Im Nachgang zum so genannten „Autogipfel“ im Bundeskanzleramt am 04.11.2019, bei dem die Erhöhung der Kaufprämien für Elektroautos bis Ende 2025 vereinbart wurde, soll der vorliegende Blog  dazu dienen, alle wesentlichen und einigermaßen plausiblen Pro- und Contra-Argumente zur Nutzung von Elektroautos auf einen Blick verfügbar zu machen – ohne diese Argumente jedoch inhaltlich zu hinterfragen oder zu bewerten.

Diskussionen um den Sinn oder Unsinn von Elektromobilität haben in Deutschland quasi-religiösen Charakter und driften infolge des ideologischen Sendungsbewusstseins der Diskutierenden fast immer ins Unsachliche ab.

Darüber hinaus findet sich für nahezu jedes Argument ein Gegenargument oder zumindest eine Relativierung (Whataboutism) – dazu nur drei prominente Beispiele:

  • Blackout-Gefahr für das Stromnetz, wenn 1 Million Pkw in Deutschland gleichzeitig mit 350 kW aufgeladen werden sollen. Gegenargument: Wenn alle Deutschen gleichzeitig ihren Fön einschalten würden, gehen in Deutschland auch die Lichter aus.
  • Abbau von Rohstoffen (z. B. Kobalt) unter prekären Bedingungen in armen Regionen der Welt. Gegenargument: Lithium, Kobalt und Seltene Erden werden auch für Smartphones und Laptops benötigt – und dort regt sich kaum jemand darüber auf.
  • Zur Herstellung von einer Tonne Lithium werden zwischen 400.000 und 2 Millionen Liter Wasser benötigt – und zwar in Wüstengegenden, wo durch Absenkung des Grundwasserspiegels die Existenz von Menschen gefährdet wird. Gegenargument: Der Wasserverbrauch für die Herstellung von Lithium liegt in der gleichen Größenordnung, wie der Wasserverbrauch bei der Herstellung von Rindfleisch.

Eine einigermaßen fundierte und strukturierte Auflistung der wesentlichen Argumente und Gegenargumente zur Klimabilanz von Elektroautos finden Sie in einem Blog, den der Ingenieurwissenschaftler und Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, Prof. Dr. Volker Quaschning, am 09.08.2019, unter der Überschrift „Faktencheck: Welches Auto hat die beste Klimabilanz?“ veröffentlicht hat: https://www.volker-quaschning.de/artikel/Fakten-Auto/index.php. Ich sympathisiere eigentlich nicht mit Volker Quaschning, da ich seine Einlassungen auf Twitter häufig als zu polemisch bzw. alarmistisch empfinde, aber der Faktencheck ist sachlich und fundiert. Das korrespondierende, rund 10-minütige YouTube-Video, welches ich weniger faktenreich und präzise finde, können Sie hier anschauen: https://youtu.be/BBdJSfGQibA. Ein eher kritisches Interview zum Thema Elektroautos finden Sie in einem 52-minütigen Talk Spezial vom 24.06.2020 unter dem Titel „E-Auto – Grüner Heilsbringer oder politische Mogelpackung?“ mit dem Wiener „Motorenpapst“ Prof. Fritz Indra, der unter anderem für BMW, Audi und Opel tätig war: https://www.servustv.com/videos/aa-2577hvsw51w12/. Das Interview enthält einige interessante Aspekte zu Erdgas- und Wasserstoffantrieben und synthetischen „Biofuels“.

Globaler Kraftfahrzeugbestand und CO2-Emissionen des Pkw-Verkehrs

Der weltweite Fahrzeugbestand erreichte im Jahr 2015 laut einer Studie von Bernstein Research eine Größenordnung von 1,1 Milliarden Personenkraftwagen und 380 Millionen Lastkraftwagen und Bussen (siehe: https://www.weforum.org/agenda/2016/04/the-number-of-cars-worldwide-is-set-to-double-by-2040) – und der Bestand soll weiter steigen (siehe folgende Grafik). Laut der Organisation Internationale des Constructeurs d’Automobiles (OICA) lag die Jahresproduktion von Pkw, Lastwagen und Bussen im Jahr 2017 bei 97,3 Millionen Einheiten (siehe: http://www.oica.net).

Enormous increase in cars, trucks, air travel from 2015 to 2040

Andere Quellen liefern andere Zahlen über die Größe des globalen Fahrzeugbestands, die sich jedoch nur graduell unterscheiden. Wards Intelligence geht z. B. von 1,32 Milliarden Kraftfahrzeugen Ende 2016 aus (Quelle: https://t1p.de/8f0h). Die folgende Grafik, die auf den Daten der Organisation Internationale des Constructeurs d’Automobiles (OICA) für 2015 basiert, schätzt einen Bestand von 1,282 Milliarden Kraftfahrzeugen und einen globalen Motorisierungsgrad von 18,2%, d. h. auf 1.000 Erdbewohner kommen im Durchschnitt über die gesamte Welt 182 Kraftfahrzeuge (Quelle: https://t1p.de/v7sb).

Global vehicle stock in 2015 with 1.3 billion vehicles (corrected version)

Welche der genannten Bestandszahlen man auch immer verwenden möchte: Wichtig sind die unterschiedlichen Motorisierungsgrade der Industrieländer einerseits und der Entwicklungs- und Schwellenländer andererseits. Wenn China (Motorisierungsgrad von 11,8% in 2015), Indien (2,2%) mit je 1,4 Milliarden Einwohnern und Afrika (4,2%) mit 1,25 Milliarden Einwohnern und einer schnell wachsenden Bevölkerung (2,5 Milliarden bis 2050) ihren Motorisierungsgrad in den kommenden 30 Jahren bis 2050 auf das Niveau der EU28-Staaten (58,1%), der NAFTA-Staaten (67%) oder gar Australiens (71,8%) steigern, dann werden die globalen CO2-Emissionen aus dem Straßenverkehr explodieren. Die Anzahl der Kraftfahrzeuge auf dem Planeten würde sich von 1,3 Milliarden auf über 5,0 Milliarden erhöhen und das kann (außer der Automobilindustrie) niemand wollen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass teure Elektroautos oder der technologische Overkill von CASE-Konzepten (connected, autonomous, shared, electric) in der Lage sind, diese Entwicklung bis 2040/2050 abzuschwächen oder gar zu verhindern.

Um das Problem zu verdeutlichen, möchte ich kurz auf die Frage eingehen, wie viel CO2 von den 1,1 Milliarden Personenkraftwagen auf dem Planeten Erde im Jahr 2015 in Summe emittiert wurde. Man kann zumindest die Größenordnung dieser CO2-Emissionen wie folgt überschlägig ermitteln:

  • Im Jahr 2015 gab es laut Angaben des Kraftfahrtbundesamtes 44,4 Millionen Pkw in Deutschland (https://t1p.de/bcb7), die ein Durchschnittsalter von 9,4 Jahren hatten. Im Jahr 2019 waren rund 40 Prozent des Fahrzeugbestandes 10 Jahre oder älter (siehe: https://t1p.de/49ou).
  • Nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes hatte ein Pkw in Deutschland im Jahr 2015 eine durchschnittliche Fahrleistung von 14.083 Kilometern (siehe: https://t1p.de/v5cc).
  • Im Jahr 2015 betrug der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch der 44,4 Millionen Pkw in Deutschland ca. 7,25 Liter/100 km (siehe: https://t1p.de/w2r1).
  • Auf Basis dieser Daten können wir einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von ca. 2.570 kg pro Jahr und Pkw errechnen (siehe: https://t1p.de/t7bg).
  • Wendet man die deutschen Durchschnittswerte auf den weltweiten Fahrzeugbestand an, würden die 1,1 Milliarden Pkw auf dem Planeten rund 2.827.000.000.000.000.000.000 kg bzw. 2.827 Megatonnen bzw. 2,827 Gigatonnen CO2 produzieren.
  • Im Jahr 2015 betrugen die gesamten globalen CO2-Emissionen laut Carbonatlas.org 35.463 Megatonnen bzw. 35,463 Gigatonnen (Quelle: https://t1p.de/swb9).
  • Unter der Annahme, dass die jährliche Fahrleistung und der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch des globalen Fahrzeugbestands eine vergleichbare Größenordnung wie der deutsche Fahrzeugbestand haben betrug der Anteil der CO2-Emissionen der 1,1 Milliarden Pkw im Jahr 2015 an den gesamten globalen CO2-Emissionen damit 8,4% (2,827 Gigatonnen : 35,463 Gigatonnen).
  • Wenn man die 1,1 Milliarden Pkw mit Verbrennungsmotoren auf einen Schlag durch Elektroautos ersetzen könnte (was weder wünschenswert, noch möglich ist), würden sich die globalen CO2-Emissionen basierend auf dem derzeitigen globalen Strommix – der zu 65% auf fossilen Energieträgern und zu 35% auf erneuerbaren Energien und Kernkraftwerken basiert – um 2,96% reduzieren lassen.

Wir lernen: Wenn sich der globale Fahrzeugbestand zwischen 2015 und 2040 verdoppeln würde, dann würden die CO2-Emissionen von 2,827 Gigatonnen auf 5,654 Gigatonnen steigen (unter der Annahme, dass jährliche Fahrleistung und durchschnittlicher Kraftstoffverbrauch unverändert bleiben). 5,654 Gigatonnen entsprechen der siebenfachen Menge der CO2-Emissionen, die Deutschland mit allen Sektoren (Elektrizität, Heizung, Industrie, Landwirtschaft, Verkehr, …) im Jahr 2017 erzeugt hat.

Vor- und Nachteile des Personenkraftwagens unabhängig von der Antriebsart

Warum haben sich Personenkraftwagen in den vergangenen 133 Jahren, seit Carl Benz sein „Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb“ am 29.01.1886 zum Patent anmeldete, überhaupt zu einem solch erfolgreichen Mobilitätskonzept entwickeln können – obwohl sie (unabhängig von der verwendeten Antriebstechnik) die nachfolgend genannten systembedingten Nachteile haben?

  • Die Herstellung von Personenkraftwagen verbraucht sehr viele Ressourcen (Rohstoffe und Energie).
  • Bau und Instandhaltung der Straßeninfrastruktur inkl. Brücken, Tunnel, Ampelanlagen und Tankstellen sind aufwändig und teuer.
  • Personenkraftwagen benötigen viel Platz zum Fahren und Parken.
  • Emissionen aus der Verbrennung fossiler Kraftstoffe sowie der Feinstaub-Abrieb von Reifen und Bremsen belasten Umwelt und Gesundheit.
  • Verkehrsunfälle können zu schweren Verletzungen oder sogar Todesfällen führen (laut Verkehrsunfallstatistik des Deutschen Statistischen Bundesamtes gab es im Jahr 2018 insgesamt 2.636.468 erfasste Verkehrsunfälle mit 396.018 Verletzten und 3.275 Verkehrstoten).

Der Grund für den Erfolg des Personenkraftwagens ist wohl in seiner Flexibilität und in seinem Komfort für den Nutzer begründet:

  • Mobilität bedeutet Freiheit und Unabhängigkeit und die Einschränkung von Mobilität wirkt sich negativ auf das soziale Gefüge des Nutzers aus.
  • Man kann als Nutzer seinen Pkw alleine oder mit seiner Familie und Freunden nutzen, ohne das Verkehrsmittel zu wechseln.
  • Man kann den wöchentlichen Einkauf für die ganze Familie oder andere schwere Güter damit transportieren.
  • Man kann mit seinem Pkw auf kurzen, mittleren und langen Strecken fahren, ohne das Verkehrsmittel zu wechseln, und ohne Zeit für Reservierung, Buchung oder Abrechnung zu verschwenden.
  • Es spielt bei der Nutzung eines Pkw keine Rolle, ob der Nutzer jung oder alt, schlank oder dick, gesund, unbeweglich oder behindert ist.
  • Der eigene Pkw stehen seinem Nutzer jederzeit, bei jedem Wetter (Schnee, Regen, Sturm) zur Verfügung.
  • Je nach Anspruch und Dimension des Geldbeutels stehen unterschiedliche Pkw-Modelle (Neu- und Gebrauchtwagen, Kleinwagen, Kompaktklasse, Mittel- und Oberklasse, SUV, Geländewagen, Sportwagen, Luxusklasse) zur Verfügung, die zu kalkulierbaren Kosten angeschafft (Kauf, Miete, Leasing) und betrieben werden können. Und für manche Menschen ist der Pkw natürlich auch ein Statussymbol.
  • Der Nutzer kann seinen eigenen Pkw nach seinen persönlichen Wünschen gestalten und individualisieren (Aufkleber, Sitzbezüge, Kaffeetassen- und Smartphone-Halter, Radio, Fuchsschwanz, …).
  • Der Nutzer kann es sich in seinem eigenen Pkw bequem machen und z. B. laute Musik hören, die Klimaanlage so einstellen, wie man er mag, das Fahrzeug zumüllen oder private Habseligkeiten darin liegen lassen.

Im Folgenden möchte ich die wesentlichen Pro- und Contra-Argumente zum Einsatz von Elektroautos auf einen Blick zusammenzufassen – ohne sie inhaltlich zu hinterfragen oder zu bewerten. Wie umfangreich und vielschichtig eine solche Bewertung werden kann bzw. muss, zeigt der „Mythbuster Elektromobilität“ von Martin Rotta (siehe: https://t1p.de/7494). Dieses Dokument ist in der Fassung vom April 2019 mit 40 Seiten sehr umfangreich und jongliert sehr geschickt mit Fakten, um die Elektromobilität in ein möglichst günstiges Licht zu rücken. Die nachfolgende Liste in diesem Blog soll deshalb lediglich dazu dienen, alle wesentlichen und einigermaßen plausiblen Argumente Pro/Contra Elektromobilität auf einen Blick sichtbar zu machen.

Ich würde mich über Hinweise auf ergänzende Pro- und Contra-Argumente als Kommentare zu diesem Blog freuen, die ich gerne in den Blog einarbeite, wenn sie mir sinnvoll und valide erscheinen. Ich bitte jedoch um Verständnis, dass ich in keine Diskussion über den Sinn oder Unsinn der Argumente einsteigen möchte. Bei Bedarf können Sie solche Diskussionsbeiträge unter dem YouTube-Video von Prof. Dr. Volker Quaschning adressieren: https://youtu.be/BBdJSfGQibA.

Zu möglichen Schlussfolgerungen komme ich am Ende dieses Blogs.

Argumente pro Elektroautos:

  1. Kein Motorengeräusch, was die Lärmbelastung insbesondere in Städten reduziert.
  2. Keine Schadstoffemissionen aus einem Fahrzeugauspuff wirken sich positiv auf Umwelt und Gesundheit aus (Hinweis: Die Umweltfreundlichkeit ist abhängig vom nationalen Strommix).
  3. Beeindruckende Beschleunigung vor allem auf den ersten Metern.
  4. Die Batterie kann zuhause aufgeladen werden (wenn dort ein Stromanschluss zur Verfügung steht, was z. B. in Tiefgaragen von Mehrfamilienhäusern selten der Fall ist) und man ist unabhängig von der Tankstelle und ihren Öffnungszeiten.
  5. Weniger aufwändige Konstruktion mit einer geringeren Anzahl an beweglichen Teilen (kein Motor mit Verschleißteilen wie Zündkerzen, Luftfilter, Ölfilter, Keilriemen oder Zahnriemen, kein Schaltgetriebe mit Kupplung, kein Antriebsstrang mit Kardanwelle, kein Kraftstoffsystem mit Tank und Leitungen, keine Auspuffanlage mit Katalysator und Rußfilter etc. pp. – siehe: https://t1p.de/vbau).
  6. Günstigere Betriebskosten bzw. Total Cost of Ownership (TCO) im Vergleich zum Verbrenner.
  7. Höhere konstruktionsbedingte Sicherheit für die Fahrzeuginsassen durch niedrigeren Schwerpunkt mit Batterie in der Bodenwanne.
  8. Staatliche Kaufprämien und Steuervergünstigungen (zumindest vorübergehend).
  9. Nutzung von Busspuren oder Car-Pool-Lanes, um schneller voranzukommen (in einigen Staaten bzw. Regionen).
  10. Batterien können am Ende des Auto-Lebenszyklus als Energiespeicher im Haus weiterverwendet werden.
  11. Unflexible Autokonzerne werden herausgefordert und zu Innovationen gezwungen.

Hinweis: Die deutlich einfachere Konstruktion eines Elektroautos wirkt sich natürlich nicht nur auf die Fahrzeughersteller und deren Zulieferbetriebe aus, sondern auf das gesamte Ökosystem mit Werkstätten, Reparaturbetrieben, Zubehörhandel und Tankstellen, da zur Fertigung und Wartung von Elektroautos weniger Personal benötigt wird und da weniger Verschleißteile ersetzt werden müssen.

In Social Media-Netzwerken wird Tesla immer wieder mit Apple und der Disruption des Mobilfunkmarktes durch das iPhone ab 2007 verglichen. Es gibt jedoch zwei entscheidende Unterschiede zwischen dem Handymarkt bei der Markteinführung des iPhone im Jahr 2007 und dem Automobilmarkt im Jahr 2020:

  • Das erste iPhone brachte in 2007 im Vergleich zu konventionellen Handys einen echten Mehrwert für den Kunden durch Integration von iPod, Telefon und Internetzugang in einem Gerät mit einer genial einfachen Benutzeroberfläche und einem sehr ansprechenden, hochwertigen Design. Bezieht man die 2 Megapixel-Kamera noch in die Betrachtung ein, führte das erste iPhone vier Massenmärkte (Musik, Handy, Internet, Foto) zusammen, was der wesentliche Grund dafür ist, dass Apple in den ersten 8,5 Jahren nach der Markteinführung des ersten iPhones 820 Millionen Stück verkaufen und den Mobilfunkmarkt grundlegend verändern konnte. In den folgen Jahren spielte die breite Verfügbarkeit von attraktivem Content (Musik, Videos, Bücher) eine zunehmend wichtige Rolle, auf den man mit Hilfe des iPhones zugreifen konnte. Hier können Sie sich noch einmal die Präsentation des iPhones in 2007 durch Steve Jobs anschauen, in der er genau die vorgenannten Punkte herausstellt: https://youtu.be/MnrJzXM7a6o. Elektroautos fehlt dieser entscheidende Mehrwert für den Kunden.
  • Mit einem Preis von 500 US-Dollar war das erste iPhone im Jahr 2007 im Vergleich zu den konventionellen Handys von Nokia, Siemens oder Samsung zwar deutlich teurer, bewegte sich aber immer noch in einer Größenordnung, die für „Otto Normalverbraucher“ erschwinglich war. In Relation zu den Einkommen der potenziellen Käufer sowie in Relation zu Pkw mit Verbrennungsmotor sind Elektroautos (noch?) viel zu teuer, was dazu geführt hat, dass in den ersten 10 Jahren seit der Markteinführung des ersten Tesla Roadster im Jahr 2008 weltweit nur 6 bis 7 Mio. Elektroautos verkauft werden konnten – inkl. Plug-in-Hybride und trotz hoher staatlicher Subventionierung in Relation zu einem globalen Fahrzeugbestand von mehr als 1,3 Milliarden Fahrzeugen (siehe oben). Im Jahr 2019 hatten 97% der weltweit verkauften Pkw einen Verbrennungsmotor und nur 3% einen Elektromotor (inkl. Plug-in Hybrid). Es wird auch in 2020/21 kein Elektroauto-Modell geben, welches AUS KUNDENSICHT in Bezug auf Preis, Reichweite und Ladedauer in der Lage wäre, mit Verbrennern zu konkurrieren. Die Größenordnung der Käufer in Deutschland, die es sich leisten können, einen deutlich höheren Preis für ein Fahrzeug mit deutlich schlechterer Reichweite und höherer Ladedauer zu zahlen liegt bei ca. 15%, wenn man den Fahrzeugbestand an SUV, Gelände-, Sport- und Oberklasse-Pkw in Deutschland als Maßstab zugrunde legt. Damit schafft man keinen Systemwechsel.

Wenn die Hersteller konventioneller Personenkraftwagen etwas von Apple oder Tesla lernen können, dann dies: Die Systemarchitektur und Benutzeroberfläche von Autos kann und muss modernisiert und vereinfacht werden unter Nutzung der Designprinzipien, die in der Informationstechnik (IT) schon seit Jahrzehnten erfolgreich angewendet werden. Dies umfasst vor allem die „Softwareisierung“ von Funktionen, die bislang durch Hardware abgebildet wurden. Man muss jedoch unbedingt verstehen, dass diese „Softwareisierung“ und Transformation eines Pkw hin zu einem „Smartphone auf Rädern“ dazu führen werden, das Überwachungskapitalismus und soziale Verhaltenskontrolle, die heute auf digitalen Plattformen wie Facebook oder Google bereits ein unerträgliches Maß erreicht haben, auch auf den Bereich der individuellen Mobilität übertragen werden. Das Netflix-Doku-Drama „The Social Dilemma“ hat dazu im September 2020 wichtige Denkanstöße geliefert: https://www.netflix.com/title/81254224. Umfassende Informationen finden Sie in meinem Blog „George Orwells 1984 war eine Warnung und keine Bedienungsanleitung“ vom 13.01.2020: https://t1p.de/fn97 (Englische Übersetzung: https://t1p.de/ulx5).

Argumente contra Elektroautos:

  1. Hohe Kaufpreise, die der wichtigsten Grund sein dürften, warum weltweit in 2018 nur 2,3% aller verkauften Neuwagen einen Elektroantrieb hatten (Plug-in-Hybride mitgezählt); in 2019 waren es nur 3,0%, d. h. 97% der weltweit verkauften Neuwagen hatten in 2019 einen Verbrennungsmotor – und die Erfahrungen aus China und den USA zeigen, dass die ohnehin niedrigen Marktanteile von Elektroautos schlagartig sinken, sobald staatliche Subventionen zurückgefahren werden (Hinweis: Im Jahr 2019 lagen die Kaufpreise für Elektroautos in Deutschland ca 50 bis 100% höherer als bei einem Pkw mit Verbrennungsmotor und mit vergleichbarer Reichweite).
  2. Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen in denen behauptet wird, dass Elektroautos eine günstiger Total Cost of Ownership (TCO) hätten, als Verbrenner, gehen in der Regel davon aus, dass der Elektroautos einen höheren Wiederverkaufswert haben werden als Verbrenner. Zumindest in den kommenden Jahren, wo der Verkauf von Neufahrzeugen mit Elektroantrieb durch staatliche „Umweltprämien“ stark subventioniert wird, und wo Neufahrzeuge durch technische Innovationen eine höhere Reichweite und Leistung sowie kürzere Ladezeiten bieten, als Gebrauchtfahrzeuge mit Elektroantrieb wird das jedoch kaum der Fall sein.
  3. Geringere Reichweite, die mit zunehmender Geschwindigkeit sinkt, weshalb die Höchstgeschwindigkeit vieler Elektroautos „abgeriegelt“ wird (Hinweis: Hohe Reichweiten lassen sich durch Verwendung großer Akkus realisieren, die allerdings teuer sind und deren Herstellung viel CO2 emittiert) – interessanter Seiteneffekt: Die Forderung nach einem Tempolimit auf Autobahnen dient unter anderem dazu, um diesen Nachteil von Elektroautos im Vergleich zu Verbrennern auszugleichen bzw. abzumildern (siehe „Generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen – Daten und Fakten“ vom 18.10.2019).
  4. Für kleinere Elektroauto-Modelle werden häufig keine Anhängerkupplungen angeboten und nur wenige Elektroautos sind bislang in der Lage, einen Anhänger zu ziehen; das Problem ist dabei nicht die Leistung des Motors, sondern vor allem die Kapazität der Batterien, die unter der zusätzlichen Last leidet (siehe: https://t1p.de/5oaq). Bei der Nutzung eines größeren Elektroautos als Zugmaschine für einen Wohnwagen oder einen schweren Anhänger reduziert sich die Reichweite auf ca. die Hälfte (siehe „E-Auto zieht Wohnwagen: Eine Zugnummer besonderer Art“ vom 15.05.2021). Für Camper ist das ein K.O.-Kriterium.
  5. Lange Ladezeiten von bis zu mehreren Stunden (Hinweis: Ladezeiten sind abhängig von der Ladeleistung des Fahrzeugs und der verfügbaren Ladestation).
  6. Unzureichende Verfügbarkeit von Ladestationen (Hinweis: Insbesondere Ladestationen mit Schnellladern, die kurze Ladezeiten ermöglichen, fehlen noch).
  7. Es gibt verschiedene, herstellerspezifische Ladesysteme und Ladekabel aufgrund fehlender Standards und Normen.
  8. Es gibt verschiedene, herstellerspezifische Abrechnungssysteme, für die man unterschiedliche Karten und/oder Apps benötigt.
  9. Im Vergleich zu Verbrennungsmotoren haben Elektroautos zwar eine höhere Effizienz, aber die Energiedichte von Benzin ist 13x höher, als die Energiedichte der besten Lithium-Ionen-Akkus in 2018 – was dazu führt, dass die Akkus von Elektroautos mit einer einigermaßen akzeptablen Reichweite sehr schwer werden (siehe Videos von Jason Fenske auf dem YouTube-Kanal „EngineeringExplained“: https://t1p.de/frfk und https://t1p.de/f5qx).
  10. Ladeverluste, die laut ADAC bis zu 25 Prozent einer Akkuladung betragen können und – zugespitzt formuliert – mit Kraftstoff zu vergleichen sind, den man beim Tanken daneben schüttet. Ladeverluste entstehen beim Laden von akkubetriebenen Geräten in der vorgelagerten Elektroinstallation sowie in der Ladestation, im Bordladegerät und in der Antriebsbatterie. Schuld ist zum Beispiel der elektrische Widerstand in Kabeln und Leitungen. Der sorgt dafür, dass ein Teil der Energie in Form von Wärme „verloren“ geht, also nicht in den Akku wandert. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle, zum Beispiel der Kabeldurchmesser und die -länge, die Temperatur, der Akkufüllstand und die abgerufene Ladeleistung. Eine Schnellladung mit hoher Leistung ist beispielsweise meist weniger effizient als langsames Laden über mehrere Stunden. Siehe: https://t1p.de/0ctj
  11. Die Verfügbarkeit von Rohstoffen für die Herstellung von Batterien und Elektromotoren (Kobalt, Nickel, Graphit, Kupfer) ist begrenzt und Rohstoffkosten sind DER Kostentreiber für Elektroautos und der Ressourcenbedarf an Kobalt, Nickel und Lithium für eine Jahresproduktion Kraftfahrzeuge übersteigt den Ressourcenbedarf an Kobalt, Nickel und Lithium für eine Jahresproduktion Smartphones, Notebooks oder Desktop-PC um einen  dreistelligen Faktor; hinzu kommt ein gewaltiger Bedarf an Kupfer, um das Stromnetz an die Erfordernisse der Elektromobilität anzupassen.
  12. Kinderarbeit und prekäre Arbeitsbedingungen bei der Förderung von Kobalt im Kongo außerhalb der staatlichen Minen (die von chinesischen Unternehmen kontrolliert werden).
  13. Hoher Wasserverbrauch zur Förderung von Lithium in Bolivien und Chile mit negativen Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel, was den Lebensraum von ethnischen Gruppen gefährdet, die seit Jahrtausenden dort leben.
  14. Umweltfreundlichkeit des Elektroautos hängt vom Strommix des jeweiligen Landes ab (Hinweis: Wird der Strom zu 100% aus Kohle erzeugt, ist ein Elektroauto nicht umweltfreundlicher als ein Diesel).
  15. Gemessen am Aufwand sind die Einsparungen durch den Einsatz von Elektromobilität überschaubar: Wenn sämtliche 47,1 Millionen Pkw in Deutschland auf einen Schlag durch Elektroautos ausgetauscht werden könnten, würden die deutschen CO2-Emissionen auf Basis des aktuellen Strommixes um ca. 5% sinken.
  16. Hohe CO2-Emissionen bei der Herstellung der Batterie werden in Abhängigkeit von der Batteriegröße erst nach 30.000 bis 100.000 km Fahrleistung kompensiert.
  17. Höherer Strombedarf: Der Austausch sämtlicher 47,1 Millionen Pkw in Deutschland durch Elektroautos würde den deutsche Strombedarf um rund 20 Prozent erhöhen.
  18. Um viele Elektroautos parallel aufladen zu können, müssen auf der „letzten Meile“ die Anschluss- und Leitungskapazitäten des Stromnetzes erweitert werden (ggf. mit Einbau von Transformatoren); dies betrifft auch Wohnanlagen mit mehreren Parteien.
  19. Blackout-Gefahr für das Stromnetz durch Spitzenlasten, wenn z. B. 1 Million Elektroautos gleichzeitig mit 350 kW geladen werden sollen.
  20. Die Entsorgung großer Stückzahlen an Batterien mit giftigen chemischen Substanzen ist derzeit noch weitgehend ungeklärt und es ist fraglich, ob Recycling unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten überhaupt sinnvoll ist,  da die Batterien viele verschiedene Stoffe in Kleinstmengen enthalten, was viele Arbeitsschritte nötig macht (siehe: https://t1p.de/hqpc).
  21. Fahrzeugbrände sind bei Elektroautos deutlich schwerer zu löschen: Wenn die Batterie brennt, können Chemikalien als Flüssigkeit oder Dämpfe entweichen und die Sicherheit von Ersthelfern, Feuerwehrleuten und Anwohnern gefährden; darüber hinaus birgt die Hochspannung der Batterie Lebensgefahren (siehe: https://t1p.de/slby) und wenn der Brand eines Elektroautos in einem Löschtank erstickt wird, muss tausende Liter kontaminiertes Löschwasser als Sondermüll entsorgt werden.
  22. Die Instandhaltung und/oder Reparatur eines Elektroautos erfordert Kenntnisse und Erfahrungen, die über die eines klassischen Automechanikers hinausgehen. Für einen Übergangszeitraum bis zur Ausbildung und Umschulung geeigneter Fachkräfte wird es für Autowerkstätten eine Herausforderung sein, Hochspannungsantriebe und Energiespeichern sowie zentrale Softwarearchitekturen zu warten und zu entstören.
  23. Dem großzügigen „Umweltbonus“ beim Kauf eines Elektroautos stehen Folgekosten gegenüber, die Schnäppchenjäger erst mit Verzögerung erkennen. Die Instandsetzung von Unfallschäden beispielsweise ist laut Aussage der Allianz-Versicherung an Elektroautos durchschnittlich 30 % teurer als die von Fahrzeugen mit konventionellem Antrieb. Mit zunehmendem Bestand an Elektrofahrzeugen sind daher steigende Versicherungsprämien nur eine Frage der Zeit.
  24. Schaffung bzw. Verstärkung von „Clusterrisiken“: Auch ohne Elektromobilität sind Industriestaaten bereits viel zu abhängig von Elektrizität (kein Licht, kein Handy, kein Internet, keine Heizung (egal ob Gas, Fernwärme, Öl oder Zentral), keine Elektroherde und Kühlschränke, keine Wasser- und Abwasserversorgung, keine Aufzüge, keine Geldautomaten, keine Kassensysteme, keine elektrischen Zugangskontrollen, keine Tankstellen, keine Ampeln und auch keine Straßen-, U- oder S-Bahnen); das europäische Stromnetz segelt regelmäßig haarscharf am Rande eines Blackouts vorbei, dessen dramatische Folgen der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge, Herbert Saurug, auf einer Seite „Ein europaweiter Strom- und Infrastrukturausfall“ beschrieben hat.
  25. Elektromobilität wird von chinesischen Protektionisten und US-amerikanischen Heuschrecken genutzt, um die Spielregeln des Kraftfahrzeugmarktes zu ihren Gunsten zu verändern (siehe: LinkedIn-Posting vom 13.06.2021).
  26. Eine Industrienation, wie Deutschland, begibt sich durch die Nutzung von Elektromobilität in strategische Abhängigkeit von China, wenn sie Seltene Erden und Batterien von dort beziehen muss sowie in strategische Abhängigkeit von Staaten wie der Demokratischen Republik Kongo, die auf dem Demokratieindex 2018 den 165. von 167 Plätzen belegt.
  27. Das fehlende Fahrzeuggeräusch kann eine Gefahr für Tiere und Menschen darstellen, wenn diese das herannahende Fahrzeug nicht mehr hören.
  28. Die Wechselstrommotoren von Elektroautos haben eine deutlich höhere Leistung als die meisten anderen Quellen von elektromagnetischen Strahlen, denen Menschen im Alltag ausgesetzt sind – einschließlich Handys, Computer, Mikrowellen und andere Haushaltsgeräte, Fernsehgeräte, HiFi-Anlagen oder Beleuchtungssysteme. Und bei längeren Autofahrten, z. B. als Berufspendler oder Vertreter, ist man diesen elektromagnetischen Strahlen deutlich länger ausgesetzt, als wenn man 3 Minuten lang in seiner Küche in der Nähe einer laufenden Mikrowelle mit 0,16 kW steht. Die Abgabeleistung moderner Lichtmaschinen von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor liegt bei 3 kW, während der Elektroantrieb eines Tesla Model 3 locker auf über 300 kW kommt. In beiden Fällen sitzen Fahrer und Beifahrer in nur 1 bis 2 Meter Entfernung von diesen Strahlungsquellen. Wie sich der daraus resultierende Elektrosmog langfristig auf die Gesundheit der Nutzer von Elektroautos auswirkt ist nicht so umfassend erforscht, wie man vermuten sollte. Die Studien bzw. Metastudien, auf die zum Beispiel das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) verweist, sind zum Großteil veraltet, lückenhaft und entsprechend nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik.
  29. Die im Zusammenhang mit der Elektromobilität häufig propagierten CASE-Konzepte (connected, autonomous, shared, electric) bergen beträchtliche Risiken für die Privatsphäre der Nutzer (siehe „George Orwells 1984 war eine Warnung und keine Bedienungsanleitung“ vom 13.01.2020).

Die Kernaussagen des in Punkt 25 genannten LinkedIn-Postings vom 13.06.2021 möchte ich aufgrund ihrer Bedeutung an dieser Stelle explizit zitieren:

„Im Jahr 2016 änderte das aufstrebende China, welches sich in der Wertschöpfungskette nach oben arbeiten wollte, die Spielregeln für individuelle Mobilität – und zwar zugunsten einer Antriebstechnologie, bei der das Land alle Trümpfe in der Hand hält bzw. diese zumindest kontrolliert – von Rohstoffen (Seltene Erden, Graphit, Kobalt, Lithium, …) über die kostengünstige Massenproduktion von Batterien, Stahl und Karosserien bis hin zum weltweit größten Absatzmarkt für Autos.

Durch diesen genialen industriepolitischen Schachzug wurden die ausländischen Hersteller von Verbrennern auf einen Schlag ins Abseits manövriert. Wer weiter in der ersten Liga der Autoindustrie mitspielen wollte, musste sich auf das Spiel der Chinesen einlassen: Friss oder stirb – und wenn’s dumm läuft vielleicht sogar friss und stirb, denn im Gegensatz zu den westlichen Industriestaaten mit ihren auf fossilen Altlasten basierenden Verkehrssystemen waren und sind die Chinesen in der Lage, die erforderliche Transformation des Marktes, der (Lade-)Infrastruktur und der erforderlichen Förderungs- und Produktionskapazitäten sehr schnell und flächendeckend umzusetzen.

Innerhalb weniger Jahre wurden in China 500 Unternehmen aus dem Boden gestampft, die Elektromobilität entwickelten, fertigten und verkauften. Parallel pumpte der chinesische Staat Milliarden in den Aufbau der notwendigen Infrastruktur und in die Förderkapazitäten für Rohstoffe. Dass dabei (anders als in Deutschland) kaum Umwelt- und Klimaschutzauflagen berücksichtigt werden mussten, war der Geschwindigkeit zuträglich. Chinesische Unternehmen waren nicht in der Lage, ausländischen Herstellern den Rang bei Verbrennern abzulaufen, bei Elektroautos aber konnten sie nun den Takt vorgeben und die ausländischen Hersteller waren die Verfolger, die sich von den Chinesen wie die Tanzbären am Nasenring durch die Manege führen ließen.

Dass der Pkw in Anbetracht einer wachsenden Weltbevölkerung mit 9,8 Milliarden Menschen in 2050, von denen rund 70 % in Städten und Ballungsräumen leben werden, kein sinnvolles, umwelt-, klima- und menschenfreundliches Mobilitätskonzept ist, da er viel zu viele Ressourcen und viel zu viel Platz verbraucht, who cares? Die westlichen Tanzbären tanz(t)en nach der Pfeife der Chinesen, statt industriepolitische Gegenstrategien zu entwickeln, bei denen die Chinesen nicht die Spielregeln bestimmen können. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann tanzen sie noch heute …“

Kostenvergleich zwischen Elektroauto und Verbrenner

Im Kampf um zukünftige Marktanteile, Umsätze und Gewinne in der Automobilbranche arbeiten die Verfechter von Elektroautos und Verbrennern mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln. Aus Umfragen geht hervor, dass Preis, Reichweite und Ladedauer sowie das Ladenetz aus Sicht deutscher Verbraucher die vier wesentlichen Gründe sind, die Konsumenten vom Kauf eines Elektroautos abhalten. Trotz hoher staatlicher Subventionen von bis zu 9.000 € für den Kauf eines Elektroautos + Fördermitteln für Wallboxen + Steuererleichterungen haben bislang noch 9 von 10 neu zugelassenen Pkw in Deutschland einen Verbrennungsmotor im Bauch – als einziger Antrieb oder als Hybrid.

Auch nach Abzug der Subventionen ist ein Elektroauto mit einer echten Reichweite von mindestens 500 Kilometern für Normalverdiener in Deutschland kaum erschwinglich. Experten erwarten, dass die Anschaffungspreise für Elektroautos erst in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre günstiger sein werden, als die von Verbrennern. Bei einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung über den gesamten Lebenszyklus sind neben dem Anschaffungspreis noch andere Posten zu betrachten, die in der folgenden Grafik auflistet sind (Quelle: https://t1p.de/46ck ):

kostenvergleich-verbrennerelektroauto-ueber-den-gesamten-lebenszyklus-illustratives-beispiel

Die meisten Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen für Elektroautos gehen davon aus, dass Elektroautos beim Wiederverkauf als Gebrauchtwagen einen höheren Restwert erzielen können. Nur, warum sollten sich Konsumenten angesichts der absehbaren technologischen Fortschritte in der Batterietechnologie und dem prognostizierten Preisverfall einen Gebrauchtwagen kaufen, bei dem unklar ist, wie leistungsfähig die Batterie noch ist und bei dem sich irgendwann die Frage nach der Entsorgung stellt?

Am 01.08.2006 wurde die Mineralölsteuer durch die Energiesteuer ersetzt. 2019 erzielten Bund und Länder in Deutschland Einnahmen aus der Mineralöl- bzw. Energiesteuer in Höhe von rund 40,68 Milliarden €. Stand 09.07.2021 entfallen bei einem Preis von 1,56 €/Liter Super E10 etwa 0,97 € bzw. 62 % auf Steuern und Abgaben (Mehrwertsteuer, Energie- oder Mineralöl- (Ökosteuer) und der EBV-Beitrag). Wenn diese Einnahmen wegbrechen, wird der Staat versuchen, sich das Geld an anderer Stelle wiederzuholen. Naheliegend sind die Strompreise. Die Deutschen zahlen zwar heute schon die höchsten Strompreise in Europa (siehe: https://t1p.de/hxjz ), aber wenn es keine Alternativen (mehr) gibt, sitzt der Finanzminister am längeren Hebel.

Last but not least wird in den Darstellungen zur Kostenentwicklung der Preise für Elektroautos und Batterien mit hedonischen Bewertungsverfahren getrickst, d. h. das Auto wird nicht billiger, sondern der Konsument bekommt mehr Leistung für sein Geld, z. B. durch Softwareupdates, was dann als Reduzierung der Stückkosten dargestellt wird. Hilft Konsumenten, bei denen am Ende des Geldes zu viel Monat übrig ist, nicht wirklich.

Fazit: Es bleibt spannend.

Schlussfolgerungen

Die Kernaussage aus meinem Blog „The future of mobility goes far beyond electric power train versus combustion engine“ vom 09.06.2019 lautet:

„Die Reduzierung der Diskussion über die Zukunft der Mobilität auf die Frage „Elektroauto oder Verbrenner“ ist viel zu kurz gesprungen und führt uns in eine völlig falsche Richtung. Im Hinblick auf die Zukunft der Mobilität müssen wir die globalen Auswirkungen von Mobilitätsangeboten und -technologien über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg berücksichtigen, einschließlich Beschaffung, Produktion, Nutzung und Entsorgung. Darüber hinaus muss die Betrachtung weit über die Technik hinausgehen und wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Aspekte sowie damit verbundene Nebenwirkungen einbeziehen (z. B. würden die Menschen lieber in ländlichen Gebieten leben, wenn sie von zu Hause aus arbeiten oder schnell und staufrei zu einem städtischen Büro fahren könnten?). Schließlich erfordert jedes Mobilitätskonzept eine bestimmte Infrastruktur, die aufgebaut und instand gehalten werden muss, was ein wichtiger Kostenfaktor ist: Tankstellen für Autos mit Verbrennungsmotoren, Ladestationen für Elektrofahrzeuge, Straßen, Autobahnen, Brücken und Parkplätze für beide, Bahnlinien und Bahnhöfe für Züge, Tunnel, Bahnlinien und U-Bahn-Stationen für U-Bahnen und so weiter.“

Der genannte Blog enthält die folgenden acht Hypothesen zur Zukunft der Mobilität:

  • Hypothese Nr. 1: Verbrennungsmotoren in Personenkraftwagen durch Elektroantriebe zu ersetzen, bringt auf absehbare Zeit nur einen begrenzten Nutzen für die Umwelt, da der globale Energiemix zu zwei Dritteln auf fossilen Energieträgern basiert.
  • Hypothese Nr. 2: Es wird kein „one fits all concept“ geben, das alle Anforderungen an die zukünftige Mobilität weltweit abdeckt. Stattdessen wird es verschiedene Mobilitätsangebote und -technologien geben, die die individuellen Bedürfnisse und Gegebenheiten verschiedener Länder und Gesellschaftsschichten berücksichtigen. Die Zukunft der Mobilität in Deutschland wird mit ziemlicher Sicherheit anders aussehen als die zukünftige Mobilität in China oder Afrika.
  • Hypothese Nr. 3: Personenkraftwagen sind mittel- bis langfristig eine konzeptionelle Sackgasse – zumindest für Großstädte, da sie das Problem der Staus und Verkehrsinfarkte nicht lösen. Die Nutzung von CASE (Connected, Autonomous, Shared and Electric)-Mobilitätskonzepten ist bislang weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
  • Hypothese Nr. 4: Die Mobilität der Zukunft muss aus der Sicht des Endkunden gestaltet und entwickelt werden – genauer gesagt: aus der Sicht von „Otto Normalverbraucher“ und nicht aus der Sicht von „Yuppies, Dinkies und Hipstern“. Und wir brauchen eine positive Motivation für Otto Normalverbraucher, um sein Bewusstsein für die Wichtigkeit&Dringlichkeit von Veränderungen sowie eine positive Einstellung gegenüber klimafreundlicher Mobilität zu entwickeln, statt ihm Steuern, Zölle, Einschränkungen, Verbote und andere Arten von Gängelung aufzuerlegen.
  • Hypothese Nr. 5: Wir müssen bei zukünftigen Mobilitätskonzepten in großen Dimensionen denken und vor allem das Paradigma hinter uns lassen, dass individuelle Mobilität nur auf Personenkraftwagen basieren kann, die sich im Eigentum einzelner Menschen befinden und die auf konventioneller Verkehrsinfrastruktur mit Straßen, Autobahnen, Brücken oder Tankstellen fahren.
  • Hypothese Nr. 6: Die Mobilität der Zukunft muss verschiedene soziale Aspekte berücksichtigen, die über den Transport eines Menschen von A nach B hinausgehen: Erschwingliche Mobilität bedeutet persönliche Freiheit und Einschränkung der persönlichen Freiheit betrifft vor allem sozial schwächere Menschen.
  • Hypothese Nr. 7: CASE (Connected, Autonomous, Shared and Electric)-Mobilitätskonzepte bringen nicht nur Vorteile mit sich, sondern können auch missbraucht werden, um die Sicherheit oder Privatsphäre eines Bürgers zu beeinträchtigen.
  • Hypothese Nr. 8:  Es ist nie klug, alles auf eine Karte zu setzen, indem man z. B. die Abhängigkeit der Industriestaaten von der Elektrizität weiter erhöht. Die Erfahrung zeigt, dass Risikoteilung in der Regel intelligenter ist, als sich von einem System mit Clusterrisiken abhängig zu machen. Vernetzung erhöht die Komplexität. Es gilt das Murphy’sche Gesetz und die Finanzindustrie lässt herzlich grüßen.

Ihre Konsumentscheidungen bestimmen in welcher Welt wir morgen leben werden. Warum sollte jemand, der sich heute weigert, eine breite Auswahl von Shared Mobility-Konzepten in großen Städten zu nutzen, in Zukunft ein CASE (connected, autonomous, shared, electric) Mobilitätsangebot nutzen?

Bitte beachten Sie die folgenden Fakten:

  • Die mit Abstand wirksamste Maßnahme zum Schutz von Klima, Umwelt und Gesundheit Ihrer Mitmenschen im Bereich der Mobilität ist der Verzicht auf ein eigenes Auto.
  • Unabhängig von der Antriebstechnologie schützen Sie Klima & Umwelt nicht durch den Kauf eines 1,5 bis 2,5 Tonnen schweren Personenwagens, der viel Platz & Ressourcen verbraucht und > 90% der Zeit in Ihrer Garage steht.
  • Elektroautos zementieren das 134 Jahre alte Paradigma des individuellen Personenwagens, das wir im Interesse von Klima, Umwelt und Lebensqualität überwinden müssen.
  • Niemand braucht „connected, autonomous Cars“, um Mobility Sharing zu betreiben. Shared Mobility-Optionen gibt es seit Jahrzehnten vor allem in Großstädten und Ballungsräumen in Form von Taxis, Mietwagen, Car/Ride Sharing oder dem ÖPNV.
  • Connected, autonomous Cars dringen in die Privatsphäre ihrer Nutzer ein – insbesondere wenn sie als „Smartphones auf Rädern“ mit einem zentralen Betriebssystem eingerichtet sind, das alle Funktionen des Fahrzeugs steuert.

Die gesamte Diskussion „Verbrenner vs. Elektroauto“ ist deshalb so falsch, dass man schreien könnte. Wir brauchen nicht mehr Personenwagen – weder mit Verbrennungsmotoren noch mit Elektroantrieb. Was wir brauchen, sind intelligente Mobilitätslösungen, die den Pkw aus dem Zentrum der individuellen Mobilität herauslösen.

Wenn wir das gesamte Geld der Steuerzahler, das derzeit für die Subventionierung des Kaufs überteuerter, schwerer Elektro-Personenkraftwagen durch wohlhabende Käufer ausgegeben wird, stattdessen dafür verwenden würden, Car/Ride Sharing, öffentliche Verkehrsmittel oder die Nutzung von Fahrrädern und Rollern attraktiver zu machen, würde dies viel, viel mehr Wert für Klima, Umwelt und Lebensqualität erzeugen.

Anmerkung zum Thema „connected Cars“: Es gibt im Deutschen die schöne Metapher „mit Kanonen auf Spatzen schießen“, die einen Aufwand beschreibt, der in keinem sinnvollen Verhältnis zum Nutzen steht. Stellen Sie sich vor, Sie müssten das Problem lösen, dass zu viele ressourcenfressende Autos in Großstädten Staus, Lärm und Abgase verursachen, die die Lebensqualität der Bürger beeinträchtigen, sie krank machen und das Klima schädigen.

Variante 1:

  • Sie fördern die Entwicklung vernetzter, autonomer Elektroautos
  • Sie investieren zig Milliarden, um ein flächendeckendes Ladenetz aufzubauen
  • Sie investieren weitere zig Milliarden, um ein flächendeckendes 5G-Mobilfunknetz aufzubauen
  • Sie investieren Billionen, um die Stromproduktion auf erneuerbare Energien umzustellen
  • Sie bauen ein System von Subventionen auf, um den nicht wettbewerbsfähigen Preis der Elektroautos auf ein Niveau zu drücken, welches sich zumindest wohlhabende Käufer leisten können
  • Sie warten 20 – 30 Jahre bis der Fahrzeugbestand von 47,7 Millionen Pkw elektrifiziert wurde

Variante 2:

  • Sie fördern die Shared Mobility-Nutzung unabhängig von der Antriebsart
  • Sie kündigen an, ab 2030 die Innenstädte von Großstädten für individuelle Pkw zu sperren
  • Sie investieren in den Ausbau von ÖPNV und Radwegen

Welche Variante würden Sie wählen?

Persönliches Zwischenfazit: Für Städte sind Elektroautos keine sinnvolle Alternative, da sie das Problem der Staus und Verkehrsinfarkte nicht lösen. Für das Land sind Elektroautos ebenfalls keine sinnvolle Alternative, da dort Fahrzeuge mit hohen Reichweiten benötigt werden. Um diese Anforderung zu erfüllen, müsste man Elektroautos mit großen Akkus anbieten – was aufgrund des Ressourcenverbrauchs und der CO2-Emissionen beim Bau der Batterie keinen Sinn macht. Um „connected, autonomous und shared“-Konzepte zu realisieren, muss man keinen teuren Systemwechsel vom Verbrenner zum Elektroantrieb vollziehen, da diese Konzepte unabhängig von der Antriebstechnologie auch mit Verbrennern funktionieren. Schließlich würde es mehrere Jahrzehnte dauern, um den globalen Fahrzeugbestand mit 1,1 Milliarden Pkw von Verbrenner auf Elektroantrieb umzustellen. Ein Pkw wird in Deutschland von der Erstzulassung bis zum Verschrottung 18 Jahre lang genutzt.

Abschließend möchte ich daher kurz skizzieren, wie grundlegend andere Mobilitätskonzepte aussehen könnten, bei denen der Pkw nicht mehr im Mittelpunkt steht. Sie müssen diesen Vorschlag nicht mögen, ich möchte damit lediglich verdeutlichen, dass es Alternativen gibt, wenn man bereit ist, eingefahrene Denkpfade zu verlassen und die Möglichkeiten moderner Technologien zu nutzen.

„Mobility Use Cases“, also typische Szenarien, die von Bürgern in der Praxis bewältigt werden müssen, sind ein geeignetes Mittel, um Diskussionen zur Mobilität der Zukunft zu strukturieren und in die richtigen Bahnen zu lenken. Für jeden der nachfolgend genannten Use Cases müssen überzeugende Lösungen gefunden und angeboten werden – und zwar „überzeugend“ vor allem aus Sicht der Nutzer. Nicht jeder kann oder will Fahrräder nutzen und Fahrräder sind auch nicht für alle Anwendungsfälle (z. B. Transport schwerer Lasten, Langstrecken) oder für alle Wetterlagen das beste Mittel der Wahl.

Zu beachten ist auch, dass rund 50% der Bürger in Deutschland „Habenichtse“ sind, die von der Hand in den Mund leben müssen, und durch Mehrbelastungen (einschließlich einer CO2-Steuer) in finanzielle Bedrängnis geraten können. Mobilität darf jedoch nicht zum Privileg von Reichen verkommen, da der Mobilitätsgrad soziale Auswirkungen auf die Menschen hat die Einschränkung der Mobilität im ungünstigsten Fall zu Vereinsamung von Menschen führen kann.

Die folgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit; es geht mir nur darum, das Prinzip zu verdeutlichen, wie man Diskussionen zur Mobilität zielführend organisieren kann.

Mobility Use Cases

Grundsätzlich gibt es genug Platz in Deutschland, aber wir müssen dafür sorgen, dass die Einwohner sich besser über Städte und ländliche Gebiete verteilen können. Wäre es nicht schon ein großer Schritt nach vorn, wenn wir die Landflucht und Urbanisierung stoppen oder umkehren könnten?

Die Münchner Bevölkerung hat sich z. B. von 525.000 im Jahr 1950 auf über 1,5 Millionen in 2018 verdreifacht (siehe: https://t1p.de/hddu), während sich die Münchner Verkehrsinfrastruktur (Straßen, ÖPNV) in den letzten 70 Jahren sicherlich nicht verdreifacht hat – trotz des Baus eines Stadtrings mit Tunneln und eines äußeren Autobahnrings um München herum. Gleiches gilt für den Wohnungsmarkt, wo Nettomieten von über 18 €/qm bei Neuvermietungen heute normal sind (siehe: https://t1p.de/wma4).

Ein innovatives Mobilitätskonzept für Städte wie München könnte unter anderem folgende Elemente umfassen:

  • Massive Ausweitung des ÖPNV (im Hinblick auf Abdeckung, Taktung, Preisgestaltung, Komfort) einschließlich Bereitstellung und Betrieb alternativer Beförderungsmittel, wie z. B. Laufbänder (Moving Walkways), die seit Jahrzehnten erfolgreich an Flughäfen genutzt werden.
  • Verbot von Personen- und Lastkraftwagen innerhalb des Stadtgebiets; stattdessen Nutzung von Fahrrädern, eScootern, Lastdrohnen oder modernen Zeppelinen.
  • Rückbau von Straßen und Schienenwegen und Nutzung der freiwerdenden Flächen zur Verbesserung der Lebensqualität der Bürger durch Grünflächen, Bachläufe oder Parks (siehe Illustration).
  • Schnelle Zubringerverbindungen, mit denen Pendler innerhalb von 30 Minuten (Haustür-Haustür) eine Entfernung von bis zu 200 km von ihrem ländlichen Wohnsitz zu ihrem städtischen Arbeitsplatz zurücklegen können.

Green City

Zur Realisierung der schnellen Zubringerverbindungen vom Umland in die Städte könnten unterirdische Transrapid-Strecken oder mittelfristig auch „Flugtaxis“ verwendet werden (siehe: https://t1p.de/k6ov). Unternehmen wie Lilium, Volocopter oder Airbus machen große Fortschritte bei der Realisierung solcher Konzepte.

Flugtaxis

Warenlieferungen für Lebensmittelläden und andere Güter könnten mit modernen Versionen von Zeppelinen in die Städte transportiert werden; die Konzepte dafür sind vorhanden (Beispiele siehe: https://t1p.de/c73o und https://youtu.be/HNAzkAuXsJg).

Lasten-Zepplin

Ein auf den ersten Blick verrücktes individuelles Mobilitätskonzept, welches jedoch auf den zweiten Blick handfeste Vorteil hat, sind Autoscooter in Kombination mit Solarstraßen als Ergänzung zu ÖPNV und Fahrrad. Sind Sie als Kind auf der Kirmes oder auf dem Rummel gerne Autoscooter gefahren? Wer ist das nicht? Warum nutzen wir diese positive Erfahrung dann nicht einfach in größerem Maßstab als Alternative zum Pkw in Städten?

Autoscooter wiegen ca. 200 kg und bestehen aus einer einfachen Konstruktion mit Stahlrahmen und Kunststoffkarosserie. Sie sind rund 2 Meter lang und ca. 1,2 Meter breit, zwischen 6 und 10 km/h schnell und kosten ca. 500 € (https://t1p.de/l1gu ).

Vorschlag:

  1. Straßen werden mit befahrbaren Solarzellen ausgestattet: https://www.solmove.com/
  2. Autoscooter werden als Shared Mobility-Option kostenlos zu Verfügung gestellt

Vorteile:

  • Autoscooter sind einfach konstruiert und kosten weniger als ein Fünfzigstel eines Pkw
  • Sie verbrauchen weniger als ein Viertel des Platzes eines Pkw
  • Sie wiegen ca. ein Achtel eines konventionellen Pkw und ein Zehntel eines Elektroautos
  • Sie benötigen keinen technologischen Overkill (connected, autonomous, …)
  • Sie können während der Fahrt geladen werden
  • Sie sind einfach zu bedienen und einfach zu warten
  • Sie haben als bekanntes Konzept eine hohe Akzeptanz
  • Sie ersetzen den individuellen Pkw durch ein Ressourcen-schonendes Konzept

Autoscooter

Zu lösen ist das Problem des Betriebs bei schlechtem Wetter, bei dem die Solarstraßen vereisen oder verschmutzen. Dies zu lösen, ist zweifellos eine Herausforderung.

Die folgende Grafik stammt von der Homepage von Solmove (https://www.solmove.com/vorteile/) und nennt weitere Vorteile von Solarstraßen.

Drei ganz wesentliche Vorteile sind:

  • Konventionelle Wind und Solarkraftwerke beanspruchen große natürliche Flächen. Solarstraßen lassen sich hingegen auf bereits vorhandene Flächen legen und sparen dadurch Platz.
  • Eine herkömmliche Straße kostet Geld, eine Solarstraße verdient Geld. Im Lebenszyklus von rund 25 Jahren macht das ein Plus von bis zu 200 € pro Quadratmeter.
  • Perspektivisch können Solarstraßen E-Fahrzeuge induktiv während der Fahrt laden. Damit lässt sich die Reichweite verlängern und die Autos kommen mit weniger Batterien aus. Das spart Platz, Gewicht und Kosten.

Vorteile von Solarstraßen

Ein weiterer ungewöhnlicher, aber interessanter Vorschlag: Um große Mengen an Passagieren im innerstädtischen Verkehr schnell und einfach zu bewegen, scheinen Laufbänder (Moving Walkways), wie man sie von Flughäfen kennt, ein stark unterschätztes Mobilitätskonzept zu sein, angesichts der überzeugenden Vorteile:

  • Laufbänder laufen ständig und man muss nicht auf sie warten (im Gegensatz zu Bussen oder Straßenbahnen, die nur alle 5 bis 20 Minuten fahren).
  • Deutlich bessere Ausnutzung des Platzes: Da das gesamte Laufband Passagiere aufnehmen kann, können viel mehr Menschen und Gepäck transportiert werden, als mit Bussen oder Trambahnen.
  • Geringerer Ressourcenverbrauch, da im Vergleich zu Straßen und Schienenwegen und den darauf fahrenden Autos, Bussen und Trambahnen deutlich weniger Material benötigt wird.
  • Umweltfreundlicher Betrieb mittels elektrischer Energie, bei dem keine lokalen CO2-Emissionen anfallen (im Gegensatz zu Autos und Bussen mit Verbrennungsmotoren).
  • Laufbänder benötigen keine Fahrer (im Gegensatz zu Bussen oder Straßenbahnen).
  • Laufbänder können von älteren, gebrechlichen Menschen oder Menschen mit eingeschränkter Mobilität genutzt werden.
  • Das Risiko von Unfällen mit Schwerverletzten und Toten, welches in Innenstädten höher ist, als auf Autobahnen, dürfte sich mit Hilfe von Laufbändern fast auf Null reduzieren lassen. Im Jahr 2018 kamen in deutschen Innenstädten 343 Fußgänger, 255 Fahrradfahrer und 159 Motorradfahrer ums Leben (siehe: https://t1p.de/hlzp).
  • Es handelt sich bei Laufbändern um eine bewährte und zuverlässige Technologie, die seit Jahrzehnten auf Flughäfen und in Einkaufszentren auf der ganzen Welt eingesetzt wird.
  • Laufbänder können bei Bedarf sogar mit Sitzen ausgestattet werden, um es den Passagieren bequemer zu machen, und da sie schmaler sind als Straßen, bleibt genug Platz für parallele Fahrradwege.
  • Laufbänder sind vergleichsweise günstig, vor allem wenn eine Kommune dadurch auf den Bau, den Betriebe sowie die Instandhaltung von Straßen und Bussen bzw. Schienen und Straßenbahnen verzichten kann.

Ein solches System könnte und sollte den Nutzern kostenlos zur Verfügung gestellt werden, was aufgrund der deutlich niedrigeren Kosten möglich sein müsste. Komplizierte Fahrpläne, ÖPNV-Tarife mit zig verschiedenen Zonen, Kauf von Tickets und andere nervende Unannehmlichkeiten könnten ersatzlos entfallen. Der Nutzer betritt das Laufband, fährt bis zu seinem Ziel und verlässt das Laufband – ohne Ticketkauf, Fahrkartenkontrolleure oder Parkplatzsuche.

Die größte Herausforderung scheint darin zu bestehen, die Laufbänder in Gebieten mit viel Regen, Schnee oder Staub wetterfest zu machen, wenn sie im Freien betrieben werden. Darüber hinaus sind Laufbänder für längere Strecken möglicherweise zu langsam. Um dieses Problem zu lösen, könnte man parallel mehrere Laufbänder mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten (5 km/h, 10 km/h und 15 km/h) betreiben. Und für lange Strecken (> 5 Kilometer) bleiben U-Bahnen oder S-Bahnen ohnehin das bevorzugte Verkehrsmittel.

Zitat aus einer 16-seitigen Studie, die im European Journal of Transport and Infrastructure Research (EJTIR) unter der Überschrift „An exploration of moving walkways as a transport system in urban centers“ im Jahr 2017 veröffentlicht wurde (siehe: https://t1p.de/hdn4): „Aufgrund der hohen Kapazität des Systems und des geringen Platzbedarfs eignen sich Mobile Walkways für dichte Innenstädte mit hohem Passagierbedarf. Die kurze Reisezeit zwischen zwei vorgegebenen Punkten ermöglicht es Pendlern sich innerhalb der Stadt schell und bequem zu bewegen. Die Lösung ermöglicht es uns aber auch, uns eine Stadt ohne Autos vorzustellen, die von der Fußgängermobilität dominiert wird.“

Das folgende Video zeigt die „Mechanischen Rampen“ des Architekten Roberto Ercilla in Vitoria-Gasteiz, einer Stadt mit rund 236.000 Einwohnern im Nordosten Spaniens, wo 2007 ein System von Laufbändern installiert wurde: https://vimeo.com/9211951.

Laut einen WIRED-Artikel vom 09.10.2015 gibt es einen Vorschlag des Londoner Architekturbüros NBBJ, die Lebensqualität in London zu verbessern, indem man die 17 Kilometer lange „Circle Line“ U-Bahn durch so genannte „Travelators“ ersetzt – siehe „A Real Plan to Replace London’s Tube With Moving Walkways“: https://www.wired.com/2015/09/real-plan-replace-londons-tube-moving-walkways/.

Moving Walkway in London

Städtische Seilbahnen werden von manchen als Verkehrsmittel der Zukunft gesehen (siehe SPIEGEL-Artikel vom 01.05.2018: https://t1p.de/tiza) und in Bezug auf den Fahrstromverbrauch scheinen sie im Vergleich zu Straßenbahnen oder U-Bahnen durchaus Vorteile zu haben, aber ich bin ehrlich gesagt skeptisch, ob es Sinn macht, nicht nur das Land optisch mit Windkraftanlagen zu verschandeln, sondern auch noch die Städte mit Seilbahnen. Die beschriebenen „moving Walkways“ scheinen mir da ein deutlich sinnvolleres Konzept zu sein, unter anderem da ihr Bau weniger Ressourcen verbraucht (es müssen weder Tunnel noch Oberleitungen gebaut werden), weil ihre Transportkapazität höher ist, als die von Straßenbahnen, Bussen und U-Bahnen, weil die Fahrgäste nicht auf sie warten müssen und weil sie optisch weniger auffällig sind.

Wichtig: Es gibt Alternativen zur Nutzung von Personenkraftwagen in Großstädten und ob man diese Alternativen nutzt, ist letztlich eine Frage der politischen Prioritäten.

Leseempfehlungen

Weiterführende Lektüre mit interessanten Daten&Fakten finden Sie hier:

  1. „The future of mobility goes far beyond electric power train versus combustion engine“ vom 09.06.2019: https://kubraconsult.blog/2019/06/09/the-future-of-mobility-goes-far-beyond-electric-power-train-versus-combustion-engine/
  2. „Generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen – Daten und Fakten“ vom 18.10.2019: https://kubraconsult.blog/2019/10/18/generelles-tempolimit-auf-deutschen-autobahnen-daten-und-fakten/
  3. „Facts and Figures on climate change and global warming“ vom 12.05.2019: https://kubraconsult.blog/2019/05/12/secrets-and-lies-of-the-climate-change/
  4. „Germany’s performance as export nation – facts and key success factors“ vom 05.07.2019: https://kubraconsult.blog/2019/07/04/germanys-performance-as-export-nation-facts-and-key-success-factors/
  5. „Einsparungspotenzial für CO2-Emissionen aus dem Straßenverkehr in Deutschland“ vom 03.11.2019: https://t1p.de/4w6n
  6. „Preise und Reichweiten gängiger Elektroauto-Modelle in 2019 in Deutschland“ vom 05.11.2019: https://t1p.de/rxf4
  7. „Bestand an Elektroautos und Plug-in Hybriden in Deutschland und deren Zulassungszahlen“ vom 04.11.2019: https://t1p.de/9roe
  8. „Praktische Auswirkungen der neuen Kaufprämie für Elektroautos auf die Kaufentscheidung der Konsumenten“ vom 05.11.2019: https://t1p.de/dnqc
  9. Leseempfehlungen in englischer Sprache mit Hintergrundinformationen zu Laufbändern („Moving Walkways“): https://t1p.de/5cdf
  10. „Fliegen statt Fahren: Warum Elektroautos nicht die beste Lösung sind“ vom 18.11.2017: https://kubraconsult.blog/2017/11/18/fliegen-statt-fahren-elektroautos-sind-nicht-die-beste-loesung/

Ich freue mich auf Ihre konstruktiven Rückmeldungen zu diesem Blog, insbesondere, wenn sie Hinweise zur Ergänzung der Pro- und Contra-Liste enthalten. Aus den genannten Gründen möchte ich in eine inhaltliche Diskussion der Argumente an dieser Stelle nicht einsteigen.