Richter lässt sie vorerst wieder frei: Rheuma bewahrt linke Extremistin Lina E. vor Knast

Urteil fünf Jahre und drei Monate Gefängnis

Im November 2020 wird Lina E. festgenommen, sitzt seitdem in U-Haft

Nach dem Prozess steigt Linksextremistin Lina E. in den schwarzen Elektro-MG ihres Anwalts

Foto: PICXELL
Von: Bernhard Schilz

Leipzig – Was für ein dramatisches Finale! Noch am Vormittag hatte Richter Hans Schlüter-Staats (61) die Leipziger Linksextremistin Lina E. (28) zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Am Abend dann der Hammer: Nach seiner mehr als acht Stunden dauernden Urteilsbegründung schickte der Richter Lina E. vorerst nach Hause!

Frenetischer Jubel im Gericht, als Schlüter-Staats gegen 19.50 Uhr den Haftbefehl aufhob. Strafmildernd habe sich unter anderem Lina E.s Zeit in der U-Haft (30 Monate) ausgewirkt, in der sie während der Corona-Pandemie schwer an Rheuma erkrankte.

Auch die teils identifizierende Berichterstattung in den Medien habe zu dieser Entscheidung beigetragen. Der Richter bescheinigte ihr zudem einen „Heldenstatus“, den sie während des Prozesses erlangt habe – und der eine schwere Bürde („Ihre größte Hypothek!“) für sie sei.

Dennoch habe Lina E. eine „herausragende Stellung“ in einer kriminellen Vereinigung innegehabt. Dies habe sich strafverschärfend ausgewirkt, so der Richter.

Studentin Lina E. (28) nach ihrer Festnahme auf dem Weg zum Haftrichter

Studentin Lina E. (28) nach ihrer Festnahme auf dem Weg zum Haftrichter

Foto: RONALD WITTEK/EPA-EFE/Shutterstock

Pyro, Blockaden, RangeleienAusschreitungen nach Lina-E.-Urteil

Quelle: NonstopNews, News5

Lina E. von Anwalt abgeholt

Unmittelbar nach Prozessende wurde Lina E. von ihrem Anwalt abgeholt und vermutlich in ihre Wohnung nach Leipzig gebracht. Zweimal wöchentlich, montags und donnerstags, muss sie sich bis spätestens 18 Uhr bei der Polizei melden. Ihren Wohnsitz darf sie nur mit Zustimmung des Gerichts wechseln.

Allerdings: Die Gefängnisstrafe ist nur aufgeschoben! Lina E. muss zu einem späteren Zeitpunkt, wenn das Urteil rechtskräftig ist, ihre Reststrafe in der JVA Chemnitz absitzen. Die könnte allerdings schnell vorbei sein.

Die Verurteilte fährt mutmaßlich nach Leipzig

Die verurteilte Linksextremistin fährt mutmaßlich nach Leipzig in ihre Wohnung

Foto: MAXIMILIAN TABACZYNSKI

Die Studentin hat bereits 30 Monate in U-Haft gesessen. Bekommt sie dann noch Knast-Rabatt wegen guter Führung („Zwei-Drittel-Strafe“), bleiben von den ursprünglich 63 nur noch 12 Monate Haft übrig. Lina E. wäre dann nach nur einem Jahr wieder frei.

Was ebenfalls für die Leipzigerin spricht: Sie führte sich im Chemnitzer Knast geradezu mustergültig, machte dort eine Tischlerlehre, galt als unkomplizierte Gefangene. Zudem hat sie angekündigt, nach der Haft ihr Studium (Sozialpädagogik in Halle) wieder aufzunehmen.

Die drei Mitangeklagten sind zu geringeren Haftstrafen verurteilt worden und ebenso auf freiem Fuß. Die Verteidigung sprach von einem „eklatanten Fehlurteil“ – und kündigte Revision an.

Richter Schlüter-Staats dürfte mit seiner späten Entscheidung auch den „Tag X“ entschärft haben. Linksextreme aus ganz Deutschland hatten für den kommenden Samstag (3. Juni) in Leipzig mit massiven Krawallen gedroht, für jedes Jahr Haft wollten sie eine Million Euro Schaden anrichten.

Bei einer Solidaritätsdemo für Lina E. in Berlin kam es zu Rangeleien

Bei einer Solidaritätsdemo für Lina E. in Berlin kam es am 31. Mai zu Rangeleien

Foto: EPA
In Leipzig sammelt sich der Schwarze Block im Lené-Voigt-Park. Mehrere Hundertschaften sichern den Bereich ab

In Leipzig sammelte sich am Mittwochabend der Schwarze Block im Lene-Voigt-Park. Mehrere Hundertschaften der Polizei sicherten den Bereich

Foto: Rico Thumser

Bundesweite Demos nach Lina E.-Urteil

In zahlreichen Städten (zum Beispiel Bielefeld, Duisburg, Hamburg, Hannover, Karlsruhe) wurden am Mittwochabend von linken Gruppen Solidaritätsdemonstrationen organisiert. Auch in Dresden, wo das Urteil gesprochen wurde, und in Leipzig, wo Lina E. wohnt, fanden Kundgebungen statt.

In Berlin wurden bereits am frühen Abend erste Zwischenfälle gemeldet! Zwischen der Polizei und den Teilnehmern der Demo kam es zu Rangeleien. Personen wurden von den behelmten Beamten abgeführt und in Gewahrsam genommen. In der Bremer Innenstadt versammelten sich laut Polizei rund 300 meist vermummte Personen und gingen „relativ schnell und unvermittelt“ auf Einsatzkräfte los.

Leipzig: Die Krawallmacher auf der Lina E.-Demo haben die Polizisten mit Pyrotechnik und Böllern angegriffen

Leipzig am Abend des 31. Mai: Die Krawallmacher auf der Lina-E.-Demo greifen die Polizisten mit Pyrotechnik und Böllern an

Foto: Jan Woitas/dpa

Auch in Leipzig eskalierte die Situation. Dort wurde eine Versammlung für beendet erklärt, nachdem Flaschen und Pyrotechnik in Richtung der Beamten geworfen wurden.

Die aggressive Stimmung gibt eine düstere Vorahnung auf das, was Leipzig an „Tag X“ (3. Juni) erwarten könnte. Linksextreme aus ganz Deutschland wollen nach Leipzig pilgern und ihre „Wut auf die Straße bringen“. Sie drohen mit „zweiten G20“-Krawallen.

Bundesweit kam es auf mehreren Demos zu Rangeleien. Die Polizei setzte  Schlagstöcke gegen die Angreifer ein, wie hier in Leipzig

Bundesweit kam es auf mehreren Demos zu Rangeleien. Die Polizei setzte Schlagstöcke gegen die Angreifer ein, wie hier in Leipzig

Foto: Sebastian Willnow/dpa
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