Offener Brief an Herrn Heiko Maas zu seiner angekündigten Iranpolitik und dem “Atom-Deal-Plus”

Offener Brief an Herrn Heiko Maas zu seiner angekündigten Iranpolitik und dem “Atom-Deal-Plus”

Sehr geehrter Bundesaußenminister Heiko Maas,

als iranischer Oppositioneller habe ich Ihre aktuelle Iran-Position, wie sie diese in Ihrem SPIEGEL-Interview ausgedrückt haben, zur Kenntnis genommen. Sie ist zu begrüssen, aber unzureichend und Trumps Iranpolitik ähnlich, allerdings ohne Sanktionen gegen das Regime. Das kam zuletzt auch bei der beschämenden Kondolenz des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell anlässlich des Todes von Mohsen Fakhrizadeh, des Kopfes der illegalen Nuklearprojekte des religiösen Systems, zum Ausdruck.

Lieber Herr Maas

Für jede ernstzunehmende Korrektur der deutschen Iranpolitik sollten Sie sich zuerst bei der iranischen Bevölkerung und der Opposition entschuldigen: Als die Menschen auf den Strassen im Iran in den Jahren 2018 und 2019 über die Forderung nach der Einhaltung der Menschenrechte hinaus friedlich “Wir wollen keine islamische Republik” skandierten und die Unterstützung unter anderem der Bundesregierung gefordert hatten, haben Sie verblendet am gefährlichen Atomdeal mit den Teheraner Ayatollahs festgehalten und die Proteste der leidenden IranerInnen ignoriert, die brutal niedergeschlagen wurden. Das Regime hat allein im November 2019 über 1500 Protestierende ermordet und 12000 inhaftiert und verschwinden lassen.

Die Bundesregierung hat sich jahrelang von den schlimmsten Iranlobbyisten in die Irre führen lassen und die iranischen demokratischen Oppositionellen dagegen völlig isoliert. Sie sollten sich deswegen unbedingt von den Mullah-Lobbyisten distanzieren.

Die Beschwichtigungspolitik hat dazu beigetragen, dass Deutschland ein zentraler Ort in Europa für die islamistisch-antisemitischen Aktivitäten und das Refugium für die Blutrichter und der Treffpunkt für die Revolutionsgarde und Geheimdienste der Mullahs gegen die Oppositionellen geworden ist. Der Diplomat der iranischen Botschaft in Wien, Assadollah Assadi, der wegen Staatsterrorismus vor Gericht in Belgien steht, wurde “bloß zum Glück” in Deutschland verhaftet. Auch die aktuell unschuldigen deutsch-iranischen Staatsbürger, die sich in Teheraner Geiselhaft im Evin-Foltergefängnis befinden, sind Opfer der deutschen Beschwichtigungspolitik und der Erpressungspolitik der Mullahs; ihr Leben ist in akuter Gefahr.   

Wenn Sie wollen, dass Ihre Position von den Iranern gehört wird, sollten Sie ausdrücklich die bisherige deutsche Beschwichtigungspolitik, die den Iranern irreparablen Schaden zugefügt hat, öffentlich kritisieren.

Auch die ‘Troika’ ist zu kritisieren: Sie haben auf die wiederholte Verletzung der Wiener Atomvereinbarung und auf die Drohung des Irans, moderne Zentrifugen zur Beschleunigung der Urananreicherung zu installieren, nur mit einem zögerlichen Appell an die Einhaltung des Atom-Deals reagiert, ausgerechnet gegenüber einem Regime, das seit drei Jahrzehnten heimlich intensiv daran arbeitet, Massenvernichtungswaffen herzustellen. Das Regime lässt es daher nicht zu, dass die IAEA-Experten die nuklearen Anlagen der Revolutionsgarde wie in “Parchin” beaufsichtigen.   

Der fundamentale Fehler Ihrer aktuellen Position ist, dass Sie anscheinend daran glauben, mit einem Regime, dessen Politik von seiner religiös-apokalytischen Ideologie bestimmt wird, den Holocaust leugnet und Israel vernichten will, gemeinsam mit Joe Biden einen “Atom-Deal-Plus” erzielen zu können. Dies ist unmöglich. Die Atomraketen sind für den Bestand des Systems im Iran unverzichtbar. Der verfolgte “Atom-Deal-Plus” garantiert das Weiterbestehen des Terror-Regimes und wird durch die Aufhebung der Sanktionen und die Geschäfte die Unterdrückungspolitik der Mullahs im Iran und in der Region dramatisch verschlimmern. 

Lieber Herr Bundesaußenminister

Die Mullahs verstehen einzig und alleine die Sprache des konsequenten Widerstandes: In diesem Sinne muss die Bundesregierung das iranische Regime politisch, wirtschaftlich und diplomatisch unter Druck setzen, isolieren und sanktionieren. Sie muss sich dem US-Waffenembargo gegen die islamische Republik anschließen und die Revolutionsgarden auf die deutsche Sanktions- und Terrorliste setzen.

Statt ein zeitaufwendiges und nutzloses Gespräch mit dem Ziel eines Atom-Deal-Plus zu führen, sollte die Bundesregierung konsequent und tatkräftig die iranische Freiheitsbewegung, die von mutigen Frauen angeführt wird, unterstützen, um das antisemitische Regime auch aus deutschen und europäischen Sicherheitsinteressen schnell abschaffen zu können. 

Dr. Kazem Moussavi

Sprecher der Green Party of Iran in Deutschland

Berlin, 07.12.20