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Kreisgrabenanlage Von Pömmelte ging Europa aus

Mit einer Zeremonie ist das Ringheiligtum Pömmelte offiziell eröffnet worden. Die Anlage ist ein Nachbau einer Kultstätte.

Von Ulrich Meinhard 22.06.2016, 04:01

Pömmelte l Nun ist sie komplett. Der Nachbau einer Kreisgrabenanlage, wie sie vor über 4000 Jahren den damaligen Menschen als Kult- und wohl auch als Begräbnisstätte diente, ist am Dienstag bei Pömmelte feierlich eröffnet worden. Zur Einweihung eingeladen hatte der Salzlandkreis, der Bauherr der Anlage ist. Der Einladung folgten neben Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) unter anderem Landesentwicklungsminister Thomas Webel (CDU) sowie die Staatssekretäre Edwina Kupfer-Koch, Gunnar Schellenberger und Armin Willingmann.

Entstanden sei das Original vor knapp 4200 Jahren mit dem Zusammengehen von drei Kulturen unterschiedlicher Prägung. Zum einen die Alteingessenen, die hauptsächlich von der Jagd lebten, zum anderen Zuwanderer aus dem heutigen Spanien und der heutigen Ukraine, die den Ackerbau mitbrachten. Die Spannungen, die dabei entstanden, haben die Menschen mit dem Bau einer gemeinsamen Kultstätte versucht aufzulösen, so Meller. Das Rund sei eine Stätte des Treffens gewesen, auch eine Stätte des Friedens, vergleichbar mit Olympia im alten Griechenland, wo sich griechische Stämme, die sonst gegeneinander kämpften, im friedlichen sportlichen Wettkampf maßen.

Der Nachbau werde dazu beitragen, Sachsen-Anhalt und den Salzlandkreis touristisch noch interessanter zu machen, sagte Meller voraus. Denn in der Bedeutung stehe Pömmelte der weltbekannten Anlage in Stonehenge (England) in nichts nach: „Beide haben den gleichen Grundriss.“ Es sei nur das Glück der Engländer, dass dort mit Steinen gebaut wurde, während das Holz bei Pömmelte schnell verwitterte.

Meller betonte, dass Europa von hier ausging, sowohl kulturell als auch hinsichtlich der Vererbung. Die Gene der Menschen in den europäischen Ländern hätten sich seither nicht mehr verändert.

Meller befand, dass Sachsen-Anhalt spannende Wege mit dem Archäologie-Tourismus gehe, zu dem auch das Projekt Himmelwege gehört, dessen nördlichster Punkt das Ringheiligtum Pömmelte ist.

Die Anlage sei so gestaltet, dass sich die Betriebskosten überschaubar darstellen. Der Bereich müsse lediglich gemäht und die Wege gepflegt werden, sagte der Professor.

Der Salzlandkreis ließ in einer Erklärung verkünden, dass mit dem Tag der Sommersonnenwende ein neuer Stern aufgehe, nämlich die Eröffnung des Ringheiligtums. Die Anlage, meinte Landrat Markus Bauer (SPD), sei eine Sensation. Geschichte werde hier erlebbar und greifbar. Wer sie allerdings auf Dauer betreibt und wie genau das aussehen soll, ist nicht geklärt. Vorerst hat das kleine Team des Salzlandmuseums in Bad Salzelmen diese Aufgabe übernommen - besser gesagt zugewiesen bekommen. Musumsleiterin Petra Koch und ihr wissenschaftlicher Mitarbeiter Frank Löbig sehen aber zweifellos die große Bedeutung und die Anlage ganz klar als Geschenk.

Beide wiesen darauf hin, dass sich bereits für den heutigen Mittwoch die erste Gruppe für eine Führung angemeldet hat, es sind Schüler der Schönebecker Maxim-Gorki-Schule. Sie werden beim Rundgang wohl auch erfahren, was Löbig am Dienstag erklärte: „Feste, die mit dem Stand der Sonne zusammenhängen, haben die Menschen damals hier gefeiert. Die Daten kennen wir heute zu einem Großteil noch immer, wie den 1. Februar, wenn Lichtmess gefeiert wird, den 30. April, die Walpurgisnacht oder den 30. Oktober, Helloween. Zu damaligen Zeiten waren es wichtige Termine für Aussaat und Ernte.“

Mit Anlagen wie der Kreisgrabenanlage seien die Hie-rarchien unter den Menschen entstanden, so Löbig. Denn wer das Wissen hatte, hatte die Macht. „Wenn wir heute keinen Kalender hätten, wüssten wir ja auch nicht, wann Frühlingsanfang ist.“

In mehreren Lehrgängen sind Gästeführer ausgebildet worden. Aus einer anfangs großen Schar blieben sieben Personen übrig, darunter die Schönebecker Waldemar Liedicke und Hans-Jürgen Koch. Eine Führung dauert etwa 60 Minuten und kostet pro Person 3,50 Euro, allerdings müssen mindestens zehn zahlende Teilnehmer zusammenkommen. Eine Anmeldung ist im Salzlandmuseum möglich, Telefon (03471) 6 84 25 60 oder per E-Mail museum@kreis-slk.de.

Geplant ist für den August (wahrscheinlich 11. August) eine Ausstellung im Salzlandmuseum, mit der Fundstücke präsentiert werden, die bei den Ausgrabungen zutage kamen.

Bei der Eröffnung zugegen waren viele Bürgermeister aus dem Salzlandkreis, wie Bert Knoblauch (Schönebeck), Jens Strube (Barby). Bernd Nimmich (Bördeland), Henry Schütze (Bernburg) sowie der ehemalige Landrat Ulrich Gerstner.

Für eine frühzeitliche Atmosphäre sorgte die Dance-Factory aus Egeln. Befragt nach dem Ursprung der Choreographie sagten die beiden Mädchen Maike und Kira: „Wir haben uns einfach etwas ausgedacht und daran ein paar Wochen geprobt.“

Ein ganz großes Geheimnis hatte der Salzlandkreis um die angekündigte „kulinarische Überraschung“ gemacht. Sogar Minuten vor der Eröffnung war sie noch streng geheim. Die „Steinzeitsuppe“ entpuppte sich schließlich als normale Linsensuppe. Salzlandkreis-Sprecherin Alexandra Koch wies das Wort „normal“ zurück und verwies aber auf „besondere Zerealien“. Wer sie aß, war jedenfalls froh, dass sich keine Steine darin befanden.