Hamburgs Innensenator Grote Gewerkschaft der Polizei kritisiert Justiz in »Pimmelgate«-Affäre
»Ich habe das Gefühl, hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen«, sagte Horst Niens, Hamburgs Chef der Gewerkschaft der Polizei. Die Entscheidung des Gerichts sei »erstaunlich«. Der renommierte Hamburger Strafverteidiger Gerhard Strate rügte: »Das ist jenseits jeder Verhältnismäßigkeit.« Es sei »schlimm«, dass ein Ermittlungsrichter »einen solchen Durchsuchungsbeschluss erlässt«.
Der Hamburger Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Jan Reinecke, sah sich zu einem Appell veranlasst: »Wir wünschen uns, dass die Justiz künftig Beleidigungen gegen Polizistinnen und Polizisten ähnlich konsequent verfolgt wie im Fall Grote.«
Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft wollte wegen des laufenden Verfahrens keine Details mitteilen. Sie nannte die Durchsuchung am Mittwoch verhältnismäßig und notwendig. Der Beschuldigte habe sich nicht kooperativ verhalten. »Allein die Feststellung, dass ein Beschuldigter Nutzer des Accounts ist, von dem ein strafbarer Inhalt verbreitet wurde, reicht für den Tatnachweis in der Regel nicht aus.«
»Ich rate immer allen dazu, Anzeige zu erstatten«
Dem NDR sagte Grote, er sehe sich im Recht. »Als Politiker oder politisch Aktiver wird man ständig mit Beleidigungen und Häme im Netz konfrontiert. Ich rate immer allen dazu, Anzeige zu erstatten, damit das auch verfolgt werden kann.«
Am 30. Mai hatte Grote auf Twitter feiernde Massen im Hamburger Schanzenviertel kritisiert. Wie verschiedene Medien, unter anderen die »Welt«, berichten, löste dieser Tweet zahlreiche Reaktionen aus. Zum Beispiel die eines Nutzers mit dem Pseudonym »ZooStPauli«, der unter Grotes Tweet seine eigene Twitteräußerung setzte: »Du bist so 1 Pimmel.«
In der #Schanze feiert die Ignoranz! Manch einer kann es wohl nicht abwarten, dass wir alle wieder in den Lockdown müssen… Was für eine dämliche Aktion! Danke @PolizeiHamburg, die wieder einmal den Kopf hinhalten, damit die Pandemie nicht aus dem Ruder läuft. https://t.co/gmDz34P0oi
— Andy Grote (@AndyGrote) May 30, 2021
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Strafantrag nachgereicht
Den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge wurden die Ermittlungen zunächst »von Amts wegen« aufgenommen. Da es sich bei Beleidigung aber um ein Delikt handelt, das nur auf Antrag des Geschädigten verfolgt wird, sei ein Strafantrag vonnöten gewesen. »Im Laufe des Verfahrens hat der Geschädigte den erforderlichen Strafantrag gestellt«, so die Sprecherin.
Heute morgen um 6.00 gab es eine Hausdurchsuchung. 6 Beamt*innen in der Wohnung. Gesucht wurde das Gerät, mit dem "du bist so 1 Pimmel" unter einen Tweet von Andy Grote geschrieben wurde. Sie wissen, dass zwei kleine Kinder in diesem Haushalt leben. Guten Morgen, Deutschland. pic.twitter.com/G9boAWl63s
— Walter Fresh (@pauli_zoo) September 8, 2021
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Zur Frage, wie üblich ein Durchsuchungsbeschluss in vergleichbaren Fällen sei, konnte die Sprecherin keine Angaben machen. Zahlen dazu lägen ihrer Behörde nicht vor.
Die Nachrichtenagentur dpa hatte berichtet, in diesem Jahr seien in Hamburg nach Beleidigungen im Internet bereits in einer mittleren zweistelligen Zahl von Verfahren Durchsuchungsbeschlüsse erlassen worden.
Die Justizsprecherin sagte, die Angaben gingen auf die Polizei zurück. Dabei handele es sich um Schätzungen der damit befassten Polizeibeamten. Grote unterstrich im NDR, in solchen Fällen gebe es häufiger Hausdurchsuchungen.
Grote war selbst in die Kritik geraten, als er im vorigen Jahr eine Party mit 30 Personen veranstaltet hatte und damit gegen Corona-Auflagen verstieß. Er musste dafür ein Bußgeld zahlen.