Tom Kummer

Von schlechten Eltern

Roman
Cover: Von schlechten Eltern
Tropen Verlag, Stuttgart 2020
ISBN 9783608504286
Gebunden, 245 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Ein Mann kommt mit seinem Sohn zurück. Er hat seine Frau verloren und eines seiner Kinder in Los Angeles zurückgelassen. Nachts fährt er als Chauffeur durch sein Heimatland, das ihm Himmel und Hölle zugleich ist, auf der Suche nach einem neuen Leben. Der Erzähler Tom arbeitet als VIP-Fahrer, holt hohe Angestellte von Pharmaunternehmen und Diplomaten vom Flughafen ab und bringt sie nach Zürich oder Bern. Unterwegs durch die Nacht entspinnen sich Dialoge, die von großer Fremdheit und unheimlicher Intimität sind. Währenddessen führen die Gedanken des Fahrers immer auch weg von der Straße, hin zu den Wanderungen mit seinem Vater zum schwarzen Mönch, noch öfter hin zu Nina, seiner verstorbenen Frau. Sie ist Gast auf jeder Fahrt, flüstert ihm ein, zieht ihn hin zu den Narben der Landschaft. Orte, an denen schwere Unfälle geschehen sind, Flugzeugabstürze und andere Machtproben des Schicksals. Morgens nach der Arbeit setzt er sich ans Bett seines schlafenden Sohnes, legt die Hand auf seine Haut, versucht, eine Zukunft zu sehen. Auf dunstverhangenen Straßen nähert sich Tom Kummer auf der großen Unbekannten des Lebens: dem Tod.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 23.05.2020

Rezensent Ulrich Gutmair zeigt sich begeistert von Tom Kummers neuem Buch. Die Art und Weise, wie der Autor, den er zum Gespräch getroffen hat, sich und den Erzähler zwischen Wirklichkeit und Literatur verortet, wie er Fragen über Trauer, den Tod und das Leben stellt und auch beantwortet, findet er "glitzernd". Die mal monologische, mal dialogische Anlage des Buches ersetzt für ihn locker das Bedürfnis nach Handlung. Kitschig wird es nie, versichert der Rezensent, wenn der Autor über die Berge nachdenkt, über Männerbilder und Kinder, denn Kummer habe Humor.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 30.03.2020

Carsten Hueck scheint tief berührt von Tom Kummers neuem Roman. Die Geschichte des Erzählers, der nach dem Tod der geliebten Frau als alleinerziehender Taxifahrer mit Suizidgedanken durchs nächtliche Bern kurvt, führt ihn auf die Schattenseite westlichen Wohlstands und in seelische Abgründe. Wie der Erzähler von quälenden Erinnerungen an ein Familienglück heimgesucht wird und sich verzweifelt trauernd an seinen Sohn klammert, findet Hueck lesenswert. Formal besticht der Text laut Hueck durch "gekonnte" Wechsel zwischen harter und lyrischer Sprache und die "grandiose" Verbindung von Innen- und Außenperspektive.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.03.2020

Rezensent Ronald Düker hat sich mit Tom Kummer in Bern zum Gespräch getroffen, in dessen Verlauf nicht nur die Asche von Kummers an Krebs verstorbener Frau Nina in einer Plastiktüte auf dem Tisch landet, sondern auch Kummers Sohn Henry teilnimmt. Der betont zwischendurch den Kunstcharakter des Buches, muss er auch, denn das von Kummers Söhnen handelnde Buch schrammt passagenweise an "der Grenze zur Pädophilie"vorbei, stellt der Kritiker fest, der das Buch dann aber doch schlicht"grandios" findet. In dieser "halluzinativ" anmutenden Mischung ausThriller, Heimatroman, Gespenstergeschichte und Road-Novel gleitet er mit dem als Chauffeur arbeitenden Kummer im schwarzen Mercedes durch Schweizer Nächte und begegnet neben einer Reihe von illustren Fahrgästen auch der verstorbenen Nina und anderen an Murakami erinnernden Märchenwesen. Vor allem aber begleitet der Kritiker den Autor mit"frivol kalkuliertem Thrill" in die "Zwischenwelt der Trauer". Mit dem Interview-Fälscher von einst hat der zum Schriftsteller gereifte Kummer nichts mehr gemeinsam, wischt der Rezensent Kummers Vergangenheit schließlich vom Tisch.