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Bilanz zum Jahresende Bahn wohl so unpünktlich wie nie

Die Deutsche Bahn stellt im Jahr 2022 vermutlich einen Verspätungsrekord auf. Im Fernverkehr waren laut einem Bericht von Januar bis November im Schnitt nur 65,6 Prozent der Züge pünktlich. Der Konzern hat Erklärungen parat.
Reisende in Hamburg nach Zugausfällen wegen eines Kabelbrandes (im Mai 2022): Schlechte Bilanz

Reisende in Hamburg nach Zugausfällen wegen eines Kabelbrandes (im Mai 2022): Schlechte Bilanz

Foto: Jonas Walzberg / dpa

Wer in den vergangenen Monaten mit der Deutschen Bahn unterwegs war, dürfte betroffen gewesen sein: Die Bahn hat sich im zu Ende gehenden Jahr beim Thema Unpünktlichkeit wohl selbst übertroffen.

Im Fernverkehr waren von Januar bis November im Schnitt nur 65,6 Prozent der Züge pünktlich, in den Sommermonaten Juli bis August lag die Quote sogar jeweils unter 60 Prozent. Diese Zahlen gehen laut »Rheinischer Post« aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Unionsfraktion hervor.

Demnach ist die aktuelle Pünktlichkeitsentwicklung nach Auffassung der Bundesregierung »nicht zufriedenstellend«. In manchen Regionen sei die Pünktlichkeitsquote zeitweise unter 50 Prozent gefallen.

»Die Pünktlichkeitsquoten der Bahn haben ein historisches Tief erreicht«, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Bareiß (CDU), der Zeitung.

Konzernchef Richard Lutz hatte schon im ersten Halbjahr das Ziel einkassiert, dieses Jahr im Fernverkehr 80 Prozent Pünktlichkeit zu erreichen. Der Vorjahreswert lag bei 75 Prozent.

»So wie es ist, kann es nicht bleiben«

Insbesondere im Sommer waren verspätete Züge fast schon die Regel: In den Monaten Juni, Juli und August fiel die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr auf jeweils unter 60 Prozent. Bei der Bahn gelten Züge als pünktlich, die mit weniger als sechs Minuten Verspätung am Ziel ankommen. In den drei Sommermonaten war mehr als jeder fünfte Fernzug mehr als 15 Minuten zu spät.

Im September und Oktober waren dann wieder mehr Züge pünktlich unterwegs, der Trend kehrte sich im November jedoch erneut um. »Die sehr hohe Auslastung des Netzes und intensive Bautätigkeit kombiniert mit externen Störfaktoren – wie die Sabotage von Infrastruktur und die mehrwöchige Sperrung einer Hauptmagistrale des Schienenverkehrs – haben in diesem Herbst die Pünktlichkeit deutlich nach unten gezogen«, sagte ein Bahnsprecher der Nachrichtenagentur AFP.

Im Oktober hatten Unbekannte im nordrhein-westfälischen Herne und in Berlin Glasfaserkabel durchtrennt. Das dadurch zusammengebrochene Funknetz legte den Zugverkehr in weiten Teilen Norddeutschlands über Stunden lahm. Im November kollidierten bei Gifhorn dann zwei Güterzüge, es folgte eine wochenlange Streckensperrung zwischen Berlin und Hannover. Für Dezember lag noch keine Pünktlichkeitsquote vor – allein wegen dieser Streckensperrung bis Mitte Dezember ist aber wohl nicht mit einer Verbesserung zu rechnen.

»So wie es ist, kann es nicht bleiben«, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) der »Bild«-Zeitung. Der Bahnvorstand müsse geplante Reformen nun rasch umsetzen. Der Grünenabgeordnete Stefan Gelbhaar erklärte, »die Schiene hat viel aufzuholen, was in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt wurde«.

mmq/AFP