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Sport

Teil 3: Die Menschen hinter dem Kult

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Der Fälschungs-Skandal. Zum 1. Mal spricht Pedro Brombacher

Wie geht’s? Häufig gestellte Frage. Immer verbunden mit der Hoffnung zu hören: Prima, danke. Und selbst? In diesem Fall ist das anders. „Wie soll es einem gehen, wenn man mit 64 noch arbeiten muss – bestimmt nicht gut.“ Sagt Pedro Brombacher, 3 Jahre Manager von Union. In einer Zeit, in der der Klub in seinen größten Skandal schlidderte. Ein Regen-Tag im Juni 1993. Erst singen die Puhdys, dann schlägt Union Bischofswerda 1:0. Ein irrer Schrei zieht von Köpenick durch Berlin: Union hat den Aufstieg in die 2. Liga geschafft. Fans umarmen Spieler. Trainer Frank Pagelsdorf weint vor Glück. Nur 3 Tage später: Der DFB hat erfahren, dass den Lizenzpapieren eine gefälschte Bankbürgschaft beiliegt. Er entzieht Union die Lizenz. Der Verein klagt, verliert aber in drei Instanzen. Manager Brombacher wird entlassen. Er gilt als Drahtzieher. Lichtenberg im Jahr 2001. Rechts Plattenbauten, links ein paar alte Lagerhallen. In einer, die als Getränkemarkt dient, arbeitet Pedro Brombacher. Er leitet den Markt. Wir treffen uns in seinem Büro. Ein Container, 8qm groß, umringt von riesigen Paletten mit Bier, Wasser und Limonade. Fast acht Jahre sind vergangen. Brombacher gab in dieser Zeit kein einziges Interview. Jetzt bricht er sein Schweigen, exklusiv in der BZ. Er trägt ein blaues Hemd, blaue Jeans. Sitzt an seinem Schreibtisch, vor ihm Berge Papier. „Was soll ich erzählen?“, fragt Brombacher. Die Wahrheit, bitte. Brombacher liebt Union. Das tat er immer, und so ist’s noch heute. „Es ist schön, was da passiert – Aufstieg, Pokalfinale, Europacup. Das ist super.“ Dann verfinstert sich seine Miene langsam. Leise sagt er: „Nur zwei Mal habe ich die Alte Försterei nach meiner Entlassung noch betreten, sonst nicht. Ich kann da nicht hingehen, das geht nicht.“ Ihn verfolgt der Fälschungsskandal bis heute. Eine Million war’s damals, die dazugeschummelt worden sein soll. Brombacher: „Ich habe nicht gewusst, dass die Bürgschaft gefälscht war. Das ist so, und das muss man mir auch glauben.“ Die Richter taten’s. Dennoch wurde Brombacher verurteilt, „weil ich die Bürgschaft weiter gereicht habe. Und das zählt auch als Urkundenfälschung.“ Er wurde auf Bewährung verurteilt, gilt aber nicht als vorbestraft. Trotzdem zermürbt ihn die Sache. Erst vor neun Wochen, erzählt Brombacher, stand er wieder vor dem Richter. Wieder ging es um Union. „Man hat versucht, mich in den vergangenen Jahren für alle Unregelmäßigkeiten verantwortlich zu machen. Doch man kann nicht nur mir die Schuld dafür geben, dass der Verein damals nicht in der Lage war, seine Verbindlichkeiten bei den Krankenkassen und dem Finanzamt zu tilgen.“ Rund 13000 Mark Strafe musste Brombacher im Zuge der Union-Prozesse zahlen. Viel Geld für ihn, denn nach seinem Rausschmiss bei Union blieben ihm lange nur Gelegenheitsjobs. Das Telefon klingelt. Einer von 80 Großkunden bestellt 40 Kisten Wasser. „Typisch“, sagt Brombacher, „wenn es warm draußen ist, fällt den Leuten ein, dass sie Wasser brauchen.“ Was jetzt eine Kollegin macht, gehört sonst auch zu seinen Aufgaben: Gabelstapler nehmen und Kisten sortieren, damit es beim Abholen schneller geht. Verkehrte Welt? Heute managt Brombacher Getränkelieferungen, damals einen Fußballklub. „Niemand hat uns erklärt, wie das Profigeschäft läuft.“ Von einem Tag auf den anderen wurden die Zuwendungen der Sportbosse gestrichen, „da mussten die Ostvereine plötzlich zusehen, wo das Geld herkommt und wie wir zum Beispiel unsere 38 festangestellten Mitarbeiter bezahlen.“ Jedoch blieb jegliche Hilfe aus. „Viele alte DDR-Funktionäre waren doch nur darum bemüht, ihre Schäfchen ins Trockene zu kriegen.“ Brombacher gibt aber zu: „Ich habe auch Fehler gemacht. Ich habe Leuten vertraut, die sich bei Union nur bereichern wollten. Die große Töne gespuckt und Geld versprochen haben, das sie nicht hatten.“ So wie der damalige Sponsor Gruhn, der nach der Lizenzverweigerung Pleite ging. Er versucht abzuhaken, was er nicht abhaken kann. Und so sagt Brombacher über den heutigen Präsidenten Heiner Betram: „Ich kenne ihn nicht, aber ich ziehe den Hut vor ihm. Denn ich weiß, dass es Knochenarbeit gewesen sein muss, aus dem Scherbenhaufen wieder etwas aufzubauen.“

Lesen Sie im 4. Teil

Wie Bertram Union wieder auf die Beine brachte, wie nach all den Tränen wieder Lachen einkehrte.

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