Eine Panikstörung ist durch wiederkehrende und unvorhersehbare Panikattacken und die ständige Angst vor weiteren Panikattacken gekennzeichnet. Die 12-Monats-Prävalenz liegt in der Allgemeinbevölkerung zwischen 1,7 und 2,4 % (1, 2). Panikattacken werden häufig von körperlichen Symptomen begleitet wie zum Beispiel Atemnot, Herzrasen oder Brustschmerzen. Menschen mit einer Panikstörung zeigen oft dysfunktionale Verhaltensweisen wie beispielsweise ein Vermeidungsverhalten, um künftige Attacken zu verhindern. Dies kann zu erheblichen Einschränkungen ihrer täglichen Aktivitäten und einer verminderten Lebensqualität führen (3, 4).
In den Behandlungsleitlinien wird die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit Expositionstherapie empfohlen (5). Die Patientinnen und Patienten konfrontieren sich – mit oder ohne therapeutische Anleitung – mit angstauslösenden Situationen und gewinnen dabei Erkenntnisse zu ihren körperlichen Symptomen, Sicherheitsstrategien und ihrem Vermeidungsverhalten (6). Etwa ein Drittel der Menschen mit einer Panikstörung wird jedoch nicht psychologisch behandelt (7). Zu den Behandlungsbarrieren gehören ein Mangel an ausgebildeten Therapeutinnen und Therapeuten, hohe Behandlungskosten sowie Scham und Stigmatisierung bei der Suche nach psychologischer Hilfe (8).
Die internetbasierte kognitive Verhaltenstherapie (iKVT) stellt eine vielversprechende Behandlungsoption für Menschen mit Panikstörungen dar. iKVT umfasst strukturierte Web- oder App-basierte Programme, die gezielt die Barrieren adressieren, einen Platz für eine Psychotherapie mit persönlichem Kontakt zu bekommen (9). iKVT-Programme haben sich als wirksam zur Verringerung von Ängsten erwiesen, mit mittleren bis großen Effektgrößen im Vergleich zu inaktiven Kontrollbedingungen und kleinen Effektgrößen im Vergleich zu aktiven Kontrollgruppen mit konventioneller kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) (10). Carlbring et al. (2018) (11) berichteten von einer vergleichbaren Wirksamkeit bei der Behandlung von Paniksymptomen (g = 0,05), wobei die Anwendung von iKVT kostengünstiger ist (12).
Die Exposition bei Personen mit Panikstörung konzentriert sich hauptsächlich auf die interozeptive Exposition, obwohl auch äußere Reize Panikattacken auslösen können. Dadurch verstärktes agoraphobisches Verhalten, das häufig nicht erkannt und behandelt wird, kann mit einer Panikstörung einhergehen (13, 14, 15). Die Expositionstherapie gilt als eines der wirksamsten Elemente der klassischen KVT (16, 17) und wurde auf das iKVT-Setting übertragen. Virtuelle Realität (VR) kann in Expositionstherapie integriert werden, um reale Szenarien zu simulieren. Dies ermöglicht eine bessere Kontrolle über die dargebotenen Stimuli und damit eine größere Präzision während der Übung.
Bei Angststörungen zeigt Expositionstherapie in VR (VRET) eine insgesamt große Effektstärke im Vergleich zu Wartelistenbedingungen (g = 0,90) und eine mittlere bis große Effektstärke im Vergleich zu aktiven Kontrollbedingungen (g = 0,78) (18). Während VRET für die Verbesserung der iKVT bei Personen mit Panikstörung nützlich sein könnte, gibt es unseres Wissens bislang keine Studie, in der die Wirksamkeit von VRET in Eigenregie untersucht wurde. In Deutschland übernehmen die Krankenkassen derzeit nur für ein einziges App-basiertes Programm die Kosten, das auch selbstgeleitete VRET für Panikstörungen integriert: Invirto. Erste Daten zur Smartphone-App Invirto (IVT) wurden auf der Website des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlicht (https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis/00300). Allerdings waren Patientinnen und Patienten mit Panikstörungen leicht unterrepräsentiert, sodass zusätzliche Daten benötigt werden.
Zielsetzung
Ziel dieser Studie war es, die Wirksamkeit von IVT im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit Zugang zur Regelversorgung („care as usual“, CAU) zu untersuchen. Auf Basis metaanalytischer Daten (19) wurde angenommen, dass
die IVT-Gruppe über den dreimonatigen Interventionszeitraum (t0–t1) eine stärkere Verbesserung des primären Endpunkts und der sekundären Endpunkte im Vergleich zur CAU-Gruppe zeigen würde
nach verzögertem Erhalt der Intervention in der CAU-Gruppe eine Abnahme des primären und der sekundären Endpunkte zwischen t1 und t2 eintreten würde
eine hohe Zufriedenheit mit IVT (gemessen mit dem Fragebogen zur Messung der Patientenzufriedenheit, ZUF-8) erreicht würde.
Als primärer Endpunkt galt der Unterschied zwischen den Baseline- und Post-Assessment-Scores des Beck-Angst-Inventars (BAI).
Die sekundären Endpunkte betrafen Veränderungen der
panikspezifischen Symptomatik (gemessen mit der Panik- und Agoraphobie-Skala, PAS)
psychologischen Flexibilität (Fragebogen zu Akzeptanz und Handeln II, FAH-II)
Depressionssymptome (Beck-Depressions-Inventar-II, BDI-II)
Lebensqualität (globales Item des World Health Organization Quality of Life Questionnaire, WHOQOL-BREF).
Methoden
Studiendesign
Bei der Studie handelte es sich um eine zweiarmige randomisierte kontrollierte Studie (RCT), in der IVT mit CAU verglichen wurde. Die IVT-Gruppe erhielt direkt zu Beginn der Studie (t0) Zugang zur Intervention und wurde angewiesen, dem Therapiepfad von IVT zu folgen (Tabelle 1). Die CAU-Gruppe bekam keine Anweisungen und wurde darüber informiert, dass die Teilnehmenden bei Bedarf die Regelversorgung nutzen können. Nach drei Monaten (t1) wurde ein Cross-Over der Therapien durchgeführt und die CAU-Gruppe erhielt ebenfalls Zugang zu IT. Es erfolgte ein Prä-Post-Vergleich, um die Effekte innerhalb der Gruppe zu analysieren (die Ergebnisse der Folgebefragung und die Zufriedenheitsraten sind im eErgebnisteil, eGrafik 1, eTabelle 1 und eTabelle 2 zu finden). Die Studie wurde von der lokalen Ethikkommission genehmigt (LPEK-0415) und beim deutschen Register für klinische Studien präregistriert (#DRKS00027585). Weitere Einzelheiten finden sich im eMethodenteil und im veröffentlichten Studienprotokoll (20).

Tabelle 1
Module und Inhalte der Smartphone-App Invirto (IT)
Im Abbildungsverzeichnis
eGrafik 1
Fragebogen zur Messung der Patientenzufriedenheit (ZUF-8)
Im Abbildungsverzeichnis
eTabelle 1
Angst, Panik, Depression, psychologische Flexibilität, Lebensqualität zu t2, nach Cross-Over der Therapie*1
Im Abbildungsverzeichnis
eTabelle 2
Ergebnisse der Varianzanalysen (ANCOVA) für die vollständigen Fälle (CC) im Zeitverlauf für primäre und sekundäre Endpunkte (Mittelwerte und Standardabweichungen beziehen sich auf CC-Analysen)
Im AbbildungsverzeichnisTeilnehmende und Studienablauf
Potenzielle Studienteilnehmende nahmen an einem strukturierten klinischen Interview für DSM-5 (SCID-5) (DSM, Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) (21) mit einer/einem klinischen Psychologin/Psychologen teil, um die Diagnose einer Panikstörung zu sichern. Nach Klärung der Ein- und Ausschlusskriterien (Kasten) wurde eine Erhebung über die Online-Plattform Qualtrics zu Beginn der Studie (t0) durchgeführt, um soziodemografische und psychopathologische Daten in Form von Selbstauskünften zu erfassen (Tabellen 2 und 3). Drei Monate nach Studienbeginn (t1) und in der Nachbefragung sechs Monate nach Studienbeginn (t2) (Grafik) wurden die gesundheitsbezogenen primären und sekundären Endpunkte erneut erhoben.

Grafik
Flow chart: Übersicht des Studienablaufs
Im Abbildungsverzeichnis
Kasten
Einschlusskriterien und Ausschlusskriterien
Im Abbildungsverzeichnis
Tabelle 2
Deskriptive Merkmale und Gruppenvergleiche der Teilnehmenden zu Beginn der Untersuchung (t0)*1
Im Abbildungsverzeichnis
Tabelle 3
Klinische Merkmale der Teilnehmenden zu Beginn der Untersuchung (t0)*
Im AbbildungsverzeichnisIntervention
Bei IVT handelt es sich um ein App-basiertes iKVT-Programm mit VRET in Eigenregie zur Behandlung von Panikstörungen (8 Module, circa 15 Stunden; Tabelle 1), das über einen Zeitraum von 12 Wochen abgeschlossen werden soll. Die Inhalte entsprechen den nationalen Leitlinien für die Therapie von Angststörungen (5) und basieren auf etablierten deutschen Behandlungsmanualen (22, 23, 24). IVT umfasst Audio- und Videolektionen mit erfahrenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie praktische Übungen zur virtuellen und interozeptiven Exposition und kognitiven Umstrukturierung. Die Anwendungen können beliebig oft wiederholt werden. Für die Nutzung der App (zum Beispiel zu Hause) erhalten die Patientinnen und Patienten eine VR-Brille und einen Kopfhörer. Zur Unterstützung bei der selbstgeleiteten VRET stehen außerdem zwei Videokonferenzsitzungen (jeweils 50 Minuten) mit einer/einem klinischen Psychologin/Psychologen des Anbieters Sympatient zur Verfügung.
Messinstrumente
Alle Instrumente sind im eMethodenteil detailliert beschrieben. Die Methodik und die Endpunkte wurden zur Vergleichbarkeit mit der früheren IVT-Studie ähnlich gewählt. Primärer Endpunkt war die Veränderung der Angstsymptome im Zeitraum t0–t1, gemessen mit dem BAI, im Vergleich zwischen den Gruppen (25, 26).
Sekundäre Endpunkte waren Veränderungen in den folgenden Bereichen:
Angstsymptome (PAS)
Depression (BDI-II)
Lebensqualität (WHOQOL-BREF)
psychologische Flexibilität (FAH-II)
Zufriedenheit mit dem Programm (ZUF-8).
Negative Effekte wurden mithilfe des Reliable Change Index (RCI) bewertet, mit dem klinisch signifikante Veränderungen (Verschlechterungen) in den Punktwerten einer Person unter Berücksichtigung der Testzuverlässigkeit und des Messfehlers bestimmt werden (27). In dieser Studie wurde der RCI angewandt, um eine signifikante Symptomverschlechterung der BAI-Werte von t0–t1 zu bestimmen. In der Annahme, dass negative Erfahrungen mit IVT zu einer geringeren Adhärenz führen würden, wurden Patientinnen und Patienten, die laut eigener Angaben IVT weniger als einmal pro Woche nutzten, nach Hindernissen für die Nutzung gefragt (eMethodenteil).
Datenanalyse
Als primäre Analysen wurden Intention-to-treat(ITT)-Analysen mit multipler Imputation durchgeführt. Die Gruppenzuweisung, soziodemografische Variablen (Tabelle 2) und psychopathologische Variablen bei Studienbeginn (Tabelle 3) wurden als Prädiktoren für die Imputation in das Modell eingegeben; es erfolgten 100 Imputationen. Zur Überprüfung der Hypothesen wurden Kovarianzanalysen (ANCOVA) mit den jeweiligen Ausgangswerten als Kovariate berechnet. Abhängige Variable war die Veränderung der BAI-Werte von t0–t1. Kombinierte p-Werte und Effektstärken werden unter Verwendung von Cohen‘s d angegeben; Werte von 0,2 bis < 0,5 zeigen eine kleine Effektstärke an, Werte von 0,5 bis < 0,8 eine mittlere und > 0,8 eine große (28).
Ergebnisse
Demografische Merkmale
Die demografischen Daten sind in Tabelle 2 dargestellt und im eErgebnisteil näher beschrieben.
Wirksamkeit
ITT-Analysen
Für den primären Endpunkt Angst (BAI) zeigten die Analysen eine größere Verbesserung in der IVT-Gruppe im Vergleich zur CAU-Gruppe, mit einem kleinen Effekt (p < 0,029; d = –0,46; 95-%-Konfidenzintervall [–0,87; –0,04]; Tabelle 4, eGrafik 2). Auch bei den sekundären Endpunkten war die Verbesserung in der IVT-Gruppe größer, mit einem mittleren Effekt für Paniksymptome (PAS; p < 0,003; d = –0,63, [–1,05; –0,22]) und einem kleinen Effekt für depressive Symptome (BDI-II; p = 0,040; d = –0,44, [–0,86; –0,02]) sowie Erlebnisvermeidung und psychologische Flexibilität (FAH-II; p = 0,045; d = –0,42, [–0,84; –0,01]). Die Veränderung der Lebensqualität unterschied sich nicht zwischen den Gruppen (WHOQOL-BREF; p = 0,216; d = 0,24, [–0,15; 0,63]).

Tabelle 4
Primärer Endpunkt Angst und sekundäre Endpunkte Panik, Depression, psychologische Flexibilität, Lebensqualität – Ergebnisse der Kovarianzanalyse (ANCOVA) für die ITT-Analyse, t0 und t1
Im Abbildungsverzeichnis
eGrafik 2
Veränderung des primären Endpunkts Angst (BAI) zwischen den Gruppen
Im AbbildungsverzeichnisNegative Auswirkungen: Symptomverschlechterung (RCI)
Die ITT-Analysen zeigten, dass eine Person in der IVT-Gruppe und zwei Personen in der CAU-Gruppe eine klinisch bedeutsame Symptomverschlechterung im Zeitraum t0– t1 erfuhren, gemessen anhand des RCI.
Diskussion
Die App-basierte iKVT ist ein vielversprechendes Instrument zur Behandlung von Paniksymptomen und zur Erweiterung der Anwendung evidenzbasierter Behandlungen, da sie niedrigschwellig, flexibel und unabhängig von Zeit und Ort durchzuführen ist. Für die Patientinnen und Patienten könnten Smartphone-Anwendungen wie IVT einfacher zu nutzen sein, da andere digitale Interventionen nur als webbasierte Interventionen zur Verfügung stehen. Die aktuelle Studie ergab eine stärkere Verbesserung aller primären (BAI) und sekundären Endpunkte (PAS, BDI-II, FAH-II), mit Ausnahme der Lebensqualität (WHOQOL-BREF), über einen Zeitraum von drei Monaten für IVT im Vergleich zu CAU.
Das Ergebnis zum primären Endpunkt zeigt, dass IVT der CAU bei der Verringerung von Angstsymptomen (BAI) überlegen war, auch wenn die Effektgröße klein ausfiel (d = –0,46) und damit geringer war als in früheren Studien, in denen mittlere bis große Effektgrößen ermittelt worden waren (29, 30). Mehrere Faktoren könnten hierfür verantwortlich sein:
Erstens könnten unerwartete externe Einflüsse, zum Beispiel die während des Studienzeitraums aufgetretene Pandemie, die Ängste der Patientinnen und Patienten verstärkt haben.
Zweitens basiert IVT zwar auf einer empirisch validierten Behandlung, jedoch traten bei einigen Teilnehmenden technische Probleme auf, die die Wirksamkeit beeinträchtigt haben könnten.
Drittens könnten zudem methodische Faktoren eine Rolle gespielt haben, da insbesondere die Paniksymptome (gemessen mit dem PAS) mit einer mittleren Effektgröße (d = –0,63) verbessert wurden, was mit den Ergebnissen früherer Studien übereinstimmt und möglicherweise die Ziele von IVT besser widerspiegelt, da diese Skala speziell auf Paniksymptome ausgerichtet ist.
Auch wenn die BDI-II-t0-Werte in der aktuellen Stichprobe hoch erscheinen mögen, stehen die vorliegenden Daten im Einklang mit anderen Untersuchungen, die eine hohe Komorbiditätsrate zwischen Panikstörung und schwerer depressiver Störung von 38,5 % zeigen (31). Da die Erhebung während der COVID-19-Pandemie stattfand, waren die depressiven Symptome zum Zeitpunkt t0 möglicherweise ausgeprägter als üblich (32, 33). Übereinstimmend mit Forschungsergebnissen, die zeigen, dass Patientinnen und Patienten, die eine panikorientierte Psychotherapie erhielten, häufig eine deutliche Remission ihrer diagnostizierten Depression erfahren (34), führte die Anwendung von IVT zu einer Abnahme der depressiven Symptome mit einer geringen Effektgröße (d = –0,44). Geringere Adhärenzwerte waren jedoch mit einer stärkeren depressiven Symptomatik verbunden, was auch die Abbruchraten in der vorliegenden Stichprobe beeinflusst haben könnte. Möglicherweise sind zusätzliche Optimierungen erforderlich, um Patientinnen und Patienten mit einer komorbiden Depression in der Behandlung zu halten (34).
Panikstörungen können die Lebensqualität beeinträchtigen (3, 4), insbesondere wenn sie unbehandelt bleiben (35, 36). In der vorliegenden Studie wurden keine Gruppenunterschiede in Bezug auf die Verbesserung der Lebensqualität (p = 0,2) festgestellt. Selbst innerhalb der Gruppen gab es nur eine geringe Veränderung zwischen t0 und t1. Allerdings gab es in der IVT-Gruppe numerisch einen etwas größeren Unterschied von t0 zu t1, der durch weitere Verbesserungen wie zusätzliche Module, die auf die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten ausgerichtet sind, vergrößert werden könnte.
Das Niveau der Erlebnisvermeidung (FAH-II) zeigte eine Verbesserung mit einer geringen Effektgröße (d = –0,42). Im Kontext der Exposition könnte dies entscheidend für die Bereitschaft sein, aversive Erfahrungen auszuhalten und hilfreiche Maßnahmen zu ergreifen, anstatt sich auf Vermeidung einzulassen (37, 38).
Limitationen
Neben den Stärken der vorliegenden Studie (zum Beispiel Einhaltung der Präregistrierung) müssen einige allgemeine Einschränkungen eingeräumt werden.
Obwohl die Aufnahme in die Studie auf der Überprüfung der Diagnose anhand strukturierter klinischer Interviews durch geschulte Klinikerinnen und Kliniker basierte, beruhen alle Ergebnisse auf Selbstauskünften. Die Daten können daher von einer klinischen Bewertung abweichen. Durch den Verzicht auf persönliche Gespräche kann vermieden werden, dass Personen, die starke Schamgefühle oder Angst vor einer Stigmatisierung haben, entmutigt werden; solche Personen profitieren in der Regel sehr von internetbasierten Therapien. Für künftige Forschung sollten daher telefonisch eingeholte Expertenurteile, die eine Anonymität gewährleisten, in Betracht gezogen werden.
Darüber hinaus wurde keine Therapie mit persönlichem Kontakt als aktive Kontrollbedingung verwendet, was in einer Folgestudie erwogen werden sollte. Obwohl alle Teilnehmenden die Möglichkeit hatten, an einer konventionellen Therapie teilzunehmen, machten nur 8,1 % von ihnen von dieser Möglichkeit Gebrauch.
In der vorliegenden Studie wurden keine objektiven Nutzerdaten erhoben (zum Beispiel Anzahl der durchgeführten Expositionen in VR). Dies wäre eine wichtige Überlegung für Folgestudien (zum Beispiel Anzahl der abgeschlossenen Module oder Reihenfolge des Abschlusses), da sich die Nutzung außerhalb von Studien vom Engagement in Forschungsumgebungen unterscheiden könnte (39, 40).
Trotz der Ausgangsunterschiede zwischen den beiden Gruppen in Bezug auf den primären Endpunkt (BAI-Wert) wurde die Randomisierung als erfolgreich angesehen, da sie automatisch über Qualtrics mit einer Verhältnisanpassung erfolgte. Wir halten daher die psychopathologischen Unterschiede im BAI-Basiswert für zufällig.
Wie in vielen Online-Studien und übereinstimmend mit epidemiologischen Daten (e1) waren auch in der aktuellen Studie Frauen überrepräsentiert, was die Generalisierbarkeit einschränkt.
Fazit
Nach aktuellem Kenntnisstand ist dies die erste Studie, in der die Wirksamkeit eines unbegleiteten App-basierten iKVT-Programms für Panikstörungen mit Expositionstherapie in Eigenregie untersucht wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass IVT der CAU überlegen war, wenn es um die Reduktion von Angst, komorbiden depressiven Symptomen und Erlebnisvermeidung geht, jedoch nicht in Bezug auf die Lebensqualität. Diese Studie bietet zusätzliche Evidenz für die Wirksamkeit der App-basierten iKVT und deren Aufnahme als evidenzbasierte Intervention in die Behandlungsrichtlinien für Panikstörungen.
Danksagung
Wir möchten uns bei den Teilnehmenden und den beteiligten Psychologinnen und Psychologen für ihre Beiträge bedanken.
Förderung
Das Produkt Invirto wurde vom Hersteller Sympatient GmbH im Rahmen der Studie zur Verfügung gestellt und damit wurden Teile der Studie finanziert. Das Studiendesign wurde in Zusammenarbeit mit der Sympatient GmbH entwickelt. Von Sympatient angestellte Psychologinnen und Psychologen führten die diagnostischen Interviews für den Studienein- oder -ausschluss durch. Die unterstützenden Gespräche während der Invirto-Therapie wurden ebenfalls von bei Sympatient angestellten Psychologeninnen und Psychologen vorgenommen.
Erklärung zum Data Sharing
Die Daten sind auf Anfrage erhältlich.
Ethikvotum und Einverständnis zur Studienteilnahme
Die Studie wurde von der lokalen Ethikkommission des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf genehmigt (LPEK-0415). Von allen Teilnehmenen wurde eine elektronische Einverständniserklärung zur Teilnahme an der Studie eingeholt.
Offenlegung zur Nutzung von KI im wissenschaftlichen Schreiben
Bei der Erstellung dieses Manuskripts haben wir das generative KI-Tool ChatGPT zur Unterstützung bei der Zusammenfassung von Informationen verwendet. Die Autorinnen haben alle KI-generierten Inhalte gründlich überprüft und überarbeitet, um ihre Genauigkeit, Relevanz und die Einhaltung ethischer Standards zu gewährleisten. Die endgültige Verantwortung für den Inhalt und die Integrität dieses Manuskripts liegt allein bei den Autorinnen.
Interessenkonflikt
Die Autorinnen erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 17.05.2024, revidierte Fassung angenommen: 18.11.2024
Anschrift der korrespondierenden Verfasserin
Josephine Schultz
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52
20246 Hamburg
j.schultz@uke.de
Zitierweise
Schultz J, Baumeister A, Schmotz S, Schuurmans L, Jelinek L: App-based psychotherapy of panic disorder with self-guided exposure in virtual reality—a randomized, controlled trial. Dtsch Arztebl Int 2025; 122: 1–6. DOI: 10.3238/arztebl.m2024.0246
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