Katrin de Vries/Anke Feuchtenberger: "Die Hure H"

Tiefe Beschäftigung mit Fragen der Gesellschaft

07:32 Minuten
Die Zeichnerin Anke Feuchtenberger steht in ihrem Atelier vor einer Wand mit vielen Zeichnungen
Anke Feuchtenberger hat den Geschichten zu Katrin de Vries über "Die Hure H" mit ihren Bildern eigene Bedeutungen hinzugefügt © Anke Feuchtenberger / Nik Pitton
Jule Hoffmann im Gespärch mit Max Oppel · 04.07.2022
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Anke Feuchtenberger zählt zu den Vorreiterinnen im deutschen Comic. Die Gesamtausgabe sei ein Anlass, die von ihr bebilderten vielschichtigen Geschichten der Schriftstellerin Katrin de Vries kennenzulernen, empfiehlt Kritikerin Jule Hoffmann.
Die Geschichten der „Die Hure H“ sind sukzessive zwischen 1997 und 2004 erschienen. Jetzt ist bei Reprodukt eine Gesamtausgabe erschienen, die sie alle vereint. Der Text stammt von Katrin de Vries - und Anke Feuchtenberger hat die Geschichten bebildert und deren Bedeutung erweitert.

Nachdenken über Geschlechterrollen

In den neun Geschichten gehe es nicht um Prostitution, sondern um eigenes Begehren, die eigene Freiheit und das Nachdenken über Geschlechterrollen, erläutert die Journalistin Jule Hoffman.
Das habe ihr gegenüber auch Anke Feuchtenberger bestätigt. Die Figur der „Hure H“ sei „ein verkürzter Ausdruck für Körper, Sexualität und auch Machtverhältnisse“.

Freiraum für die Bebilderung

Durch die adjektivarmen, sparsamen Texte von de Vries habe Feuchtenberger viel Freiraum gehabt bei ihrer Bebilderung, um eigene Bedeutungen und Interpretationen in die Geschichten einfließen zu lassen.
Die Hure H tritt immer wieder in verschiedenem Gewand auf, scheint immer wieder eine andere Frau zu sein - keine einfache Handlung, eher mit Traum-Logik.
Anke Feuchtenberger hat den Geschichten von Katrin de Vries über „Die Hure H“ mit ihren Bildern eigene Bedeutungen hinzugefügt.
Anke Feuchtenberger hat den Geschichten von Katrin de Vries über „Die Hure H“ mit ihren Bildern eigene Bedeutungen hinzugefügt.© Anke Feuchtenberger
Auch die Veränderung der Hauptperson werde bildlich unterstützt: Anfangs noch durchgehend comichaft im Stil, also figürlicher mit klareren Linien, habe Feuchtenberger zunehmend mit Kohle und Verwischtechniken gezeichnet. Dies passe auch zu der stärkeren Düsternis der späteren Geschichten, erklärt Hoffmann.

Comic mit lyrischer Note

Das Buch gehöre klar zur Gattung Comic, habe aber etwas von Lyrik. Die Verbindung von Text zu Bild sei anspruchsvoll und nicht leicht zugänglich, wie es Comics oft zugeschrieben werde. Anke Feuchtenberger sei eine beeindruckende Künstlerin mit feministischen Inhalten ist – für Hoffmann eine absolute Empfehlung.
Die Geschichten von Katrin de Vries und Anke Feuchtenberger überzeugten: „Ihre Geschichten kommen aus einer tiefen Beschäftigung mit Fragen der Gesellschaft und wie man leben soll – und das überzeugt umso mehr.“
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