Große Familienrechtsreform

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Gleichberechtigung und Kindeswohl können aus heutiger Perspektive als die leitenden Grundprinzipien verstanden werden, die für die Änderung des Familienrechts in Österreich während der 1960er und 1970er Jahre ausschlaggebend waren. Das Reformwerk dieser Zeit wird als „Große Familienrechtsreform“ bezeichnet.

Reformwerk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Familienrechtsreform manifestiert sich nicht in einer zu einem Zeitpunkt festsetzbaren Gesamtneukodifizierung, sondern kann als Prozess verstanden werden. Teilreformen wurden als die vorteilhafteste Methode zur Vervollständigung des Familienrechts angesehen. Das Reformwerk ist die Umsetzung der Individualrechtsforderungen hinsichtlich der Stellung der Frau als auch der Kindererziehung.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gründe für die Entstehung der Familienrechtsreform lassen sich bis zur Jahrhundertwende zurückverfolgen. Obwohl in der Politik kaum vertreten, war der Einfluss von Frauen auf das Reformwerk beachtlich (siehe auch Frauenbewegung). Marianne Hainisch hatte durch ihr Engagement Einfluss auf die 1. Teilnovelle zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) im Jahr 1914. Adelheid Popp stellte erstmals am 21. Juli 1925 einen Antrag zur Reform des Familienrechts. Ein halbes Jahrhundert später sollte ihren Forderungen entsprochen werden. 1949 wurde eine erste Sachverständigenkommission unter Justizminister Tschadek zur Neuordnung des Familienrechts einberufen. Wesentliche Veränderungen wurden im Zuge der Familienrechtsreform während der 1970er unter seinem Nachfolger Christian Broda umgesetzt.

Gesetze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1960er[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • BG vom 17. Februar 1960 über die Neuordnung des Rechtes der Annahme an Kindesstatt (BGBl 1960/58)
    • Es kommt zur Erleichterung der starken Adoption, bei dem ein minderjähriges Kind adoptiert wird.
  • BG vom 8. März 1967 mit dem vormundschaftsrechtliche Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches geändert werden (BGBl 1967/122)
    • Die Ehegatten sollen bei der Vormundschaft gleichgestellt werden.

1970er[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • BG vom 30. Oktober 1970 über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes (BGBl 1970/342)
    • Die Stellung des unehelichen Kindes wird aufgewertet.
  • BG vom 14. Februar 1973 mit dem Bestimmungen über die Geschäftsfähigkeit und Ehemündigkeit geändert werden (BGBl 1973/108)
  • BG vom 1. Juli 1975 über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe (BGBl 1975/412)
    • Differenzierungen bezüglich Rechte und Pflichten, je nach Geschlecht des Ehepartners werden (größtenteils) aufgehoben.
    • Die einvernehmliche Lebensgestaltung tritt in den Vordergrund.
    • Es kommt zu einer Erweiterung der Beistandspflicht.
  • BG vom 30. Juni 1977 über die Neuordnung des Kindschaftsrechts (BGBl 1977/403)
    • Vater und Mutter sollen gleichberechtigt werden und die Anhörungspflicht des Kindes wird durchgesetzt.
  • BG vom 15. Juni 1978 mit Änderungen des Ehegattenerbrechts, des Ehegüterrechts und des Ehescheidungsrechts (BGBl 1978/280)
    • Hierin wird va. die Stellung der Frau im erbrechtlichen Rahmen verbessert.
  • BG vom 30. Juni 1978 über eine Änderung des Ehegesetzes (BGBl 1978/303)

1980er, 1990er[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weitere Veränderungen sollen das Regelwerk der Großen Familienrechtsreform abrunden:

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Herbert Ent: Familienrechtsreform – konkret. 3. Auflage. Bundesministerium für Justiz, Wien 1975.
  • Ursula Floßmann: Österreichische Privatrechtsgeschichte. 5. Auflage. Springer, Wien 2005, ISBN 3-211-83717-5.