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Schwerpunkt Gemeinwohlökonomie beim Wirtschaftsempfang in Schongau

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Wirtschaftsempfang Schongau Gemeinwohlökonomie
Jörn Wiedemann (rechts) führte beim Wirtschaftsempfang zum Thema Gemeinwohlökonomie und -bilanzierung ein. © Screenshot

Schongau – Um die „Gemeinwohl-Bilanz aus unternehmerischer Sicht“ ging es am Donnerstagabend letzter Woche beim Wirtschaftsempfang im Ballenhaus. Dazu eingeladen, vor Ort oder vom Bildschirm aus teilzunehmen, hatten die Stadt und der Bund der Selbständigen in Schongau.

Unter die rund 30 Zuhörer aus der Wirtschaft, die sich vor Ort eingefunden hatten, hatten sich interessehalber auch einige Stadträte gemischt. Im Gremium sei die Gemeinwohlbilanz im Frühjahr 2019 bereits Thema gewesen, erinnerte Bürgermeister Falk Sluyterman. Dann aber sei es etwas auf die Wartebank gerutscht. Nun gelte es, sich wieder eingehender damit zu beschäftigen.

Er stelle teilweise die Tendenz fest, sich in schwierigen Zeiten als Einzelkämpfer durchschlagen zu wollen schilderte Dr. Harald Dinter, Vorsitzender des BDS-Ortsverbands Schongau. Dabei sei es die Gemeinschaft, die der eigenen Stimme mehr Gewicht verleihe. Über das Thema des Abends, die Gemeinwohlbilanzierung, sei er froh. „Sehr spannend“, fand auch Zweite Bürgermeisterin und Mit-Organisatorin des Abends Daniela Puzzovio.

Jörn Wiedemann, Trainer und Berater für nachhaltiges Wirtschaften, sah in seinem Vortrag in der „Graswurzelbewegung“ Gemeinwohlökonomie ein alternatives Wirtschaftsmodell, das die soziale Marktwirtschaft weiterdenke, indem sie sie durch ökologische Elemente ergänze. Kernforderung sei es, soziale und ökologische Auswirkungen des Wirtschaftens aus dem Hintergrund zu holen. „Diese sollte man ansehen und dann schauen, ob auch die Finanzen passen. In Wirklichkeit machen wir es aber anders herum.“ Geld solle ein Werkzeug zum Wirtschaften sein, nicht dessen Ziel. Überhaupt: „Wir sollten über richtige Größen nachdenken, statt dem ständigen Wachstumsdogma zu folgen.“

Die Gemeinwohlbilanzierung lege entsprechende Maßstäbe an. Die sich den entsprechenden Kriterien stellenden Unternehmen erhielten einen vollumfänglichen Überblick ihrer Nachhaltigkeit. Das schaffe Transparenz, steigere die Reputation und Mitarbeiterzufriedenheit, sei ein Pfund bei der Mitarbeitergewinnung. Vor allem aber: Die eingehende Beschäftigung mit sich selbst helfe bei der Organisationsentwicklung, weil sie Verbesserungspotenzial über den Status Quo hinaus aufzeige. Durch die Vergleichbarkeit der Unternehmen zwischeneinander entstehe die Möglichkeit zum Seitenblick und zur gegenseitigen Inspiration. Und zu erheben habe ein Unternehmen ja aufgrund entsprechender Regularien ohnehin schon jede Menge.

„Turbo-Boost“

„Die Gemeinwohlbilanzierung ist ein klasse Bewertungsinstrument“, stimmte Christine ­Machacek, Geschäftsführerin von SÄBU Holzbau in Biessenhofen, zu. Etwa 100 Stunden habe die erstmalige Bilanzierung im vergangenen Jahr für ihr Unternehmen gedauert. „Hat die Frau nix anderes zu tun?“ Freilich, aber die Vorteile überwiegen. Manche lohnende Maßnahmen, die daraufhin umgesetzt wurden, hätte SÄBU Holzbau womöglich auch ohne Gemeinwohlbilanzierung in Angriff genommen. „Aber sie war ein absoluter Turbo-Boost.“ Zur Frage, ab welcher Betriebsgröße die Gemeinwohlbilanzierung sinnvoll ist, hatte Wiedemann eine klare Meinung: „ab jeder“.

Als Genossenschaftsbank sei das Thema für die Raiffeisenbank Pfaffenwinkel naturgemäß ein spannendes, meldete sich Vorstand Mario Lindauer. Er sehe aber eine Diskrepanz zwischen Sagen und Handeln in der Gesellschaft, abzulesen daran, wie der Internet- dem lokalen Einzelhandel den Rang ablaufe. „Macht die Bevölkerung mit?“ – das sei die entscheidende Frage.

Kunden, Wirtschaft, Politik – jeder wähne den anderen in der Verantwortung, sagte Wiedemann. Allerdings sehe er auf nationaler und europäischer Ebene wichtige Impulse im Hinblick auf die Gesetzgebung. Und die wichtigsten Impulse, „die kommen von Unternehmen mit intrinsischer Motivation.“

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