Antisemitismus-Vorwürfe gegen Freie-Wähler-Chef: Das fordert Söder jetzt von Aiwanger

Hubert Aiwanger (52) ist stellvertretender Ministerpräsident in Bayern und Chef der Freien Wähler

Hubert Aiwanger (52) ist stellvertretender Ministerpräsident in Bayern und Chef der Freien Wähler

Foto: Sven Hoppe/dpa
Von: Daniel Cremer, burkhard uhlenbroich und Nadja Aswad

Brauner Sumpf oder Schmutz-Kampagne?

Der Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, steht im Verdacht, als Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst zu haben. Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.

Aiwanger bestreitet die Vorwürfe, sein Sprecher spricht von einer Kampagne.

Aber: Sollte an dem Verdacht doch etwas dran sein, könnte der Vorgang in Bayern wenige Wochen vor der Landtagswahl am 8. Oktober zu einem politischen Erdbeben führen.

Die Freien Wähler sind mit der CSU in einer Koalition, Aiwanger ist Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident. Nach BILD-Informationen sind die Freien Wähler heute zu einer Sondersitzung zusammengekommen – mit Aiwanger.

Einen öffentlichen Auftritt bei einem Volksfest in Augsburg sagte der Freie-Wähler-Chef ab.

Dafür war Ministerpräsident Markus Söder (56, CSU) auf dem Fest, forderte am Rande der Veranstaltung eine komplette Aufklärung von Aiwanger, sagte: „Da sind schlimme Vorwürfe im Raum. Dieses Flugblatt ist menschenverachtend und geradezu eklig, diese Vorwürfe müssen jetzt einfach geklärt werden. Sie müssen ausgeräumt werden, und zwar vollständig. Deswegen ist es jetzt wichtig zu klären, ob das stimmt. Deshalb ist die zentrale Forderung an Hubert Aiwanger jetzt auch schlichtweg, die Dinge zu erklären und auch öffentlich zu erklären.“

Aiwanger mit Ministerpräsident und Koalitionspartner Markus Söder (CSU)

Aiwanger mit Ministerpräsident und Koalitionspartner Markus Söder (CSU)

Foto: ullstein bild/Sven Simon

Auch Felix Klein, Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung, hat sich in den Fall eingeschaltet. Klein sagte BILD: „Sollten die Vorwürfe zutreffen, ist Herr Aiwanger aus meiner Sicht als stellvertretender Ministerpräsident von Bayern und anderer Ämter untragbar. Derartige menschenverachtende Äußerungen über Opfer des Holocaust dürfen von niemandem – auch nicht Jugendlichen – geäußert werden. Dies muss Konsens aller demokratischen Parteien sein.“

Die Opposition im bayerischen Landtag verlangt HEUTE Aufklärung zu den Vorwürfen.

FDP-Fraktionschef Martin Hagen zu BILD: „Hubert Aiwanger muss heute persönlich klarstellen, ob er der Urheber dieses ungeheuerlichen Flugblattes war. Es geht nicht nur um sein eigenes Ansehen, sondern um das der Staatsregierung, der er angehört. Auch von der CSU erwarte ich eine klare Aussage, wie sie damit umzugehen gedenkt.“

Die Vorwürfe

Laut dem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ soll sich Hubert Aiwanger 1987/88 als Schüler des Burkhart-Gymnasiums in Mallersdorf-Pfaffenberg (Niederbayern) über den Holocaust lustig gemacht haben.

▶︎ In einer Parodie auf einen Schülerwettbewerb „Deutsche Geschichte“ soll er auf einem mit Schreibmaschine getippten Blatt Papier u. a. folgende „Preise“ aufgeführt haben: „Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz“, „Ein lebenslänglicher Aufenthalt im Massengrab (Ort nach Belieben)“, „Einjähriger Aufenthalt in Dachau (Freie Kost und Logie)“.

Die „Süddeutsche Zeitung“ druckte das Flugblatt in ihrer Ausgabe vom 26. August 2023 ab

Die „Süddeutsche Zeitung“ druckte das Flugblatt in ihrer Ausgabe vom 26. August 2023 ab

Der bayerische SPD-Fraktionsvorsitzende Florian von Brunn fordert eine Sondersitzung des Landtags. Von Brunn zu BILD: „Das Flugblatt ist Zeile für Zeile ein menschenverachtender Tiefpunkt und antisemitischer Eklat. Wer die Konzentrationslager von Auschwitz und Dachau als Vergnügungsviertel bezeichnet, darf in unserem Land keine Verantwortung tragen.“

Das Flugblatt verunglimpfe die Millionen Opfer des Holocausts und der Nazi-Diktatur auf das Übelste.

Von Brunn weiter: „Der Eklat ist ein öffentliches Warnsignal für alle politischen Parteien, keine gemeinsame Sache mit Rechtspopulisten zu machen. Die Bayern SPD war, ist und bleibt das Bollwerk gegen rechts“, so der Politiker zu BILD.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende fordert die CSU auf, daraus die Konsequenzen zu ziehen: „Markus Söder muss sich die Frage stellen lassen, ob er und die CSU mit Partnern wie Aiwangers Freien Wählern nicht längst mit Rechtspopulisten koalieren, während sie Strauß-Zitate gegen Rechtsradikale plakatieren. Er muss in diesem Fall als Ministerpräsident des Freistaats Bayern unverzüglich handeln.“

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