Berlin (energate) - Die plötzlichen Einschränkungen durch die Coronakrise könnten im Energiesektor einen langfristigen Effekt haben. Der energate-Beirat, ein Gremium aus knapp 30 Energieexpertinnen und -experten, geht davon aus, dass die Branche nach der Krise digitaler sein wird als vorher. 90 Prozent der Beiräte gaben in einer Umfrage an, dass sie mit einem langfristigen Digitalisierungsschub rechnen. Viele Energieunternehmen haben in den zurückliegenden Wochen ihre bisherigen Arbeitsstrukturen nahezu vollständig auf den Kopf gestellt. Große Teile der Mitarbeiterschaft sind im Homeoffice. Teambesprechungen laufen genauso wie Aufsichtsratssitzungen digital ab. "Auch die Skeptiker haben plötzlich gelernt, wie sinnvoll die Digitalisierung ist", sagte auch Alireza Assadi, Geschäftsführer der Stadtwerke Oranienburg, jüngst im Interview mit energate.
Wirtschaftliche Folgen: Insolvenzen nicht ausgeschlossen
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Auf der anderen Seite muss sich die Energiebranche in Folge der Coronakrise aber auch auf sinkende Erlöse einstellen. Zwar gaben die energate-Beiräte in der Umfrage an, dass sie mehrheitlich (58 %) nicht davon ausgehen, dass der momentane Rückgang des Energieverbrauchs von Dauer sein wird. Dennoch erwarten zwei von drei Beiräten, dass die Erlöse von Energievertrieben und Netzbetreibern in der Folge der Coronakrise spürbar zurückgehen werden. Mehr als 40 Prozent der Befragten glauben, dass es bei einzelnen Energieunternehmen zu Liquiditätsengpässen bis hin zu Insolvenzen kommen könnte. Rund ein Drittel rechnet damit, dass die Unternehmen kurzfristig auf das Mittel der Kurzarbeit zurückgreifen werden, um der aktuellen Krise zu begegnen. Erst vor kurzem hat die Bundesregierung dieses Instrument auch für kommunale Arbeitgeber geöffnet (energate berichtete).
Unsicher zeigten sich die befragten Energieexperten unterdessen bei der erwarteten Entwicklung der Großhandelspreise. Jeder Zweite gab an, deren weitere Entwicklung aktuell nicht einschätzen zu können. Rund ein Drittel sagte, dass die Preise vermutlich nicht auf dem aktuell niedrigen Niveau bleiben werden. Nur jeder sechste rechnet damit, dass das momentane Preisniveau längerfristig erhalten bleibt. Klarer ist das Bild bei den erwarteten Investitionen in den Umbau der Energieversorgung. Jeder Zweite sagte, dass er mit sinkenden Energiewende-Investitionen rechne. Allerdings gehen einzelne Beiräte auch vom Gegenteil aus, also davon, dass die Krise den Wandel der Energiemärkte durch verstärkte Investitionen in dezentrale Energien, Speicher und Eigenverbrauchslösungen sogar beschleunigen wird.
Großes Vertrauen in die Versorgungssicherheit
Weiterhin zeigten die befragten Experten in großer Mehrheit einig, dass die Energieversorgung auch in der Coronakrise gesichert ist. Mehr als zwei Drittel der Befragten gehen davon ohne Wenn und Aber aus. Ein Viertel rechnet mit einer weiterhin gesicherten Energieversorgung, sofern die Betreiber der Energieinfrastrukturen zusätzliche Schutzmaßnahmen ergreifen. Nur ein Beiratsmitglied gab an, dass eine weitere Ausweitung der Coronakrise die Energieversorgung gefährden könnte. /cs
