenen Jahres die „Simpsons“-Reihe . Für die im Fernsehen immer noch laufende Serie habe es keinen Nachschub aus den USA mehr gegeben, hieß es damals. Dort war die Auflage der Hefte des Simpson-Erfinders Matt Groening ständig gesunken. Deswegen hatte er diese bereits im Oktober 2018 eingestellt.

Vorgänger der Unternehmensgruppe der Brüder Panini war ein Kiosk am Corso Duomo mitten in Modena. An diesem verkaufte Olga Panini, eine Kriegswitwe mit acht Kindern, von 1946 an Zeitungen und Zeitschriften. Die Kinder kamen schließlich auf die Idee, auch Bilder in Tütchen anzubieten.