21.03.2022

Bun­des- und lan­des­wei­te Stu­die­ren­den- und Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen set­zen sich dafür ein, dass alle aus der Ukrai­ne geflo­he­nen inter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den ihr dort begon­ne­nes Stu­di­um in Deutsch­land oder einem ande­ren Mit­glied­staat der Euro­päi­schen Uni­on fort­set­zen und been­den kön­nen. Bei Bund und Län­dern mah­nen sie die Her­stel­lung von Auf­ent­halts­si­cher­heit, die Schaf­fung von Zugangs­mög­lich­kei­ten zu den Hoch­schu­len und wei­te­re unter­stüt­zen­de Maß­nah­men für inter­na­tio­na­le Stu­die­ren­de aus der Ukrai­ne an.

Etwa 60.000 inter­na­tio­na­le Stu­die­ren­de waren nach UNESCO-Anga­ben unmit­tel­bar vor Beginn des Krie­ges an ukrai­ni­schen Hoch­schu­len ein­ge­schrie­ben. Haupt­her­kunfts­län­der waren Indi­en, Marok­ko, Aser­bai­dschan, Turk­me­ni­stan, Ägyp­ten und Nige­ria. Sie haben in der Ukrai­ne stu­diert, weil ihnen das in ihrem Her­kunfts­land auf­grund der poli­ti­schen Situa­ti­on unmög­lich war oder weil die Stu­di­en­ge­büh­ren für sie unbe­zahl­bar waren. Der Krieg Putins gegen die Ukrai­ne hat auch sie erschüt­tert und ihre Lebens­pla­nung zer­stört, schrei­ben die Orga­ni­sa­tio­nen: Amnes­ty Inter­na­tio­nal Deutsch­land, Brot für die Welt – Evan­ge­li­sches Werk für Dia­ko­nie und Ent­wick­lung (EWDE) e.V., Bun­des­ver­band aus­län­di­scher Stu­die­ren­der (BAS), Bun­des­wei­te Arbeits­ge­mein­schaft PRO ASYL, Evan­ge­li­sche Stu­die­ren­den­ge­mein­den der Evan­ge­li­schen Kir­che in Hes­sen und Nas­sau, Initia­tiv­aus­schuss für Migra­ti­ons­po­li­tik in Rhein­land-Pfalz, Ver­band der Bera­tungs­stel­len für Betrof­fe­ne rech­ter, ras­sis­ti­scher und anti­se­mi­ti­scher Gewalt, Ver­band der Evan­ge­li­schen Stu­die­ren­den­ge­mein­den in Deutsch­land und World Uni­ver­si­ty Ser­vice (WUS) – Deut­sches Komi­tee e.V..

An die inter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den wur­de nicht gedacht 

Ein Teil die­ser inter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den wur­de zeit­nah von den Her­kunfts­län­dern aus dem Kriegs­ge­biet eva­ku­iert, ein Teil muss dort wegen feh­len­der siche­rer Flucht­kor­ri­do­re wei­ter aus­har­ren. Ande­re konn­ten sich – obwohl vie­len die Ein­rei­se mas­siv erschwert wur­de – in die Euro­päi­sche Uni­on ret­ten. Vie­le von ihnen sind schon oder wer­den in naher Zukunft aus dem Grenz­ge­biet in ande­re Mit­glied­staa­ten – auch nach Deutsch­land – wei­ter­rei­sen, wo sie sozia­le Anknüp­fungs­punk­te haben oder sich eine Per­spek­ti­ve zur Fort­set­zung ihres Stu­di­ums erhoffen.

Wir bekla­gen, dass die­se Per­so­nen­grup­pe in dem EU-Rats­be­schluss zur vor­über­ge­hen­den Schutz­ge­wäh­rung von aus der Ukrai­ne ver­trie­be­nen Per­so­nen in der Euro­päi­schen Uni­on nicht mit­be­dacht wur­de. Dem­ge­gen­über begrü­ßen wir, dass der Auf­ent­halt inter­na­tio­na­ler Stu­die­ren­der aus der Ukrai­ne – wie der aller aus der Ukrai­ne geflüch­te­ter Per­so­nen – auf­grund der Ukrai­ne-Auf­ent­halts-Über­gangs-Ver­ord­nung (Ukrai­ne­Auf­ent­hÜV) von Bun­des­in­nen­mi­nis­te­rin Fae­ser vom 7. März 2022 unab­hän­gig von der mög­li­chen Zuer­ken­nung des vor­über­ge­hen­den Schut­zes zumin­dest bis zum 23. Mai 2022 erlaubt ist. Zudem begrü­ßen wir, dass laut Mit­tei­lung des Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­ums vom 14. März 2022 die­je­ni­gen inter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den aus der Ukrai­ne vor­über­ge­hen­den Schutz in Deutsch­land erhal­ten kön­nen, die „nicht sicher und dau­er­haft in ihr Her­kunfts­land oder ihre Her­kunfts­re­gi­on zurück­keh­ren“ können.

Auf­ent­halt bis zum 23. Mai ist zu kurz 

Aus huma­ni­tä­ren Grün­den, aber auch mit Blick auf den bereits zuneh­men­den Man­gel an Fach­kräf­ten und unter Berück­sich­ti­gung ent­wick­lungs­po­li­ti­scher Erwä­gun­gen, muss aber allen aus der Ukrai­ne nach Deutsch­land geflüch­te­ten inter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den jetzt aus­rei­chend Zeit zur Ori­en­tie­rung gege­ben und die Gele­gen­heit ein­ge­räumt wer­den, sich ohne Aus­rei­se­druck um die Fort­set­zung ihres Stu­di­ums an einer deut­schen oder einer Hoch­schu­le in einem ande­ren Mit­glied­staat der Euro­päi­schen Uni­on zu bemühen.

Ein – wie bis­her vor­ge­se­hen – ledig­lich bis zum 23. Mai 2022 erlaub­ter Auf­ent­halt ist hier­zu nicht aus­rei­chend. Denn die aktu­ell auf­wach­sen­den uni­ver­si­tä­ren Stu­di­en­an­ge­bo­te und Pro­gram­me zur Unter­stüt­zung von Flücht­lin­gen aus der Ukrai­ne kon­zen­trie­ren sich der­zeit fast aus­schließ­lich auf Stu­die­ren­de mit ukrai­ni­scher Staats­an­ge­hö­rig­keit. Hier besteht drin­gen­der Hand­lungs- und Korrekturbedarf.

Bund und Län­der müs­sen handeln 

Es fehlt der­zeit zudem noch am Aus- und Auf­bau sowie an der Finan­zie­rung von Bera­tungs- und Unter­stüt­zungs­struk­tu­ren, an die Betrof­fe­ne sich in der Pha­se der Neu­ori­en­tie­rung wen­den und die sie kom­pe­tent beglei­ten können.

Vor dem Hin­ter­grund der schwie­ri­gen Situa­ti­on, in der sich die inter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den aus der Ukrai­ne der­zeit befin­den, hal­ten wir ein zeit­na­hes poli­ti­sches Bekennt­nis der Bun­des­re­gie­rung zur Mög­lich­keit der Fort­set­zung ihres in der Ukrai­ne begon­ne­nen Stu­di­ums in Deutsch­land für eben­so drin­gend gebo­ten wie die fol­gen­den Maß­nah­men von Bund und Ländern:

Auf­ent­halts­recht­lich:
•   Her­stel­lung von Auf­ent­halts­si­cher­heit für alle inter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den aus der Ukrai­ne auch nach dem 23. Mai 2022 bis min­des­tens zum Beginn des Win­ter­se­mes­ters 2023/24. Dies könn­te ent­we­der durch
–  die Gewäh­rung vor­über­ge­hen­den Schut­zes für alle inter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den aus der Ukrai­ne oder
–  eine ent­spre­chen­de Ver­län­ge­rung der Ukrai­ne­Auf­ent­hÜV geschehen.

•   Ertei­lung des § 16b Auf­ent­halts­ge­setz für alle die­je­ni­gen, die bis zum Beginn des Win­ter­se­mes­ters 2023/24 ein Stu­di­en­platz­an­ge­bot erhal­ten bezie­hungs­wei­se stu­di­en­vor­be­rei­ten­de Maß­nah­men in Aus­sicht haben.

•   Ein­lei­tung einer euro­päi­schen Initia­ti­ve zur Schaf­fung von Rechts­grund­la­gen für die Fort­füh­rung eines von inter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den vor der Ver­trei­bung in der Ukrai­ne begon­ne­nen Stu­di­ums in allen Mit­glied­staa­ten der Euro­päi­schen Union.

Universitär:

•   Öff­nung von Pro­gram­men der Hoch­schu­len zur För­de­rung und Unter­stüt­zung von aus der Ukrai­ne ver­trie­be­nen Stu­die­ren­den für alle Betrof­fe­nen unab­hän­gig von ihrer Staats­an­ge­hö­rig­keit sowie Auf­bau wei­te­rer ent­spre­chend über­grei­fen­der För­de­rungs- und Unterstützungsangebote.

•   Bereit­stel­lung von Sti­pen­di­en­an­ge­bo­ten der Stif­tun­gen und Stu­di­en­wer­ke sowie des DAAD für aus der Ukrai­ne ver­trie­be­ne inter­na­tio­na­le Studierende.

•   Auf- und Aus­bau von Kom­pe­tenz­zen­tren zur Ori­en­tie­rung, Bera­tung und Beglei­tung von aus der Ukrai­ne ver­trie­be­nen inter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den an den Hoch­schu­len und bei zivil­ge­sell­schaft­li­chen Bildungsorganisationen.

•   Erleich­te­re Mög­lich­kei­ten der Stu­di­en­auf­nah­me und unbü­ro­kra­ti­sche Aner­ken­nung flucht­be­dingt ledig­lich unvoll­stän­di­ger Unter­la­gen und Nachweise.

•   Den geflüch­te­ten Stu­die­ren­den soll­te durch eine Öff­nung des BAföG eine Stu­di­en­fi­nan­zie­rung ermög­licht werden.

Erfor­der­lich ist zudem die aus­kömm­li­che Finan­zie­rung die­ser Maß­nah­men durch die zustän­di­gen Wis­sen­schafts- und Inte­gra­ti­ons­mi­nis­te­ri­en der Län­der, das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) sowie das Aus­wär­ti­ge Amt (AA).

Unter­stützt wer­den die For­de­run­gen von: Amnes­ty Inter­na­tio­nal Deutsch­land, Brot für die Welt – Evan­ge­li­sches Werk für Dia­ko­nie und Ent­wick­lung (EWDE) e.V., Bun­des­ver­band aus­län­di­scher Stu­die­ren­der (BAS), Bun­des­wei­te Arbeits­ge­mein­schaft PRO ASYL, Evan­ge­li­sche Stu­die­ren­den­ge­mein­den der Evan­ge­li­schen Kir­che in Hes­sen und Nas­sau, Initia­tiv­aus­schuss für Migra­ti­ons­po­li­tik in Rhein­land-Pfalz, Ver­band der Bera­tungs­stel­len für Betrof­fe­ne rech­ter, ras­sis­ti­scher und anti­se­mi­ti­scher Gewalt, Ver­band der Evan­ge­li­schen Stu­die­ren­den­ge­mein­den in Deutsch­land und World Uni­ver­si­ty Ser­vice (WUS) – Deut­sches Komi­tee e.V..

Kon­takt:
•   Karl Kopp, PRO ASYL: presse@proasyl.de; 069 / 24 23 14 30
•   Dr. Kam­biz Gha­wa­mi, World Uni­ver­si­ty Ser­vice (WUS) – Deut­sches Komi­tee e.V., 0611 / 44 66 48
•   Tors­ten Jäger, Initia­tiv­aus­schuss für Migra­ti­ons­po­li­tik in Rhein­land-Pfalz, 06131 / 287 44 53

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