Antriebswende

Europa beendet das Zeitalter des fossilen Verbrenners

Eine Hand hält einen Ladestecker an die Steckdose eines Elektroautos. Im Hintergrund ein Getreidefeld, ein Windrad und blauer Himmel.
Bahn frei für die Antriebswende und den Klimaschutz. 2035 steigt die Europäische Union aus dem mit Benzin und Diesel betriebenen fossilen Verbrennungsmotor aus. istock | SimonSkafar
28.03.2023
  • Es ist ein Meilenstein grüner Klimaschutzpolitik: Die EU hat beschlossen, dass Europa spätestens 2035 aus dem fossilen Verbrennungsmotor aussteigt.
  • Die Antriebswende hin zu klimafreundlichen batterieelektrischen Antrieben erhält einen verlässlichen rechtlichen Rahmen; Investitionen in neue Produktionen und Arbeitsplätze werden gesichert.
  • Jetzt braucht es ambitioniertere Grenzwerte für den Schadstoffausstoß von Pkw und Lkw für mehr Umwelt- und Gesundheitsschutz, neue LKW-CO2-Flottengrenzwerte müssen den Weg in eine elektrische Zukunft ebnen.

Die EU hat ein historisches Ergebnis für den Klimaschutz erzielt: In der Europäischen Union dürfen ab 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen neu zugelassen werden. Die Automobilhersteller werden verpflichtet, die Flottengrenzwerte, also den Gesamtausstoß neuer Pkw, bis dahin auf null zu senken. Ihre für den europäischen Markt produzierten Autos und Transporter dürfen dann im Betrieb kein CO2 mehr ausstoßen, andernfalls müssen die Hersteller Strafe zahlen.

Damit endet 2035 das Zeitalter herkömmlicher mit Benzin und Diesel betriebener Neuwagen mit Verbrennungsmotor.

Die Antriebswende kommt in feste Bahnen

Mit der finalen Zustimmung des Europäischen Rates am 28. März 2023 erhält die Transformation der europäischen Automobilindustrie einen verlässlichen Rahmen. Alle großen Automobilhersteller setzen bereits fest auf eine Zukunft mit batterieelektrischen Antrieben. Die Branche hat nun für weitere Investitionsentscheidungen, etwa in den Aufbau eigener Batterieproduktion, Rechts- und Planungssicherheit. Mit der Antriebswende hin zu klimafreundlichen Fahrzeugen werden zukunftssichere Arbeitsplätze in Europa entstehen.

Das Aus des fossilen Verbrenners ist ein Meilenstein im Bemühen um Klimaneutralität.

Julia Verlinden, stv. Fraktionsvorsitzende

Aus des fossilen Verbrenners ist ein epochaler Schritt

Es ist schade, dass einige Player national und international große Irritationen bei den europäischen Partner*innen in Kauf genommen haben, indem sie die Lobbyarbeit für das Nischenprodukt synthetische Kraftstoffe über eine verlässliche europäische Konsensfindung gestellt haben.

Auch falls mit sogenannten E-Fuels betriebene Autos künftig auf die Straße kommen sollten, wird dieser Pfad viel zu energieineffizient und damit zu teuer bleiben. Wir Grüne im Bundestag sind der Meinung, dass der knappe synthetische Treibstoff in erster Linie für die Schifffahrt und Langstreckenflugzeuge genutzt werden muss, da sich diese Bereiche anders nur sehr schwer dekarbonisieren lassen.

Die Entscheidung der EU zum Verbrenner-Aus bleibt auf jeden Fall ein epochaler Schritt für den Klimaschutz im Verkehr: Seit 2017 haben wir uns dafür eingesetzt und dabei zunehmend Unterstützung von Expert*innen erhalten. Die neuen europäischen Vorgaben für Neuwagen festigen das nationale Klimaschutzziel: Bis 2030 müssen die CO2-Emissionen des Verkehrs um annähernd die Hälfte verringert werden. Bis dahin sollen mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw herkömmliche Pkw ersetzen und der Ausbau erneuerbarer Energie entsprechend fortgesetzt werden.

Um von den viel zu hohen CO2-Emissionen im Verkehr runter zu kommen, muss Verkehrsminister Wissing nun auf Grundlage des Klimaschutzgesetzes ambitionierte nationale Maßnahmen für das Klimaschutzsofortprogramm im Verkehrssektor vorlegen. Die Antriebswende allein kann die CO2-Lücke nicht schließen. 

Das klare Bekenntnis zur Elektromobilität als bevorzugte Antriebsart im Fahrzeugbereich ist wichtig und war überfällig. Weitere Schritte zur Vermeidung oder zur Verlagerung von Verkehr müssen folgen, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen.

Stefan Gelbhaar Leiter AG Mobilität

Vorschlag zu neuen Emmissionsgrenzwerten (Euro 7)

Am 10. November 2022 hatte die EU Kommission einen Verordnungsvorschlag für neue Euro 7-Standards zur Luftreinhaltung vorgestellt. Die Verordnung zur Euro-Norm legt die Grenzwerte für den Schadstoffausstoß eines Fahrzeugs fest (u.a. Stickstoffoxide (NOₓ), Partikelmasse (PM) und Partikelanzahl (PN)) und trägt so wesentlich zu mehr Umwelt- und Gesundheitsschutz bei.

Während das Aus für den fossilen Verbrenner bedeutet, dass ab 2035 nur noch Fahrzeuge neu zugelassen werden dürfen, die kein CO2 emittieren, regelt die Euro 7-Norm die Grenzwerte für Schadstoffe, die am Auspuff entstehen. Erstmalig werden auch Vorschläge zu Grenzwerten für den Schadstoffausstoß durch Reifen und Bremsen gemacht. Diese gelten im gleichen Maß auch für Elektrofahrzeuge.

Die neuen Euro 7-Standards sollen für alle Pkw, Transporter und Busse ab 1. Juli 2025 und für Lkw ab 1. Juli 2027 gelten. Dabei sollen die Testbedingungen im Realbetrieb und die Schadstoffgrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge und Busse deutlich verschärft werden. In einem nächsten Schritt werden sich der Europäische Rat und das Europaparlament zu dem Kommissionsvorschlag positionieren, danach wird eine Einigung im Trilogverfahren angestrebt.

Auf nationaler Ebener stimmt sich das federführende Bundesumweltministerium derzeit mit Bundesverkehrs- und Bundeswirtschaftsministerium über die deutsche Position ab.

Es ist gut, dass der neue Kommissionsvorschlag den Blick vom Auspuff auf das gesamte Fahrzeug weitet. Das kommt der Umwelt und der Gesundheit von Mensch und Tier zu Gute. Auch die deutliche Grenzwertverschärfung für Lkw und Busse ist gut. Der Schadstoffausstoß bei Reifenabrieb und Bremsen fällt hier höher ins Gewicht als beim Auto. Dennoch ist uns wichtig, dass die Fristen für die Umsetzung der Grenzwertnovellierung für die Automobilindustrie machbar bleiben, um Arbeitsplatzverluste zu vermeiden.

CO2-Ausstoß von LKW

Schwere Nutzfahrzeuge müssen in den kommenden Jahren einen wesentlichen Beitrag zu den EU-Klimazielen leisten, denn innerhalb der EU sind sie für über 25 Prozent der Straßenverkehrsemissionen verantwortlich. Eine ambitionierte Regulierung fördert die von den Lkw-Herstellern bereits eingeleitete Transformation der Nutzfahrzeugindustrie hin zur Elektrifizierung.  

Die Europäische Kommission hat am 14. Februar 2023 in ihrem Regulierungsvorschlag eine CO2-Reduktion der Neuwagenflotte bis 2040 auf -90 Prozent gegenüber 2019 vorgeschlagen. Als Zwischenziel sollen bis 2030 bereits 45 Prozent und bis 2035 65 Prozent CO2 eingespart werden.

Der Kommissionsvorschlag wird nun von der Bundesregierung im Detail geprüft. Wir Grüne im Bundestag begrüßen, dass die EU einen konkreten Vorschlag vorgelegt hat. Um den Weg zur vollständigen Elektrifizierung des Langstreckenverkehrs zu ebnen, sollte aus unserer Sicht bereits jetzt auch ein konkretes Null-Emissionsziel inklusive Jahreszahl für schwere Nutzfahrzeuge diskutiert werden. Schließlich plant die EU, dass der Verkehr bis 2050 keine CO2-Emissionen mehr produziert. Umso wichtiger ist es, dass der Aufbau eines LKW-Ladenetzes an Autobahnen jetzt ohne Verzögerung vom Bundesverkehrsministerium ausgeschrieben und umgesetzt wird.