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SPD-Kandidat Dr. Tobias Cremer im Gespräch

„Europa lass ich mir nicht wegnehmen“

Eine internationale wissenschaftliche Laufbahn, danach der Wechsel als Diplomat ins Auswärtige Amt – wenn es um das Thema Europa geht, hat Dr. Tobias Cremer eine Menge aus eigener Erfahrung zu erzählen. Das tat der Kandidat der NRW-SPD dann auch am Montagabend auf dem Roten Sofa. Rund 70 Besucherinnen und Besucher verfolgten das Gespräch mit Maik Luhmann in der Schwankhalle im zib.

Ginge es nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung, wäre Tobias Cremer heute Pfarrer so wie viele seiner Vorfahren. Der Bochumer entschied sich stattdessen für ein Studium der Politikwissenschaften und Internationalen Beziehungen in Frankreich, England und den USA, forschte und lehrte in Oxford. Erst der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bewegte ihn, in den diplomatischen Dienst zu wechseln. Er wollte selbst etwas ganz Konkretes für den Frieden in der Welt und für ein Leben in Demokratie und Freiheit tun. „Ich hatte Studierende aus der Ukraine in meinen Seminaren in Oxford und Cambridge, die sind freiwillig zurückgegangen, um für ihre Heimat und für unsere Werte zu kämpfen“, schildert der ehemalige Dozent tief beeindruckt. Und er ergänzt: „Die europäische Idee ermöglichte mir und Millionen anderen eine Kindheit in Frieden und Freiheit, die uns auf unserem Kontinent als Selbstverständlichkeit erschienen. Jetzt ist es unsere Generation, die sich dafür einsetzen muss, dass wir weiterhin eine gute und sichere Zukunft haben.“

Als ein persönliches Vorbild bei dem Bestreben, Hass und Gewalt keine Chance zu geben, nennt Tobias Cremer seinen Urgroßvater. Der Theologe schrieb 1934 an der „Barmer Erklärung“ mit – ein Schlüsseldokument des kirchlichen Widerstands gegen den Nationalsozialismus. „Er wurde verfolgt. Wenn er predigte, saß die geheime Staatspolizei in den ersten Reihen und schrieb jedes Wort mit. Aber er ließ sich nicht beirren“, erzählt der Sozialdemokrat, der im Januar von seiner Partei als Kandidat für die Europawahl nominiert wurde.

Um ausreichend Zeit für den Wahlkampf zu haben, hat sich Tobias Cremer für die kommenden Wochen beruflich freistellen lassen. Der Kalender ist prall gefüllt. Die Tage sind stressig. Dann hilft der Sport als Ausgleich, versichert der 31-Jährige, der leidenschaftlich gern Fußball spielt, joggt und rudert. Er stellt sich der Herausforderung gerne, denn diese Wahl, so betont er, ist eine Entscheidungswahl. Rechte Parteien machen Stimmung gegen Europa. Sie könnten stark werden. Gleichzeitig stehen Europa viele Herausforderungen bevor, die es zu lösen gilt: Sicherheit, Klimawandel, Migration, Wirtschaftskrise, Kriegsfolgen. „Diese Probleme können wir nur gemeinsam lösen. Wir machen uns etwas vor, wenn wir glauben, wir schaffen das im Alleingang“, so Tobias Cremer und verweist auf die finanziellen und sozialen Folgen des Brexit in Großbritannien. „Ich habe dort gelebt, ich habe das selbst miterlebt.“ Und er zeigt sich kämpferisch „Europa lass ich mir nicht wegnehmen, Nicht von Putin. Und nicht von den Rechtsextremen.“