Katharina adlergleich

Katharina adlergleich
Vergiss nicht, dass du Flügel hast ...

Samstag, 29. August 2015

Wie auf Adlerflügeln getragen


Hoch in den Bergen kann man die Adler manchmal beobachten. Ihre riesigen Flügel können zwei Meter breit werden. Kaum ein Mensch hat ihr Nest je aus der Nähe gesehen. Das Nest liegt versteckt in den Felswänden.
Meist legen die Adler zwei Eier. Und wenn diese ausgebrütet sind, haben der Vatervogel und der Muttervogel viel zu tun. Sie fliegen hin und her auf der Suche nach Nahrung für die kleinen Adler.
Aber dann, so erzählt man, geschieht etwas Besonderes.
Die großen Vögel bleiben weg. Sie lassen ihre Jungen allein. Nicht nur für ein paar Stunden, sondern ganze Tage lang. Die Jungen piepen und werden immer ängstlicher. Sie haben Hunger. Werden sie sterben?
Wenn sie beinahe ganz erschöpft sind, dann hören die den Flügelschlag des Vaters.
Er fliegt hoch über dem Nest. Sie sind nicht verloren. Und nun ist auch die Mutter wieder da. Die Jungen strecken ihren mageren Hals und sperren den Schnabel auf.
Doch die Mutter tut etwas Unerwartetes. Sie fliegt auf das Nest zu. Und schon ist es geschehen. Sie hat den einen kleinen Adler aus dem Nest gestoßen.
Ängstlich flattert er mit seinen schwachen Flügeln. Aber er hat noch keine Kraft.
Eine Zeitlang hält er sich in der Luft, dann lassen ihn seine Flügel im Stich.
Er beginnt zu stürzen.
Auf diesen Augenblick hat der Vater gewartet. Rasch fliegt er herbei, streift den kleinen Adler von unten und fängt ihn mit seinen Flügeln auf. Er bringt ihn zum Nest zurück.
Gleich darauf fliegt die Mutter wieder auf das Nest zu und scheucht den anderen Adler über den Rand. Auch er taumelt ein wenig in der Luft, flattert mit seinen Flügeln und muss dann aufgeben. 
Auch dieses Junge lässt der Vater auf seinen Flügeln notlanden und trägt es ins sichere Nest zurück.
So geht das nun jeden Tag ein paar Mal, bis die Jungadler stärkere Flügel haben und selbst fliegen können.
(nach Willi Hoffsümmer)


Ich denke, was für natürliche Eltern gilt, das gilt ebenso für geistliche Elternschaft – für geistliche Mutterschaft.
Katharina Kasper ist geistliche Mutter vieler Töchter – bis heute. In besonderer Weise gilt das  für die jungen Schwestern der Kongregation, von denen die meisten in Missionsländern leben und wirken. Sie gibt ihnen Nestwärme durch ihr eigenes Vorbild und durch ihre geistliche Weisung Nahrung – bis heute. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, das Fliegen zu lernen, schubst Katharina ihre Töchter aus dem Nest – damals wie heute. Früher hat sie es selbst gemacht: aus der Geborgenheit des Noviziates werden die jungen Frauen in nicht selten sehr anspruchsvolle Aufgaben „geschubst“. Heute übernehmen dies die Frauen, die im Geiste Katharinas Leitungsaufgaben wahrnehmen.

Manchmal tut das Schubsen weh. Aber nur, wenn der junge Adler aus dem Nest fällt, kann er das Fliegen lernen.

Und der geistliche Vater, der den jungen Adler auffängt?
Klar, alle Vergleiche hinken irgendwo. Aber ich wage zu behaupten: Es ist Gott selbst, der den jungen Adler auffängt, ihn auf seinen Flügeln notlanden lässt und in die Sicherheit zurückträgt.

Wie auf Adlerflügeln getragen – Katharina macht diese Erfahrung; und diese Erfahrung gibt sie an ihre Töchter weiter, die diese Erfahrung machen, wenn sie bestrebt sind, Nachfolgerinnen Katharinas zu sein und immer mehr zu werden.
STH