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Wirtschaft Club of Rome

Nach dem Erdöl-Aus kommt die große Hungersnot

Hungersnot in Ostafrika Hungersnot in Ostafrika
Kinder leiden besonders unter der Hungersnot in Ostafrika: Der "Club of Rome" prophezeite 1972 für die gesamte Menschheit eine Hungerkatastrophe
Quelle: DAPD
Der Club of Rome hatte vor 40 Jahren das Versiegen der Erdölquellen prophezeit – doch noch sprudeln sie. Nun haben die Freunde des Weltuntergangs eine neue Studie vorgelegt – mit düsteren Szenarien.

Es herrscht kein Mangel in diesen Zeiten an düsteren Visionen über die Zukunft der Menschheit.

Auch der Club of Rome, jene noble internationale Vereinigung von ehemaligen Großindustriellen, Intellektuellen und Politikern in den besten Jahren, die immer mal wieder mit solchen Werken an die Öffentlichkeit tritt, muss da um Aufmerksamkeit kämpfen, ist nur noch ein Warner unter vielen – nachdem man im Jahre 1972 ganz allein die Welt mit einem Paukenschlag aufgerüttelt hatte, mit den "Grenzen des Wachstums".

Mit viel Bedacht legte man deshalb die neueste Studie mit dem Titel "2052" genau am 40. Jahrestag jenes Paukenschlags vor. So war sichergestellt, dass in dem Zusammenhang heute noch einmal jenes epochale Werk von damals ausführlich gewürdigt wurde.

Die Thesen der neuerlichen Arbeit sind schnell zusammengefasst: Das weltweite Bevölkerungswachstum wird demnach früher zum Stillstand kommen als bisher angenommen: 2042 nämlich schon, bei 8,1 Milliarden, und nicht erst 2050 bei neun Milliarden.

Beim Klima wird alles viel schlimmer

Auch wird die Armut in den Entwicklungsländern zurückgehen, was ja auch den Prognosen der UN – und der Entwicklung der letzten Jahre – entspricht. Nur in einem, so warnt der Club, werde alles noch viel schlimmer, als die Menschheit heute ahne: beim Klima.

"Club-of-Rome"-Report: Wachstum der Weltbevölkerung und das zur Verfügung stehende Durchschnittseinkommen in ausgewählten Ländern
"Club-of-Rome"-Report: Wachstum der Weltbevölkerung und das zur Verfügung stehende Durchschnittseinkommen in ausgewählten Ländern
Quelle: Infografik Welt Online

Da nach Ansicht des Clubs der Ausstoß der Treibhausgase noch bis 2030 ansteige, stehe uns nur Katastrophales ins Haus: Dürren, Fluten, extremes Wetter, Hitzewellen. "Und im Jahr 2052 wird die Welt mit Schrecken auf weitere Änderungen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts blicken." Droht unseren Nachfahren also, trotz steigendem Wohlstand und mehr Platz für jeden Einzelnen als gedacht, nur noch Heulen und Zähneklappern?

Niemand kann 40 Jahre in die Zukunft schauen, bislang handelt es sich lediglich um Computersimulationen. Der Club of Rome aber, daran erinnert uns jener 40. Jahrestag, bietet uns wie keine vergleichbare Institution die Chance, jene sehr frühe langfristige Zukunftsprognose – auch sie basierte auf den Ergebnissen von Großrechnern – an der heutigen Realität zu messen.

Die damals, 1972, wohl am meisten Angst einflößende Prognose des Clubs betraf die Endlichkeit der Rohstoffe, insbesondere des Erdöls, des wichtigsten Faktors für Energie und Mobilität. Die in der Erde schlummernden Reserven wurden in den "Grenzen des Wachstums" auf 455 Milliarden Barrel geschätzt. Nach 20 Jahren sei der letzte Tropfen verbraucht, hieß es.

Ende der globalen Ölförderung nicht in Sicht

Heute, 40 Jahre später, stellen wir fest: Seit Drucklegung des Buches ist bis heute rund das Doppelte gefördert worden, und der Höhepunkt der globalen Förderung ist immer noch nicht erreicht, auch wenn seither alle Jahre wieder behauptet wird, der "Peak Oil" sei nun aber überschritten.

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Nicht nur beim Erdöl, bei fast allen relevanten Rohstoffen taxierte man vor 40 Jahren den Zeitpunkt ihrer Erschöpfung völlig falsch ein. Erdgas, Kupfer, Blei, Aluminium, Wolfram: Nichts davon würde man – weiteres Wirtschaftswachstum vorausgesetzt – nach den damaligen Vorhersagen heute noch in der Erde finden. Alles aufgebraucht, teilweise seit Jahrzehnten.

Beim Wachstum der Weltbevölkerung, in den Augen des Clubs die ökologische und wirtschaftliche Zeitbombe schlechthin, schätzten die Autoren der "Grenzen des Wachstums", Dennis und Donella Meadows, die Entwicklung bis zum Millennium noch vergleichsweise korrekt ein: sechs Milliarden. Für das Jahr 2032 aber warnte man vor dem Anstieg auf 14 Milliarden.

Mit Auswirkung auf eine weitere Prognose: Gerade dieser Tage, zu Beginn des zweiten Jahrzehnts des Jahrhunderts, sollte aufgrund des ungebremsten Bevölkerungswachstums ein jäher Absturz bei der Nahrungsmittelproduktion pro Kopf einsetzen – ins nahezu Bodenlose, das etwa 2020 schon erreicht wäre, es käme zu einer weltweiten Hungersnot.

China um mehr als die Hälfte unterschätzt

Als für den Zustand der weltweiten Umwelt besonders fatal galt für Meadows das wirtschaftliche Wachstum. 1972, nach den ersten Wirtschaftseinbrüchen auch in Europa, wagten sie noch die Prognose, dass das Wirtschaftswachstum in zehn ausgewählten großen Ländern weiterhin stark ansteige.

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Quelle: Reuters

Meist lagen ihre Schätzungen um über 100 Prozent zu hoch, bei Russland um 1500 Prozent, allein China unterschätzten sie um weit über die Hälfte. Mit schlimmen Folgen für die Ökologie: Die Kurve aus den Projektionen des Clubs für Umweltverschmutzung, für verpestete Luft, verdreckte Flüsse und kontaminierte Erde verläuft nach 1972 zunächst weitgehend horizontal, schnellt aber in diesem Jahrzehnt, dem zweiten des 21. Jahrhunderts, fast senkrecht nach oben.

Meinten die Autoren der "Grenzen des Wachstums", dass wir heute nur noch mit Gasmasken im Freien hätten überleben können?

Verzicht auf Wachstum als Handlungsanweisung

Das erste spektakuläre Buch des Club of Rome – und das einzige seither mit diesem Attribut – hat für die Menschheit eine klare Handlungsanweisung, die im Titel manifestiert ist: der Verzicht aufs Wachstum. Auch bei der Weltbevölkerung.

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Aber da hier die Steuerungsmöglichkeiten begrenzt sind, soll vor allem das Wirtschaftswachstum gebremst werden, ein Apodiktum, das nach wie vor sinnstiftend für die Vereinigung ist. Womöglich ist es kein Zufall, dass viele Meinungsführer des Clubs ehemalige Manager aus Politik und Wirtschaft waren und sind, die in ihrer aktiven Zeit mit Saft und Kraft nichts als Wachstum anstrebten und nun Gefallen an der Läuterung finden. Das Argument Klimakatastrophe war noch weitgehend unbekannt, sodass damals das Drohpotenzial vor allem in den schwindenden Rohstoffen und dem Umweltkollaps lag.

Jeder, der den Zeitgeist und das Streben Ende der 60er- und Anfang der 70er-Jahre kennenlernte, weiß, dass damals ein Umdenken in der Richtung der "Grenzen des Wachstums" bitter nötig war, insofern haben die Autoren das Verdienst, die richtige Debatte angestoßen zu haben.

Das grandiose Ausmaß, in dem sie sich in ihren Rechnermodellen allerdings verschätzten, wäre Anlass genug, heute, um 40 Jahre klüger, vorsichtiger zu sein mit allzu katastrophalen Untergangsszenarien, an denen ja in unseren Tagen kein Mangel herrscht.

Menschliche Anpassungsfähigkeit und Vernunft

Auch wenn die Vorräte an Erdöl und anderen Rohstoffen sicher schwer einzuschätzen waren, so zeichneten sich doch damals bereits starke entlastende Momente ab. 1973 schon, kurz nach Drucklegung des ersten Berichtes, war die erste Ölkrise Anstoß dafür, dass sich das Wirtschaftswachstum vom Verbrauch an Energie- und anderen Rohstoffen tendenziell abkoppelte, langsam zunächst, heute in atemberaubender Geschwindigkeit.

Es war auch die Zeit, in der – mal wieder – klar wurde, dass das Wirtschaftswachstum nicht, wie vom Club angenommen, exponentiell ansteigt, sondern gehörigen Schwankungen ausgesetzt ist. Schon immer gab es Rezessionen. Und in den 70er-, spätestens in den 80er-Jahren war klar: Reiche, wachstumsstarke Länder haben eine um ein Vielfaches sauberere Umwelt als arme Länder – zumal solche mit staatlichen Planvorgaben für das Wachstum.

Dass es gerade die Marktkräfte sind, die für einen sparsamen Umgang mit Ressourcen – und letztlich auch mit der Umwelt – sorgen, stellte sich zur selben Zeit heraus. Auch übrigens die Erkenntnis, die inzwischen als unumstritten gilt: Steigender Wohlstand, letztlich also das Wirtschaftswachstum, senkt das Bevölkerungswachstum.

"Die Grenzen des Wachstums" schätzten nicht nur die wirtschaftlichen Rahmendaten falsch ein. Sie unterschätzten die menschliche Anpassungsfähigkeit, die Vernunft. Man darf gespannt sein auf den nächsten Rückblick nach weiteren 40 Jahren. Und darauf, ob der Club dann noch ein weiteres Katastrophenszenario wagt.

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