Kolumne
Ein Drahtseilakt: Rassismus im Kleinformat in Doha

Darf man die Scheichs aus Katar nicht mögen, ohne gleich ein Rassist zu sein? Eine heikle Gratwanderung in einem Land voller Widersprüche.

Rainer Sommerhalder
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Rainer Sommerhalder

Rainer Sommerhalder

Jetzt wird es heikel. Ich mag die Scheichs hier in Doha irgendwie nicht. Ist das nun meine Meinung oder schon Rassismus? Oder wird es dann zum Rassismus, wenn ich es weiterverbreite? Etwa in Form einer Kolumne.

Zumindest mache ich mir Gedanken, wieso dem so ist. Denn ich war noch nie in einer Stadt, in welcher ich derart oft und herzlich gegrüsst werde. Bauarbeiter winken mir über eine achtspurige Strasse hinweg zu. Taxifahrer sagen zum Abschied, Gott solle meine Familie behüten. Die Serviertochter lacht mich an, als sei sie ein Klon von Mujinga Kambundji.

Was sie gemeinsam haben? Sie alle kommen aus Ländern, in denen es Konflikte unter verschiedenen ethnischen Gruppen gibt. Länder, in die ein Schweizer kaum freiwillig reist, weil sie gefährlich sind. Mein pakistanischer Chauffeur gestern sagte: «Es sind nicht die Menschen dort, die gefährlich sind. Es ist die Politik.»

Zurück zu den Scheichs. Vielleicht mag ich sie nicht, weil sie nie reagieren, wenn ich freundlich grüsse. Vielleicht sind es ihre weissen Gewänder, die mir fremd vorkommen. Ganz sicher sind es die Szenen, in der die Frau mit Burka fünf Meter hinter ihrem Mann herzottelt.

Und wohl spielt auch das Wissen eine Rolle, dass sie hier in Katar all diese wunderbaren Menschen aus Drittwelt-Ländern zum Hungerlohn für sich arbeiten lassen. Aber ich muss zugeben: ich kenne ja gar keinen von ihnen. Und doch bilde ich mir ein Urteil.